Inflation: WIFO-Chef warnt vor Südeuropa-Szenario

Gabriel Felbermayr, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), warnt die heimische Politik, die Folgen der hohen Inflation zu unterschätzen. Lasse man „die Sache laufen“, ergehe es Österreich wie den „Südländern“ der Euro-Zone nach dem Euro-Beitritt, schrieb Felbermayr heute auf Twitter. „Damals sind dort die Preise jenen der ‚Nordländer‘ davongelaufen, mit den bekannten desaströsen Folgen.“

Er verwies darauf, dass in Österreich die Teuerung in den letzten vier Monaten um 2,5 Prozentpunkte über dem Euro-Zone-Durchschnitt lag. In der ersten Phase der „Teuerungskrise“ sei sie unter Euro-Zone-Schnitt gelegen. Der Inflationsunterschied zur Euro-Zone sei nicht nur getrieben von Energie, wo in Österreich die Weitergabe langsamer sei, sondern vor allem durch Dienstleistungen.

MwSt-Senkung „ultima Ratio“

Felbermayr forderte rasch Maßnahmen im Kampf gegen die hohe Inflation, unter anderem einen Gebührenstopp im öffentlichen Sektor, Druck auf die E-Wirtschaft und eine Transparenzinitiative.

Die Senkung der Mehrwertsteuer sei nur die „Ultima Ratio“. „Was immer man tut, es darf nicht schuldenfinanziert sein, sonst kannibalisiert man die Wirkung der Maßnahmen gleich wieder“, sagte er.

„Die Inflation wird in den nächsten Monaten zurückgehen. Sie geht nicht schnell genug zurück, und der Abstand zur Euro-Zone wird groß bleiben“, so Felbermayr im Ö1-Mittagsjournal.

Deswegen sei der Handlungsbedarf in Österreich im Mai 2023 größer als vor einem halben oder Dreivierteljahr. Eine Inflationsanpassung des Arbeitslosengelds und der Notstandshilfe – wie etwa von der Armutskonferenz gefordert – ist für Felbermayr denkbar.

„Es ist wichtig, dass der Sozialstaat in seinen Ausprägungen mit den direkten Effekten der Inflation umgehen kann. Die Inflation soll nicht auf Kosten der Schwächsten ausgetragen werden. Das widerspricht den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft“, sagte er.