Euroscheine
ORF.at/Zita Klimek
Inflationsbekämpfung

Opposition fordert rasche Schritte

Die Opposition drängt die Regierung weiter zu raschen Schritten gegen die wieder steigende Inflation. SPÖ, FPÖ und NEOS richteten am Freitag Forderungen und Kritik an die türkis-grüne Regierung. Ein Fokus dabei liegt auf einer möglichen Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel.

Das „Ausmaß dieser Teuerungskrise“ sei zu einem „großen Teil hausgemacht“, sagte SPÖ-Vorsitzende Pamela-Rendi-Wagner am Freitag bei einer Pressekonferenz. Rendi-Wagner pochte auf die sofortige Einberufung eins Teuerungsgipfels mit Sozialpartnern und Fachleuten und wiederholte die drei zentralen Forderungen der Sozialdemokratie: die Streichung der Mehrwertsteuer (MwSt) auf Grundnahrungsmittel, einen Mietpreisdeckel und die Rücknahme der Erhöhung der Richtwertmieten sowie die Einrichtung einer Antiteuerungskommission.

Sozialminister Johannes Rauch, Vizekanzler Werner Kogler (beide Grüne) und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) luden Vertreterinnen und Vertreter der Handelsunternehmen, der Sozialpartner und Fachleute am Montag zu einer Gesprächsrunde. Diese dürfe nicht so enden wie die Verhandlungen über die letztlich gescheiterte Mietpreisbremse, sagte FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs dem Ö1-Mittagsjournal. Der Regierung warf er Untätigkeit vor.

Debatte über MwSt-Senkung bei Grundnahrungsmitteln

Die vorgeschlagene Preisdatenbank komme zu spät, es brauche eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel nach dem Vorbild Spaniens und Portugals. Die FPÖ würde die MwSt auf lebensnotwendige Grundnahrungsmittel „auf null Prozent senken, natürlich mit der entsprechenden Beobachtung, ob das an die Konsumenten weitergegeben wird“, sagte Fuchs.

Über die MwSt-Senkung auf Grundnahrungsmittel könne man diskutieren, wie man das schon bei den Energierpeisen getan habe, sagte NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak gegenüber Ö1. In erster Linie müsste die Regierung aber bei den Steuern ansetzen. Ein einfacher Punkt zur Entlastung wäre es, den Menschen „weniger Lohn- und Einkommenssteuer“ wegzunehmen.

Die ÖVP sah die Regierung bei der Bekämpfung der Inflation auf Schiene. Vielmehr habe die SPÖ Handlungsbedarf, denn dort, wo sie regiere, setze sie ihre eigenen Forderungen nicht um. Statt „Worthülsen“ arbeite die Regierung unter Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) tagtäglich daran, „die multiplen Krisen zu meistern und den Menschen in Österreich eine Zukunftsperspektive zu geben“, so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.

Maurer verweist auf Preisgipfel

Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer verwies auf den Lebensmittelgipfel am Montag. Vizekanzler Kogler habe bereits vor einem Jahr vorgeschlagen, über eine Senkung der Umsatzsteuer auf Grundnahrungsmittel nachzudenken, so Maurer. Neuen Schwung in die Diskussion hatte zuletzt der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr, gebracht. Der Ökonom hatte am Dienstag in der ZIB2 dafür plädiert, „ergebnisoffen“ über Maßnahmen zur Senkung der Inflation nachzudenken – auch über Eingriffe, die das WIFO vor Kurzem noch abgelehnt hatte, wie Mehrwertsteuersenkungen.

Hintergrund ist die Entwicklung der Inflationsrate. Laut Schnellschätzung der Statistik Austria wird sie im April 9,8 Prozent betragen, im März waren es noch 9,2 Prozent. Auch der Abstand zur Euro-Zone wird größer; dort liegt der Wert laut Schätzung im April bei 7,0 Prozent.

Die MwSt-Senkungen seien unter den Vorschlägen, die am Montag diskutiert würden, sagte Maurer. Selbiges gilt laut Maurer auch für die von ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher vorgeschlagene Transparenzdatenbank. „Alles, was hilft, die Preise an der Kassa für die Familien zu senken, ist gut“, sagte die grüne Klubobfrau.

Der Ökonom Josef Baumgartner vom Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) meinte in der ZIB1, dass Preistransparenz im Lebensmittelhandel zu einem Rückgang der Preise führen würde. Das wäre laut Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), für den Handel aber „ein irrer bürokratischer Aufwand“.

BWB nimmt Lebensmittelhandel unter die Lupe

Um sicherzustellen, dass eine Senkung der MwSt bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommt, müssten die Rechte der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ausgeweitet werden, sagte Maurer. Die BWB schöpfe alle derzeit verfügbaren Instrumente aus, betonte Leiterin Natalie Harsdorf-Borsch im Ö1-Mittagsjournal. „Wenn der politische Wunsch da ist, weitere Maßnahmen zu setzen, dann müsste man natürlich über diesen Instrumentenkoffer nachdenken und allenfalls entsprechend nachschärfen“, sagte die Juristin.

Die BWB beschäftigt sich Angaben von Harsdorf-Borsch zufolge bereits seit Herbst mit dem Lebensmittelbereich. Bisher seien 1.500 Lieferanten befragt worden. Bei den großen Handelskonzernen drehe man gerade die „vierte Runde“ bei der Einholung von Informationen und Daten. Zudem seien Daten zu 34 Produktgruppen zugekauft worden.

Vorschlag für Preistransparenzdatenbank

Von der Regierung ist zuletzt der Vorschlag gekommen, die Preise in Supermärkten besser vergleichbar zu machen. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) will so etwas wie den Spritpreisrechner, allerdings für Lebensmittel.

Am Ende der Untersuchung werde man „treffsicher“ sagen können, wohin die Preissteigerungen bei den Lebensmitteln geflossen seien. „Die Voraussetzung, dass wir überhaupt eine Marktuntersuchung machen, ist, dass es schon Hinweise gibt, dass es Probleme gibt im Wettbewerb“, betonte Harsdorf-Borsch.

Marktkonzentration

In den vergangenen 30 Jahren kam es in Österreich zu einer starken Konzentration bei Supermarktketten. Ursache dafür waren die Insolvenzen von Konsum (1995) und Zielpunkt (2015) sowie der Verkauf der Meinl- und Pam-Pam-Supermärkte (1999).

Die drei größten Lebensmitteleinzelhändler, Spar, REWE und Hofer, nahmen laut dem Marktforschungsinstitut RegioData zusammen zuletzt etwa 84 Prozent des gesamten Marktes ein. Inkludiert man die Nummern vier und fünf, Lidl und M-Preis, kommt der Lebensmittelhandel auf einen Konzentrationsgrad von 95 Prozent. Es bleibe „wenig Spielraum für die restlichen Marktteilnehmer“, hieß es.