Nehammer für Vielfalt und gegen Zentralismus in EU

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich gegen Zentralismus und für Vielfalt in der EU ausgesprochen. „Wir werden niemals in einem schablonenhaften System wie die Vereinigten Staaten zusammenpassen“, sagte Nehammer heute bei einem Festakt anlässlich des Europatags im Parlament in Wien.

Der Kanzler sprach sich auch gegen mehr EU-Mehrheitsentscheidungen aus. EU-Kommissar Johannes Hahn forderte dagegen einen „stärkeren Zug zum Tor“ für europäische Lösungen.

Die europäischen Gründerväter seien sich bewusst gewesen, „dass Europa Vielfalt bedeutet“, sagte Nehammer, der sich selbst als „glühenden Europäer“ bezeichnete. Gleichzeitig sei er auch ein „leidenschaftlicher Kämpfer“ für Subsidiarität, so der Kanzler. Das müsse auch im Vordergrund stehen, „damit gebe ich Europa eine Chance“ zu wachsen. Das Ringen um Konsens sei in der EU schwierig, so Nehammer. Das sei aber „der Mehrwert von Demokratie und Vielfalt“.

Hahn kritisiert zögerliche Herangehensweise der Länder

Hahn kritisierte in seiner Rede eine zu zögerliche Herangehensweise der EU-Staats- und -Regierungschefs in vielen Bereichen wie Migration, Klima und Sicherheitspolitik. „Die nationalen Vertreter im europäischen Fußballteam sind sehr darauf konzentriert, defensiv zu spielen“, sagte der EU-Budgetkommissar in Richtung seines Parteifreunds Nehammer. Die EU-Mitgliedsstaaten müssten zudem einen Grundkonsens über Europas Rolle in der Welt finden, verlangte Hahn.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) erinnerte an die multiplen Krisen der heutigen Zeit und neue Herausforderungen für die Demokratie wie Künstliche Intelligenz und Verschwörungstheorien. Bundesratspräsident Günter Kovacs (SPÖ) sagte, nur ein starkes Europa sei Garant für Frieden.

EU-Kommissionsvertreter Martin Selmayr erinnerte an den Anlass für den jährlich am 9. Mai begangenen Europatag – den vor 73 Jahren vom damaligen französischen Außenminister Robert Schuman vorgelegten historischen Plan, mit dem die einstigen Kriegsgegner Deutschland und Frankreich Kohle und Stahl unter eine gemeinsame Verwaltung stellten. Damit sei „Erzfeindschaft ersetzt worden durch Partnerschaft“ in Europa.