Rishi Sunak vor Kameras
Reuters/Phil Noble
Sunak unter Druck

Debakel für Torys bei Kommunalwahl

Die Konservative Partei von Premierminister Rishi Sunak hat bei den Kommunalwahlen in England eine historische Niederlage eingefahren. Die Torys verloren mehr als 1.000 Sitze in Gemeinderäten. Die Oppositionspartei Labour wurde auf Lokalebene – erstmals seit 2002 – die stärkste Kraft im Land und wittert bereits Morgenluft.

Beim ersten Stimmungstest seit der Amtsübernahme von Sunak im Oktober vergangenen Jahres verloren die Konservativen netto mehr als 900 Sitze, Zugewinne verzeichneten die bei Kommunalwahlen traditionell starken Liberaldemokraten, sie errangen netto rund 420 Sitze mehr.

In mehreren Gemeinden konnte hingegen Labour teils zum ersten Mal seit Jahrzehnten die Mehrheit zurückerlangen. Mit einem Nettozugewinn von rund 620 Mandaten wurde Labour der große Gewinner des Abends. Die Sozialdemokraten eroberten nicht nur mehrere alte Bastionen zurück, die als Brexit-Hochburgen gelten und zuletzt zu den Torys gewechselt waren. Auch manche Kommunen, die seit Jahrzehnten die Torys unterstützten, wurden umgedreht.

Sunak zeigte sich im Fernsehsender Sky am Freitag entsprechend „enttäuscht“. „Es ist immer enttäuschend, hart arbeitende, konservative Gemeinderäte zu verlieren“, sagte Sunak. Er sehe jedoch kein „massives Wachstum einer Bewegung hin zu Labour“, sagte der Premier.

Labour im Aufwind

Manche zogen Vergleiche zu den Kommunalwahlen von 1996, die dem überwältigenden Sieg von Labour unter Ex-Premier Tony Blair bei der Parlamentswahl ein Jahr später vorausgingen. Die Abstimmung galt als erster Stimmungstest für Sunak – und auch diesmal folgt in gut einem Jahr eine Parlamentswahl.

Mit der herben Schlappe gerät deshalb auch der Premier unter Druck, der in seinen knapp 200 Tagen im Amt die Partei eigentlich wieder stabilisiert hatte. Nach den Skandalen seiner Vorgänger Boris Johnson und Liz Truss schaffte es Sunak, dass wieder über Themen und nicht nur über Personen und ihre Fehltritte gesprochen wurde. Das Wahlergebnis trübt nun die Stimmung wieder deutlich.

Keir Starmer (Labour) mit Unterstützern
AP/PA/Gareth Fuller
Freude bei Labour-Chef Starmer

Johnson lauert

Parteiinterne Kritikerinnen und Kritiker werfen Sunak vor, ihm fehle die Wahlkampfstärke seines Vorvorgängers Johnson. Dieser lauert offenbar seit seinem erzwungenen Abschied aus der Downing Street noch immer auf eine Chance, wieder an die Parteispitze zu gelangen. Kommende Woche ist eine Konferenz für die Parteibasis avisiert. Angekündigt haben sich mehrere Johnson-Unterstützer.

Der ehemalige Brexit-Minister David Davis hingegen nimmt die Ex-Premierminister ins Visier. „Es ist offensichtlich, dass wir den Preis zahlen für das Ende der Ära von Boris Johnson und Liz Truss“, sagte Davis.

Blick auf kommende Parlamentswahlen

Konservative Politiker hatten die Zahl von 1.000 verlorenen Sitzen bereits vor der Wahl ins Spiel gebracht – Medienbeobachtern zufolge in der Hoffnung, ein nicht ganz so schlechtes Ergebnis hinterher als Erfolg werten zu können. Doch jetzt bewahrheiteten sich die Befürchtungen der Konservativen. Ob die Ergebnisse auf eine eigene Mehrheit für Labour bei der nächsten Parlamentswahl hindeuteten, müsse sich aber erst noch zeigen, sagte der Wahlexperte John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow dem Radiosender BBC 4.

Labour-Chef Keir Starmer sah seine Partei hingegen auf dem Weg zu einer klaren Mehrheit im Parlament. Die Konservativen versuchen auch bereits, das schlechte Ergebnis als „Weckruf“ zu nutzen. Tory-Generalsekretär Greg Hands schrieb in einem Newsletter: „Wenn wir Keir Starmer stoppen wollen, müssen wir vereint sein.“