Ex-US-Präsident Donald Trump
AP/Michael Conroy
Sexueller Missbrauch

Schuldspruch gegen Donald Trump

Der frühere US-Präsident Donald Trump ist wegen eines sexuellen Angriffs gegen die Journalistin Jean Carroll und wegen Verleumdung verurteilt worden. Eine Geschworenenjury sprach Carroll am Dienstag insgesamt fünf Millionen Dollar (4,53 Mio. Euro) an Schadenersatz zu. Nicht bestätigt wurden die Vergewaltigungsvorwürfe. Trump bezeichnete das Urteil als „Schande“.

Die Jury – aus sechs Männern und drei Frauen bestehend – fällte ihr Urteil nach nicht einmal drei Stunden Beratung. Bei zivilen Verfahren gilt in den USA für einen Schuldspruch eine niedrigere Schwelle als bei Strafprozessen: Ein solcher bedeutet im Zivilrecht, dass die Geschworenen eine Tat als eher wahrscheinlich denn als eher unwahrscheinlich ansehen. Bei Strafprozessen muss die Schuld hingegen zweifelsfrei erwiesen sein.

Trump will 2024 erneut US-Präsident werden und bewirbt sich für die republikanische Nominierung – rechtliches Vorgehen gegen ihn in einer Reihe von Fällen stellt er als politisch motiviert dar. Anfang April war Trump als erster ehemaliger US-Präsident in einem anderen Verfahren strafrechtlich angeklagt worden.

E. Jean Carroll
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In dem Zivilverfahren bekam Carroll nun recht – aber nicht komplett

Vorwurf: Vergewaltigung im Luxuskaufhaus

Die US-Autorin Carroll hatte Trump in dem aktuellen Fall vorgeworfen, er habe sie Mitte der 1990er Jahre in einem New Yorker Nobelkaufhaus vergewaltigt. Der damals noch nicht als Politiker tätige Immobilienunternehmer hatte die Anschuldigung stets zurückgewiesen – Carroll sei nicht sein „Typ“, ließ er unter anderem wissen. Strafrechtlich sind die Vorwürfe verjährt, zivilrechtlich stand der heute 79-jährigen Carroll der Rechtsweg jedoch offen.

Die Verteidigung Carrolls hatte versucht, ihre Vorwürfe mit mehreren Zeuginnen zu untermauern. Zwei Frauen berichteten, dass die Autorin sie kurz nach dem Vorfall angerufen und von der Tat erzählt hatte. Zwei weitere Frauen schilderten der Jury davon, dass Trump sie in ähnliche Situationen gebracht habe und übergriffig geworden sei.

Sexuelle Nötigung: Schuldspruch gegen Donald Trump

Es war ein mit Spannung erwartetes Urteil, das ein Gericht im Missbrauchsprozess gegen Ex-US-Präsident Trump gefällt hat. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass Trump die Journalistin Jean Carroll im Frühjahr 1996 nicht vergewaltigt, aber sexuell genötigt hat.

Trumps Anwalt Joseph Tacopina hatte dagegen gesagt, die Anschuldigungen seien „unvorstellbar“ und „unglaubwürdig“. Trump sei zu diesem Zeitpunkt bereits als Immobilienunternehmer prominent gewesen, sodass eine solche Tat nicht unbemerkt geblieben wäre.

Trump im Prozess nicht anwesend

Trump hatte im Prozess selbst nicht ausgesagt und war bei dem Verfahren nicht persönlich anwesend. Sein Anwalt hatte das damit begründet, dass der ehemalige Präsident den New Yorkern den großen logistischen Aufwand ersparen wolle, der mit einer Reise in die Ostküstenmetropole und den zentralen Bezirk Manhattan verbunden wäre.

Carroll hatte den Vergewaltigungsvorwurf 2019 in einem Buchauszug öffentlich gemacht. Trump reagierte damals unter anderem mit der Bemerkung, Carroll sei nicht sein Typ. Er warf der ehemaligen Kolumnistin des Magazins „Elle“ auch vor, nur den Verkauf ihres Buches ankurbeln zu wollen. Die Schriftstellerin klagte daraufhin gegen Trump – zunächst wegen Verleumdung, weil er sie als Lügnerin dargestellt habe. Ein neues New Yorker Gesetz machte zuletzt die Erweiterung um den Vorwurf der – durch die Vergewaltigung verursachten – Körperverletzung möglich.

Eine Gerichtszeichnung zeigt Anwältin Roberta Kaplan, Klägerin E. Jean Carroll und Ex-US-Präsident Donald Trump auf einem Bildschirm
Reuters/Jane Rosenberg
Trump war bei dem Verfahren nicht persönlich anwesend

Genitalien-Sager als ein Argument

Diverse Frauen haben Trump in der Vergangenheit sexuelle Belästigung vorgeworfen, was dieser stets zurückwies. Während seines Präsidentschaftswahlkampfs 2016 war außerdem eine alte Tonaufnahme publik geworden, in der sich Trump anzüglich und herabwürdigend über Frauen äußerte – und darüber, dass man als Star Frauen auch an ihre Genitalien greifen könne, wenn man es wolle.

Bei der Argumentation der Anwälte Carrolls spielte auch diese Aufnahme von 2005 eine Rolle. Es sei nicht – wie von Trump dargestellt – Gerede unter Männern gewesen, sondern ein Geständnis über die Art, wie er sich verhalte. So habe er es auch bei Carroll getan.

Berufung angekündigt

Trump bezeichnete das Urteil auf seiner Onlineplattform Truth Social als „Schande“ und „Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten“. Mit Blick auf Carroll erklärte er: „Ich habe absolut keine Ahnung, wer diese Frau ist.“ Aus Trumps Wahlkampagne hieß es, dass man in Berufung gehen werde. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte dagegen Carrolls Anwältin Roberta Kaplan am Dienstag beim Verlassen des Gerichtsgebäudes.

Die Stimmung in den USA ist angesichts der rechtlichen Verfolgung Trumps aufgeheizt. Gegen den 76-Jährigen wird wegen einer Reihe möglicher Verbrechen ermittelt. Er selbst stellt das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen ihn als „Hexenjagd“ dar, die seine Kandidatur 2024 verhindern soll. Zuletzt waren seine Umfragewerte in parteiinternen Befragungen gestiegen – Trump liegt darin deutlich vor anderen möglichen republikanischen Bewerbern.

Ermittlungen auch wegen Kapitol-Erstürmung

Vor einigen Wochen ist Trump in New York in einem anderen Fall strafrechtlich angeklagt worden. Der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, wirft ihm vor, mit Schweigegeldzahlungen an zwei Frauen versucht zu haben, seine Chancen bei der Präsidentenwahl 2016 zu erhöhen und damit gegen Wahlgesetze verstoßen zu haben. Es laufen weitere Ermittlungen gegen ihn – etwa wegen seiner Rolle bei der Erstürmung des US-Kapitols wenige Wochen vor der Vereidigung seines demokratischen Nachfolgers Joe Biden als Präsident.