GB: Über eine Million Notfalllebensmittelpakete für Kinder

Erstmals haben Lebensmitteltafeln in Großbritannien innerhalb eines Jahres mehr als eine Million Notfalllebensmittelpakete an Kinder ausgeteilt. „Das ist ein furchtbares erstes Mal“, sagte die Chefin der Wohltätigkeitsorganisation Trussell Trust, Emma Revie, heute der BBC.

Insgesamt händigte der Trust, zu dem 1.300 Tafeln in Großbritannien gehören, zwischen April 2022 und März 2023 knapp drei Millionen Notfallpakete aus, das waren 37 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Davon gingen 1,1 Millionen an Minderjährige, im Vorjahr waren es gut 835.000.

„Nicht zweckdienliches Sozialversicherungssystem“

„Der Bedarf ist sogar noch höher als im ersten Jahr der Pandemie, von dem wir alle dachten, dass es sich um ein einmaliges Rekordhoch handeln würde“, sagte Revie. Mehr als 750.000 Menschen, die Hilfe erhielten, hatten zuvor nie eine Tafel besucht, zitierte die BBC aus dem Jahresbericht der Organisation weiter.

Jeder Fünfte, der sich an eine Tafel wandte, stammte aus einem Haushalt, in dem mindestens eine Person einen Arbeitsplatz hatte.

Grund für die Not vieler Menschen sind vor allem die steigenden Lebensmittel- und Energiekosten. Die Inflation lag zuletzt bei 10,1 Prozent, bei Lebensmitteln aber deutlich höher. Doch weder die hohen Kosten noch die Pandemie könnten die steigende Nachfrage erklären, sagte Revie.

„Das andauernd niedrige Einkommensniveau und ein nicht zweckdienliches Sozialversicherungssystem zwingen mehr Menschen dazu, auf Tafeln zurückzugreifen“, sagte sie.

Ökonom: Schlechtere Finanzlage akzeptieren

Die Briten und Britinnen müssen nach Ansicht des Chefvolkswirts der Bank of England ihre schlechtere Finanzlage akzeptieren. Nur so könne die hohe Inflation gesenkt werden, zitierten mehrere Medien Aussagen des Ökonomen Huw Pill in einem Podcast der US-Hochschule Columbia.

„Wenn die Kosten für das, was man kauft, im Vergleich zu dem, was man verkauft, gestiegen sind, wird man schlechter dran sein“, sagte Pill. „Irgendwie muss also jemand in Großbritannien akzeptieren, dass es ihm schlechter geht, und aufhören zu versuchen, seine tatsächliche Kaufkraft aufrechtzuerhalten, indem Preise erhöht werden – sei es durch höhere Löhne oder die Weitergabe der Energiekosten an die Kunden.“

In zahlreichen Branchen streikten zuletzt die Beschäftigten für inflationsgerechte Lohnerhöhungen. Bereits vor einem Jahr hatte Zentralbankchef Andrew Bailey gewarnt, Forderungen von Arbeitnehmern nach mehr Geld würden die Inflation lediglich weiter anheizen. Die Reallohnkürzungen seien zwar schmerzhaft, aber notwendig.