Blick auf den Wörthersee
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Luxus Badesee

Griss um den Platz am Wasser

Einfach rein ins kühle Nass? Bei vielen Seen des Landes geht das nicht mehr so einfach – oder nur noch mit Eintrittskarte. Das Zubauen der Ufer schreitet zügig voran, Baden wird exklusiver, Schutzgebiete für Flora und Fauna ebenso. Negativbeispiele gibt es viele, doch auch ein paar Lichtblicke.

In Österreich gibt es rund 25.000 Seen. Dazu zählen große Seen genauso wie Lacken, Tümpel, Stauseen und künstlich entstandene Baggerseen. Hinzu kommen 2.194 Fließgewässer. Und so divers wie die heimische Gewässerlandschaft, so unterschiedlich auch ihre Besitzverhältnisse.

73 Prozent der heimischen Seen gehören den Österreichischen Bundesforsten (ÖBF), also der Republik Österreich – viele davon liegen im Salzkammergut, etwa der Attersee, aber auch in Kärnten, beispielsweise der Wörthersee. 16 Prozent der Seen sind im Besitz der jeweils angrenzenden Länder und Gemeinden. So gehört etwa der Achensee in Tirol der Stadt Innsbruck und der Bodensee mehreren umliegenden Gemeindegebieten.

Nur wenige Seen in Privatbesitz

Die wenigsten Seen in Österreich, rund elf Prozent, sind in Privatbesitz bzw. zum Teil in Privatbesitz, am bekanntesten wohl der Neusiedler See im Burgenland. Er gehört der Familie Esterhazy und den umliegenden Gemeinden. Der Mondsee in Oberösterreich gehört gar einer einzelnen Person, Nicolette Waechter.

Der Besitz eines Sees, egal ob Republik, Gemeinde oder Privatperson, umfasst allerdings meist nur die Seenwanne und einen schmalen Bereich zwischen Ufer und Wasser. Die Nutzung der Wasseroberfläche, etwa für Schifffahrt und Motorboote, unterliegt gesonderten rechtlichen Bestimmungen, wie dem Schifffahrtsgesetz, dem Wasserrechtsgesetz und dem Naturschutzgesetz.

„Freier Seezugang“ – eine Frage der Interpretation

Es liegt also an den Besitzerinnen und Besitzern, wie ein Seeufer genutzt werden soll – etwa zur Erhaltung der Natur, zum öffentlichen Baden, zur gewerblichen Nutzung oder einfach privat. Die Grenzen verschwimmen. So gibt es freien Seezugang, aber nicht immer ist dieser auch gratis. Das Beispiel Attersee zeigt, dass 25 Prozent des Ufers prinzipiell frei zugänglich sind – teils gratis, teils in Form kostenpflichtiger Strandbäder.

Das Forstbad in Weyregg am Attersee im Sommer 2015
ORF.at/Roland Winkler
Die Seele am See baumeln zu lassen ist in Österreich häufig mit Kosten und Mühen verbunden

Der große Rest der Seezugänge am Attersee ist seit Jahrzehnten in Privatbesitz. Diese Flächen waren bis in die 1950er Jahre, als die Landwirtschaft im Vordergrund stand, oft nicht viel wert, da es sich um saure Wiesen, also kaum fruchtbaren Boden, handelte. Heute ist das freilich anders: Seegrundstücke sind Luxus. Wer eines besitzt, hat entweder sehr viel Geld oder Glück gehabt – oder beides. An den meisten Seen ist es sogar lukrativ, ein Grundstück in der zweiten oder dritten Reihe zu besitzen.

Schwammige Gesetze?

„Darauf hatten und haben die ÖBF keinerlei Einfluss, da dies seitens der Gemeinden bzw. von der örtlichen und regionalen Raumplanung entschieden (und genehmigt) wird“, heißt es von den Bundesforsten zu ORF.at zum Verkauf der umliegenden Seegrundstücke, etwa am Attersee.

Begriffsklärung

Grundsätzlich bezeichnet der Fachbegriff Seenverbauung eine Form der Gewässerregulierung. Im allgemeinen Sprachgebrauch dient das Wort allerdings häufiger als Bezeichnung für ein nicht öffentlich zugängliches Ufer.

„Uferverbauungen werden in den letzten Jahren seitens der Behörden sehr restriktiv gehandhabt und de facto nicht mehr genehmigt, auch seitens der ÖBF.“ Die ÖBF selbst hätten keine neuen Uferverbauungen durchgeführt, das regle auch das Bundesforstegesetz. „Wo immer es möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, kaufen die Bundesforste Seeufergrundstücke für Mensch und Natur an“, so die Bundesforste.

Immer wieder Bürgerinitiativen

Doch diesen Eindruck teilen nicht alle. Österreichweit gibt es Dutzende Bürgerinitiativen und Vereine, die sich dem Schutz der heimischen Seen verschrieben haben. Sie fordern einerseits den Schutz der Natur, andererseits die Entkommerzialisierung von Seegrundstücken.

Eine von ihnen, die Bürgerinitiative „Rettet das Weyregger Bundesforstebad“, warf den ÖBF in einer Petition 2020 vor, sich einer Gesetzeslücke zu bedienen, da nur die Veräußerung von Seeflächen rechtlich geschützt sei, nicht aber die Vermietung und Verpachtung. Eine aktuelle Petition gibt es auch etwa zur Verbauung des Nordostufers des Wolfgangsees im Salzkammergut. Dieser kleinere Teil des Sees ist im Eigentum des Großgrundbesitzers Erhard Scheidt.

Blick auf den Wörthersee
ORF.at/Zita Klimek
Auch am Wörthersee in Kärnten gibt es nur noch wenige nicht kommerzielle Plätze für die Regeneration von Mensch und Natur

Über alledem steht das Raumordnungsgesetz (ROG) bzw. die Bauordnung des jeweiligen Bundeslandes. Im ROG von Salzburg steht etwa: „Der freie Zugang zu Wäldern, Seen, öffentlichen Fließgewässern und sonstigen landschaftlichen Schönheiten ist zu sichern bzw. anzustreben.“ Das Kärntner ROG schreibt: „Der freie Zugang zu Seen, öffentlichen Gewässern und sonstigen Naturschönheiten ist nach Möglichkeit zu sichern.“ Diese Gesetzesgrundlagen lassen gewissermaßen Raum für Interpretation.

Neuprojekt am Klopeiner See abgesagt

So überlegte etwa die Gemeinde St. Kanzian in Kärnten, aus dem Klopeiner See eine Luxusdestination zu machen. Ein Hotelkomplex sollte gebaut werden, eine „Piazza“, eine Promenade und eine Therme am See. Laut ORF.at-Informationen wird das Projekt vonseiten des Unternehmens Lilihill Group allerdings nicht weiterverfolgt.

80 Prozent der Kärntner Seeufer sind bereits in Privatbesitz. Projekte, die Verbauung noch weiter voranzutreiben, ärgern in Kärnten viele Anrainerinnen und Anrainer, Vereine und Initiativen. Die Naturfreunde Kärnten etwa fordern seit Jahren einen generellen Widmungsstopp rund um Seen, insbesondere rund um den Wörthersee.

„Die Verbauung von Seen und Flüssen kann erhebliche negative Auswirkungen auf die Ökologie und die Biodiversität haben“, so Philipp Liesnig, Vorsitzender der Naturfreunde Kärnten und SPÖ-Vizebürgermeister von Klagenfurt zu ORF.at. Die Verbauung von Seen nehme negativen Einfluss auf Tier- und Pflanzenwelt sowie auf die Wasserqualität, aber auch auf die Lebensqualität der Menschen.

„Verschandelung des Wörthersees“

Die „Verschandelung des Wörthersees“ sei ein trauriges Beispiel, so Liesnig weiter. „Unser Ziel ist es, die noch verfügbaren Seegrundstücke für die Öffentlichkeit zu sichern, und nach Möglichkeit private Grundstücke zurück ins öffentliche Gut zu übertragen“, bekräftigt er. Die Naturfreunde setzen sich weiters für einen langfristigen Aktionsplan gegen die Seenverbauung und eine Ausweitung öffentlicher Seezugänge ein. Außerdem fordern sie, Genehmigungen ausschließlich für Projekte im öffentlichen Interesse zu erteilen sowie den Rückkauf von privaten Seegrundstücken. Letzterer ließe sich durch Einnahmen der Motorbootabgabe finanzieren, so Liesnig.

Für einige beliebte Seen der Republik, wie den Wörthersee und den Attersee, gibt es laut Landwirtschaftsministerium, das auch für Gewässer zuständig ist, derzeit Überlegungen, zumindest teilweise einer „nachhaltigen Bewirtschaftung“ nachzugehen. Die ÖBF wollen etwa am Attersee eine Renaturierung der Ufer umsetzen und am Wörthersee durch den Ankauf eines Naturufergrundstücks mehr Rückzugsbereiche für Fauna und Flora schaffen.

Dem Ministerium zufolge liegen derzeit keine detaillierten Daten zum Verbauungsgrad der heimischen Seenlandschaft vor. Jedoch sei eine Bewertungsmethode in Entwicklung, so das Ministerium auf ORF.at-Nachfrage. Mit dieser soll „der Grad jener Uferverbauungen und Einbauten in den See, die einen Einfluss auf den ökologischen Zustand der Seen haben“, künftig bewertet werden.