Polizist befragt einen Passanten
Reuters/Jeremy Lock
Texas

Suche nach Motiv für tödliches Attentat

Nach dem jüngsten Schusswaffenattentat am Wochenende in Texas sitzt der Schock in den USA tief. Erneut stellt sich die Frage: Wie konnte das passieren? Die Suche nach Motiven läuft daher auf Hochtouren. Im Zentrum der Ermittlungen steht die Ideologie der „Weißen Vorherrschaft“. Am Sonntag sorgte außerdem ein weiteres mutmaßliches Verbrechen in Texas für Unruhe.

Ermittlerinnen und Ermittler untersuchten am Montag, ob der 33-jährige Schütze, der am Samstag in einem Einkaufszentrum der Stadt Allen nahe Dallas acht Menschen erschossen hatte, mit rassistischem Hintergrund handelte. So überprüfen die Behörden derzeit Social-Media-Konten des Täters sowie Onlinegruppen, in denen er verkehrte.

Bisher entdeckten sie laut der Nachrichtenagentur AP Postings, die ein Interesse an Rassismus und Neonazi-Ansichten deutlich machten. Der Täter, der von einem zufällig anwesenden Polizisten erschossen wurde, trug auch einen Aufnäher auf der Brust, auf dem „RWDS“ stand, ein Akronym für den Ausdruck „Right Wing Death Squad“ – auf Deutsch etwa „rechtsgerichtetes Todeskommando“. Die Gruppe ist unter Rechtsextremisten und Vertretern der „Weißen Vorherrschaft“ beliebt.

„Wir haben eigentlich nicht viel“

Neben der Überprüfung von Social-Media-Postings befragten Bundesbeamtinnen und -beamte außerdem Familienmitglieder sowie Kolleginnen und Kollegen des Täters, um mehr über dessen Gesinnung herauszufinden. Überprüft werden außerdem Finanzunterlagen sowie Datenträger. Der Polizeichef von Allen, Brian Harvey, lehnte es am Sonntagabend gegenüber US-Medien ab, Detailfragen zu beantworten, und sagte über die Ermittlungen lediglich: „Wir haben eigentlich nicht viel.“

Trauernde Menschen nach dem Amoklauf in Texas
AP/David J. Phillip
Menschen in Allen trauern um die Toten

Ein Beamter der Strafverfolgungsbehörden berichtete allerdings, die Polizei habe ein Motel in Dallas in der Nähe einer Autobahn durchsucht, in dem der Täter übernachtet habe. Man habe nach der Tat auch mehrere Waffen gefunden, darunter ein Gewehr vom Typ AR-15 und eine Handfeuerwaffe. Zudem soll ein Haus in Dallas durchsucht worden sein, das mit dem Verdächtigen in Verbindung stehe.

Biden: Heuer bereits 200 Massenmorde durch Schusswaffen

Der Täter hatte bei dem Attentat ein Maschinengewehr und Munition bei sich und trug eine schusssichere Weste. US-Präsident Joe Biden forderte am Sonntag den Kongress einmal mehr auf, strengere Beschränkungen für Schusswaffen und Munition zu erlassen. „Ein solcher Angriff ist zu schockierend, wir sollten das nicht schon gewöhnt sein“, so Biden. „Und doch haben die Amerikaner in diesem Jahr bereits rund 200 Massenmorde mit Schusswaffen erlebt.“

Trauer nach Amoklauf in US-Einkaufszentrum

Nach dem Amoklauf in einem Einkaufszentrum am Wochenende herrscht große Trauer und Bestürzung in Allen nahe der Stadt Dallas. Die Identität des Schützen, der von einem Polizisten getötet wurde, ist mittlerweile geklärt. Der 33-Jährige hatte mit einem Maschinengewehr acht Menschen erschossen, unter ihnen auch Kinder. Die Ermittler gehen derzeit Hinweisen nach, die auf mögliche Verbindungen des Schützen zu rechtsextremen Gruppen hinweisen.

Die Behörden gaben die Identität der Getöteten bisher nicht bekannt, jedoch sollen sich unter ihnen auch Kinder befinden. Die sieben Verletzten blieben am Sonntag noch im Krankenhaus, drei in kritischem und vier in gutem Zustand, teilte die Polizei von Allen in einer Erklärung mit. Biden ordnete an, US-Flaggen auf halbmast zu setzen. Die Republikaner im Kongress könnten diesen Missständen nicht länger mit einem Achselzucken begegnen, so der US-Präsident.

Schusswaffenangriffe sind in den USA von beispielloser Häufigkeit. Nur eine Woche zuvor wurden in Cleveland, Texas, fünf Menschen erschossen, nachdem ein Nachbar einen Mann um Ruhe gebeten hatte, da sein Baby schlafe. Laut einer Datenbank, die von AP und „USA Today“ in Zusammenarbeit mit der Northeastern University durchgeführt wurde, gab es in diesem Jahr in den USA im Durchschnitt etwa einen Massenmord pro Woche.

Abbott unterzeichnete Lockerung von Waffenrecht

Doch die Republikaner zeigten sich bisher unbeeindruckt bzw. weigerten sich, die Schusswaffenangriffe mit der massenhaften und wenig eingeschränkten Verfügbarkeit von Pistolen, Gewehren und Munition in Verbindung zu bringen. Der Gouverneur von Texas, der Republikaner Greg Abbott, hatte nach dem letzten Schussattentat in Texas sogar ein Gesetz zur Lockerung des Waffenrechts unterzeichnet.

„Die langfristige Lösung besteht darin, das Problem der psychischen Gesundheit anzugehen“, erklärte Abbott – ein Argument, das die republikanische Partei häufig bringt, wenn es um die Verschärfung des Waffenrechts geht: Man müsse bei der psychischen Gesundheit ansetzen und nicht bei strengeren Waffengesetzen.

Auto fuhr in Texas Menschengruppe

Abseits der Stadt Allen ereignete sich in Texas ein weiteres mutmaßliches Verbrechen, bei dem ebenfalls acht Menschen ums Leben kamen. In Brownsville im Süden des Bundesstaates fuhr ein Geländewagen bei einer Bushaltestelle nahe einer Migrantenunterkunft in eine Menschengruppe. Die Feuerwehr der Stadt teilte mit, dass sieben Personen am Ort des Geschehens gestorben seien. Die achte Person sei später im Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen. Mindestens neun weitere Verletzte seien in örtliche Krankenhäuser gebracht worden.

Polizisten stehen bei einem Tatort mit einer Auto-Amokfahrt
AP/The Brownsville Herald/Miguel Roberts
An der Grenze zu Mexiko fuhr ein Auto in eine Menschengruppe

Einige der Toten sollen aus Venezuela gewesen sein. Die venezolanische Regierung bedauerte den Vorfall und forderte eine vollständige Aufklärung, sagte Venezuelas Außenminister, Yvan Gil, auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der Fahrer wurde festgenommen. Er wurde der achtfachen fahrlässigen Tötung beschuldigt.

Die Polizei und die Feuerwehr von Brownsville sprachen zunächst von einem „schweren Unfall“, jedoch wird vermutet, der Fahrer könnte absichtlich in die Gruppe von Migranten gefahren sein. Die Ermittlungen laufen noch. Der Festgenommene kooperiere nicht mit der Polizei, sage nicht seinen Namen und gebe keine Fingerabdrücke, so der Polizeisprecher. Es wird ausgeschlossen, dass die beiden jüngsten Attentate in Texas in direktem Zusammenhang zueinander stehen.

Auslaufen von Grenzregelung

Brownsville liegt direkt an der Grenze zu Mexiko. US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas hatte die Stadt am Freitag besucht und Migrantinnen und Migranten vor einem illegalen Grenzübertritt gewarnt. Die Lage an der Südgrenze der USA zu Mexiko ist seit Langem angespannt angesichts einer großen Zahl von Schutzsuchenden aus Mittel- und Südamerika, die versuchen, in die Vereinigten Staaten zu gelangen.

Die USA bereiten sich momentan außerdem auf das Auslaufen von „Title 42“ am Donnerstag vor. Diese während der Ära von Ex-US-Präsident Donald Trump verfasste Gesetzesregelung erlaubte es der US-Regierung, bestimmte Personen an der Grenze schnell abzuweisen – ursprünglich mit dem Ziel, die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. Die Behörden befürchten, dass das nun einen Ansturm von Menschen auslösen könnte, die in den USA Fuß fassen wollen. Das könnte die ohnehin schon schwierige humanitäre Krise an der südlichen Grenze verschärfen.