Fox-News-Moderator Tucker Carlson
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Umstrittener Moderator

Fox News trennt sich von Tucker Carlson

Der konservative US-Nachrichtensender Fox News trennt sich von seinem beliebten und zugleich umstrittenen Moderator Tucker Carlson. Das gab das Unternehmen am Montag bekannt. Die Entscheidung dafür fiel knapp eine Woche, nachdem ein Rechtsstreit über die Wahlberichterstattung des Senders im Jahr 2020 beigelegt worden war. Der Medienkonzern muss 787,5 Mio. Dollar (knapp 720 Mio. Euro) zahlen.

Warum Carlson und Fox News getrennte Wege gehen, ist unklar. Das Unternehmen bedankte sich jedenfalls beim rechten Talkmaster: „Wir danken ihm für seine Dienste als Moderator und davor als Mitarbeiter.“ Fox hatte sich vor wenigen Tagen mit dem Wahlmaschinenhersteller Dominion außergerichtlich auf die Schadenersatzzahlung geeinigt. Dominion hatte in dem Rechtsstreit ursprünglich rund 1,6 Mrd. US-Dollar gefordert, weil Fox News Berichte über die vermeintliche Manipulation der Wahlcomputer verbreitet hatte.

Einer, der diese Gerüchte mehrmals im Fernsehen kolportierte, war eben der umstrittene Moderator Tucker Carlson. Der Wahlmaschinenhersteller hatte Fox News vorgeworfen, dass Aussagen, die in Carlsons Sendung nach der Wahl 2020 gemacht wurden, verleumderisch waren, und dass private Nachrichten zwischen Carlson und seinem Team ein Beweis dafür seien, dass sie über die Unwahrheit ihrer Aussagen wussten.

Umstrittene Berichterstattung

Carlson wurde zur populärsten Persönlichkeit von Fox, nachdem er 2016 Bill O’Reilly als Moderator in der Hauptsendezeit abgelöst hatte. Carlson ist dafür bekannt, Verschwörungstheorien sowie offensichtliche Falschmeldungen zu verbreiten und gegen Minderheiten zu hetzen. Der Talkmaster sorgte mit seiner Sendung „Tucker Carlson Tonight“ und kontroverser Berichterstattung immer wieder für Schlagzeilen und Empörung. Erst Anfang März suggerierte er mit einem Videozusammenschnitt, dass der Sturm auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 großteils friedlich verlaufen war.

Der rechte Talkmaster zeigte einige ausgewählte Bilder und kommentierte diese ganz im Sinne des früheren US-Präsidenten Donald Trump, der fälschlich behauptete, damals seien lediglich friedliche Demonstrierende unterwegs gewesen. Carlson griff auch mehrmals Trumps oft von Fox News als Fakt zitierte Lüge auf, laut der dessen Wahlniederlage gegen den derzeitigen Präsidenten Joe Biden nur auf Manipulationen der Wahlmaschinen zurückzuführen sei.

Moderator Tucker Carlson mit Ex-US-Präsident Donald Trump
AP/Seth Wenig
Tucker Carlson berichtete ausführlich über den früheren Präsidenten Donald Trump

In den vergangenen Monaten wurden mehrere Gerichtsdokumente aus dem Prozess gegen Fox publik, die vermuten ließen, dass Fox News bewusst Lügen verbreitete. So bezeichnete Fox-News-Besitzer Rupert Murdoch die Vorwürfe Trumps intern als unsinnig, verrückt und schädlich. Murdoch sagte zudem, dass die Fox-News-Moderatoren Sean Hannity und Laura Ingraham in ihrer Berichterstattung über den Wahlbetrugsvorwurf vielleicht „zu weit gegangen“ seien. Den Moderatoren wurde offenbar empfohlen zu sagen, die Wahl sei vorbei. Damit könne man „dem Trump-Mythos, dass die Wahl gestohlen wurde, ein Ende setzen“, so Murdoch in einer internen E-Mail.

Carlson nannte die für Trump arbeitende Anwältin Sidney Powell gegenüber seiner Kollegin Ingraham eine Lügnerin. „Sidney Powell lügt übrigens“, schrieb Carlson. „Ich habe sie erwischt. Es ist wahnsinnig.“ In seinen Textnachrichten vom November 2020 nannte Carlson die Behauptungen über eine Verschwörung zum Wahlbetrug „schockierend rücksichtslos“ und „absurd“. Trotzdem verbreitete er die Vorwürfe in seiner Sendung, ohne diese einzuordnen.

Moderator Tucker Carlson in der Sendung „Tucker Carlson Tonight“
AP/Richard Drew
Tucker Carlson moderierte „Tucker Carlson Tonight“

„Ich hasse ihn leidenschaftlich“

Obwohl Carlson Trump in seiner Rolle als prominenter Fox-Moderator Rosen streute, habe er in privaten Textnachrichten den ehemaligen US-Präsidenten gleichzeitig verunglimpft. Wie die BBC mit Verweis auf Gerichtsakten berichtet, habe Carlson in einer unmittelbar nach der US-Wahl 2020 verfassten Textnachricht etwa von „leidenschaftlichem“ Hass auf Trump geschrieben. Seine Abneigung gegen den scheidenden US-Präsidenten habe er auch am 4. Jänner 2021, zwei Tage vor dem Kapitol-Sturm, zum Ausdruck gebracht, so die BBC.

„Wir sind sehr, sehr nahe daran, Trump an den meisten Abenden ignorieren zu können“, zitierte die BBC aus einer Carlson zugeschriebenen Textnachricht, in der es den Angaben zufolge noch heißt: „Ich kann es wirklich nicht erwarten.“ Dazu kommt eine Bilanz von Trumps Präsidentschaft, die man wohl kaum mit Carlson in Verbindung gebracht hätte.

Laut BBC teilte Carlson privat mit: „Wir tun alle so, als ob wir viel vorzuweisen hätten, weil es zu schwer zu verdauen ist zuzugeben, was für ein Desaster es war. Aber was soll’s? Es gibt nicht wirklich eine positive Seite an Trump.“

Kremltreuer Propagandist bot Carlson Job an

Carlsons werktägliche Abendsendung schalteten im Schnitt gut drei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ein. Er kam zwar bereits 2009 zu Fox News, wurde aber erst mit seiner Abendsendung, die seit 2017 läuft, zum Star. Es seien nun vor allem Carlsons Kommentare über das Fox-Management gewesen, die eine Rolle bei seinem Weggang von Fox gespielt hätten, berichtete die „Washington Post“ unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle.

Offen blieb, wie es für Carlson nach der Trennung weitergeht. In seiner letzten Sendung am Freitag hatte er seinen Abschied nicht angekündigt und sich vom Publikum nicht verabschiedet. Der rechte Sender Newsmax reagierte auf die Entscheidung seines Konkurrenzsenders und warb um neues Publikum. „Fox News hat sich seit einiger Zeit auf den Weg gemacht, ein Medium des Establishments zu werden, und die Absetzung von Tucker Carlson ist ein großer Meilenstein in diesem Bestreben“, erklärte der 2014 gegründete Sender.

Für Aufsehen sorgte der Fall Carlson auch in Moskau. Der kremltreue Propagandist Wladimir Solowjow bot Carlson sogar einen Job im russischen Staatsfernsehen an. „Sie sind jederzeit in Russland und Moskau willkommen“, hieß es in einem Schreiben, das Solowjow auf Telegram veröffentlichte. „Wir bieten Ihnen gerne einen Job an, falls Sie als Moderator oder Host weitermachen wollen“, erklärte das Team des 59 Jahre alten Russen, der unter anderem für seine Hetze gegen Ukrainerinnen und Ukrainer und den Westen bekannt ist.