Demonstranten auf Straße in Belgrad
Reuters/Zorana Jevtic
Gegen Waffengewalt

Proteste in Belgrad nach Massenmorden

Serbische Oppositionsparteien haben am Montag in Belgrad und in anderen serbischen Städten Protestmärsche organisiert. Nach zwei tödlichen Schusswaffenangriffen, bei denen vergangene Woche in Belgrad und Mladenovac insgesamt 17 Personen getötet und 21 verletzt wurden, wirft die Opposition der serbischen Regierung Versagen vor. Zehntausende folgten dem Aufruf, auf die Straße zu gehen.

Die Regierungsparteien und die nationalistischen Oppositionsparteien kritisierten den Protest der fünf Oppositionsparteien der Linken und des Zentrums. Ministerpräsidentin Ana Brnabic bezeichnete die Protestmärsche als „skandalös“. Der Opposition warf sie vor, politischen Profit aus der Tragödie zu schlagen.

„Wir können nicht mehr warten, zu lange haben wir gewartet, dass jemand für uns die angehäuften Probleme lösen wird“, sagte die Lehrerin Marina Vidojevic bei der Kundgebung vor dem Parlament in Belgrad. Sie verlas die Forderungen der Opposition.

Unter anderem werden die Rücktritte von Innenminister Bratislav Gasic und des Chefs des Geheimdiensts BIA, Aleksandar Vulin, gefordert. Bildungsminister Branko Ruzic trat bereits am Sonntag zurück und wies in seinem Rücktrittsschreiben auf die „katastrophale Tragödie“ des jüngsten Schulmassakers hin.

„Serbien gegen Gewalt“

Zudem verlangen die Oppositionsparteien den Entzug der Sendelizenz für die TV-Sender Pink und Happy. Die unter Kontrolle der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) und von Präsident Aleksandar Vucic stehenden Sender würden mit ihren Programmen anhaltend Gewalt fördern und gegen Mediengesetze verstoßen, so die Argumentation. Zudem sollen Printmedien, die „Fake News“ veröffentlichen, verboten und Mitglieder der Kontrollbehörde für elektronische Medien (REM) ihres Amtes enthoben werden, fordert die Opposition.

Demonstranten auf Straße in Belgrad
IMAGO/Pixsell/Armin Durgut
Die größte Demo fand in Belgrad statt

„Serbien gegen Gewalt“ stand auf einem schwarzen Spruchband, das in Belgrad von oppositionellen Abgeordneten getragen wurde. In Novi Sad wurde der Oppositionsprotest unter dem Motto „Alles muss stehen bleiben“ abgehalten, Demonstrierende warfen Blumen in die Donau, die durch die Stadt fließt. Protestmärsche gab es auch in Kraljevo und Cacak südlich von Belgrad. Oppositionspolitikerinnen und -politiker nahmen an den Protestmärschen teil, hielten aber dort keine Reden.

Vucic: Bin bereit, mich Blitzabstimmung zu stellen

Vucic verurteilte die Proteste ebenfalls und kündigte stattdessen eine großangelegte „Entwaffnungskampagne“ an. Der Präsident initiierte außerdem einen einmonatigen Straferlass für die Abgabe illegaler Waffen bei der Polizei. Am ersten Tag wurden nach Angaben der serbischen Polizei rund 1.500 Waffen abgegeben.

Serbien: Großdemo gegen Waffengewalt

In Serbien sind Zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen Waffengewalt zu demonstrieren. Auslöser waren zwei Schusswaffenangriffe von letzter Woche mit insgesamt 17 Toten. Die Demonstrierenden verlangten ein Ende der Verherrlichung von Gewalt in den Medien und den Rücktritt hochrangiger Politiker. Die Partei von Präsident Aleksandar Vucic verurteilte die Proteste als Politisierung der Bluttaten, da Oppositionsparteien zur Demonstration aufgerufen hatten.

Vucic scheint sich seiner Popularität sicher und ohne Angst vor Zustimmungsverlusten in der Bevölkerung: Er sagte, er sei bereit, sich einer Blitzabstimmung zu stellen. „Ich werde weiterarbeiten und niemals vor der Straße und dem Mob zurückweichen. Ob es zu einer Regierungsumbildung oder zu Neuwahlen kommt, werden wir sehen“, sagte Vucic im Fernsehen. Die nächste Parlamentswahl ist regulär erst für das Jahr 2026 angesetzt.

Unterricht wieder aufgenommen

Die Polizei war indes in der Nähe aller Belgrader Schulen stationiert, als am Montag der Unterricht wieder aufgenommen wurde. Die Regierung plant die Einstellung weiterer Polizistinnen und Polizisten, die nahe Schulen stationiert werden sollen.

Der 13-jährige Schüler, der für den Amoklauf in einer Belgrader Volksschule am Mittwoch verantwortlich gemacht wird, befindet sich in einem Krankenhaus in Belgrad. Der 21-jährige mutmaßliche Schütze des zweiten Massenmordes innerhalb weniger Tage befindet sich in Untersuchungshaft. Auch der Vater des 13-Jährigen ist in U-Haft. Er soll seinem Sohn das Schießen beigebracht haben.

Nach Regierungsangaben sind in Serbien, einem Land mit 6,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern, mehr als 760.000 Schusswaffen registriert. Dem Rechercheprojekt Small Arms Survey (SAS) zufolge besitzen 39 Prozent der Bevölkerung eine Waffe, die Mehrheit davon ohne Lizenz. In keinem anderen europäischen Land ist der Anteil an Waffen in der Bevölkerung so hoch. Verbrechen mit Schusswaffen waren bisher aber selten.