BBC-Vorsitzende Richard Sharp
APA/AFP
Rücktritt nach Bericht

Johnson-Kredit kostet BBC-Chef Job

In Großbritannien hat der Vorsitzende der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt BBC, Richard Sharp, im Zusammenhang mit einem an den britischen Ex-Premier Boris Johnson vergebenen Privatkredit am Freitag seinen Rücktritt erklärt. Ein kurz zuvor veröffentlichter Untersuchungsbericht kam zu dem Schluss, dass Sharp mögliche Interessenkonflikte nicht offengelegt hatte.

Die Zeitung „Sunday Times“ hatte im Jänner berichtet, Sharp habe seinem langjährigen Freund Johnson Ende 2020 zu einem Darlehen von bis zu 800.000 Pfund (rund 900.000 Euro) verholfen. Kurz danach wurde Sharp offiziell von Johnson für den BBC-Posten vorgeschlagen.

Ein am Freitag vorgelegtes Gutachten stellte offiziell einen Regelverstoß bei der Postenvergabe fest. Sharp habe einem Parlamentsausschuss, der seine Nominierung Anfang 2021 überprüft hatte, die möglichen „Interessenkonflikte“ nicht mitgeteilt, erklärte der Anwalt Adam Heppinstall in dem von der Regierung in Auftrag gegebenen Gutachten.

Johnson-Kredit kostet BBC-Chef Job

Der Vorsitzende der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt BBC, Richard Sharp, ist wegen eines an den britischen Ex-Premier Boris Johnson vergebenen Privatkredits zurückgetreten.

Es könne der Eindruck entstehen, dass Sharp den BBC-Posten bekam, „weil er den ehemaligen Premierminister in einer privaten Finanzangelegenheit unterstützt hat“, stellte Heppinstall fest.

„Unbeabsichtigt“

Im Februar hatte der Ausschuss Sharp bereits eine „erhebliche Fehleinschätzung“ bescheinigt, weil er seine Beteiligung an der Kreditvergabe an Johnson nicht offengelegt hatte. Sharp betonte nun erneut, der Verstoß sei „unbeabsichtigt und nicht wesentlich“ gewesen. Sharp besteht somit weiter darauf, dass er den BBC-Posten nicht als Gegenleistung bekommen hat. Auch Johnson hat die Vorwürfe bisher strikt zurückgewiesen.

Wie Sharp in seiner von der BBC veröffentlichten Stellungnahme weiter mitteilte, habe er sich nach der Veröffentlichung des Heppinstall-Berichts entschieden, die „Interessen der BBC“ über seine eigenen zu stellen: Ansonsten bestehe die Gefahr, dass der Fall vom Wohl des öffentlich-rechtlichen Senders ablenke.

Goldman-Sachs-Banker und Ministeriumsberater

Sharp war früher Vorgesetzter des amtierenden Premierministers Rishi Sunak bei der Investmentbank Goldman Sachs und später dessen Berater im Finanzministerium. Vor seiner Berufung zum BBC-Vorsitzenden hatte der 67-Jährige der Konservativen Partei von Sunak und Johnson große Summen gespendet.

Der Chairman der British Broadcasting Corporation (BBC) wird vom Monarchen auf Vorschlag des Premierministers und der Kulturministerin ernannt. Der öffentlich-rechtliche Sender ist nicht am Auswahlprozess beteiligt.

Regierung lobt Sharps Engagement

Sharp will im Amt bleiben, bis über die Nachfolge entschieden ist. Die für Kultur, Medien und Sport zuständige Staatssekretärin Lucy Frazer kündigte laut BBC-Angaben bereits an, dass die Regierung nun „ein Verfahren einleiten wird, um einen neuen ständigen Vorsitzenden zu finden und zu ernennen“.

Sie verstehe und respektiere Sharps Entscheidung, wie Frazer am Freitag weiter mitteilte. Frazer lobte zudem Sharps Engagement in der BBC, die sie große national und weltweit respektierte Institution bezeichnete: „Ihre Entscheidung, im Interesse der Gesellschaft zurückzutreten, ist ein weiterer Beweis für dieses Engagement“, zitierte die BBC aus einem von Frazer an Sharp gerichteten Schreiben.

BBC-Starmoderator Gary Lineker nahm die Causa Sharp indes zum Anlass für grundlegende Kritik an der Vorgangsweise bei der Besetzung des BBC-Chefsessels. Der BBC-Vorsitzende solle nicht von der Regierung ausgewählt werden, so Lineker, der im März wegen eines regierungskritischen Tweets für reichlich Aufsehen gesorgt hat.