Frühere US-Präsident Donald Trump
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Verurteilt

Folgen für Trumps Wiederkandidatur

Der frühere US-Präsident Donald Trump ist in einem Zivilprozess wegen eines sexuellen Angriffs und wegen Verleumdung zur Zahlung eines Schadensersatzes verurteilt worden. Der Journalistin Jean Carroll wurden fünf Millionen Dollar (4,53 Mio. Euro) zugesprochen. Trump sprach von einer „Schande“. Das Urteil könnte seiner Wiederkandidatur Auftrieb geben und gleichzeitig die Stimmung in der Partei und in der Bevölkerung aufheizen.

Noch am Dienstag kündigte das Anwaltsteam von Trump Berufung gegen das Urteil an. Wie genau sich die Entscheidung der Jury auf die Wiederkandidatur des früheren Präsidenten auswirken wird, bleibt laut US-Medien abzuwarten. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass Trump das Urteil nutzen wird, um sich als Opfer des „Establishments“ darzustellen. Auf seiner Onlineplattform bezeichnete er das Urteil als „Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten“.

Die Stimmung in den USA ist angesichts der rechtlichen Verfolgung Trumps aufgeheizt. Gegen den 76-Jährigen wird wegen einer Reihe möglicher Verbrechen ermittelt. Anfang April war Trump als erster ehemaliger US-Präsident in einem anderen Verfahren strafrechtlich angeklagt worden.

Er selbst stellt das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen ihn seit Jahren als „Hexenjagd“ dar, die seine Kandidatur 2024 verhindern soll. Zuletzt waren seine Umfragewerte in parteiinternen Befragungen gestiegen. Trump liegt deutlich vor möglichen republikanischen Bewerbern bzw. Bewerberinnen. Auch Floridas Gouverneur Ron DeSantis, dem gute Chancen im Vorwahlkampf eingeräumt werden, ließ er schon hinter sich.

Frühere US-Präsident Donald Trump
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Trump könnte sich erneut als Opfer inszenieren

„Juristischer Zirkus“ – „Zweifel, ob richtiger Kandidat“

Laut CBS News hätten einige Verbündete von Trump bereits argumentiert, dass rechtliche Schritte hilfreich für seinen Wahlkampf sein könnten. Man könnte Mitglieder innerhalb der Republikanischen Partei zu einer Verteidigung mobilisieren. Führende Republikaner, aber auch Trumps Konkurrenten um die Nominierung zur Präsidentschaftskandidatur haben sich mit direkter Kritik an Trump zurückgehalten und allen voran die Anklagen weitgehend als Machtmissbrauch der Staatsanwaltschaft dargestellt.

Einige Kritiker gibt es dann aber doch. „Ich glaube nicht, dass er gewählt werden kann“, sagte der texanische Senator John Cornyn gegenüber CBS News. Er glaube nicht, „dass Trump die Präsidentschaft gewinnen kann, unabhängig davon, was man über ihn als Person denkt“. Der republikanische Senator Kevin Cramer sagte, das Urteil sei nicht „disqualifizierend“, habe aber Auswirkungen auf die Wählbar­keit. „Das und einige andere Dinge lassen mich daran zweifeln, ob er der beste Kandidat für die Partei wäre“, zitierte ihn der Sender CNN.

Laut CBS News hatten sich mehrere Senatoren umgedreht, als sie vom Reporter gefragt wurden, ob man Trump nach der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs und Verleumdung unterstützen könne. „Ich kenne die Fakten nicht. Es ist auch eine New Yorker Jury“, sagte der republikanische Senator Rick Scott. Sein Parteikollege, Senator Bill Hagerty, verteidigte den ehemaligen Präsidenten und sprach von einem „juristischen Zirkus“. Senator Lindsey Graham: „Wenn es um Donald Trump geht, ist das New Yorker Rechtssystem aus den Fugen geraten.“

Neue Angriffsfläche für Konkurrenz

Die Verurteilung könnte sich auch auf die Stimmung des parteiinternen Vorwahlkampfs auswirken. Bisher, so berichtete BBC, hatte Trump eine „ziemlich disziplinierte Kampagne“ geführt. Doch das Urteil könnte sowohl ihn als auch seine Konkurrenten um das Präsidentschaftsticket in die Offensive zwingen. Wenn es der Konkurrenz gelingt, ihn mit dem Urteil aus dem Konzept zu bringen, könnte das Trump, der bisher die Partei im Griff hatte, dazu bringen, Fehler zu begehen, heißt es im Bericht.

Floridas Gouverneur Ron DeSantis
AP/Rebecca Blackwell
Ron DeSantis gilt als größter Konkurrent im Vorwahlkampf der Republikaner

Einig ist man sich in den Kommentaren, dass die Verurteilung einen bleibenden Eindruck in der US-Politik hinterlassen wird. Dass sich Trump nun zurückziehen könnte, glaubt niemand. Selbst wenn er in weiteren Fällen schuldig gesprochen wird, kann er laut Fachleuten nicht daran gehindert werden, für das Weiße Haus zu kandidieren. Laut US-Verfassung ist jeder gebürtige US-Bürger, der mindestens 35 Jahre alt ist und 14 Jahre am Stück seinen Wohnsitz in den USA hat, wählbar.

Selbst wenn Trump im Strafverfahren wegen mutmaßlich gefälschter Geschäftsunterlagen (Stichwort Stormy Daniels) verurteilt wird, könne er für das Amt kandidieren. „Wenn man wegen einer Straftat verurteilt und inhaftiert ist, kann man nicht wählen, aber man kann die Wahl gewinnen“, sagt Rechtsprofessor Derek Muller. Rechtswissenschaftler Dan Ortiz verwies auf Eugene Debs, der 1920 während einer Haftstrafe für die Sozialistische Partei kandidierte. Debs erhielt drei Prozent der Stimmen. „Mir ist nichts bekannt, was ihn vom Amt ausgeschlossen hätte, wenn er die Wahl gewonnen hätte“, sagte Ortiz.

Vorwurf: Vergewaltigung im Luxuskaufhaus

Mit dem Urteil in dem viel beachteten Zivilprozess wurde Trump erstmals wegen Vorwürfen der sexuellen Gewalt rechtlich belangt. Er ist im Verlauf der Jahrzehnte von rund 20 Frauen des sexuellen Fehlverhaltens bis hin zur Vergewaltigung beschuldigt worden. Er wies solche Vorwürfe stets zurück. Die heute 79-jährige Carroll warf Trump vor, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine eines New Yorker Luxuskaufhauses vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins „Elle“ ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war.

Eine Zeichnung zeigt E. Jean Carroll mit Anwältin Shawn Crowley und Roberta Kaplan im Gericht
Reuters/Jane Rosenberg
Laut Gericht hat Trump die Journalistin Carroll 1997 sexuell missbraucht

Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein „Typ“. Carroll verklagte den Präsidenten daraufhin in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe. Das Anwaltsteam des früheren Präsidenten verwies darauf, dass die Geschworenen nicht Vergewaltigung, sondern sexuellen Missbrauch anerkannt hätten.

Mehrere Verfahren anhängig

In einem getrennten Verfahren wurde der Ex-Präsident wegen einer Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels vor der Präsidentschaftswahl 2016 wegen des Vorwurfs einer Fälschung von Geschäftsunterlagen angeklagt. Es war die erste Anklage gegen einen früheren Präsidenten in der US-Geschichte. Der Strafprozess soll erst im kommenden Jahr beginnen. Trump hat vor Gericht auf nicht schuldig plädiert.

Missbrauch: Schuldspruch gegen Trump

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump soll Mitte der 1990er Jahre eine Journalistin vergewaltigt haben. Diese Anschuldigung hat jetzt eine Geschworenenjury bestätigt. Trump ist wegen sexuellen Missbrauchs schuldig gesprochen worden.

Gegen den Ex-Präsidenten laufen außerdem mehrere weitere Ermittlungen. Ein US-Sonderermittler prüft Trumps Verantwortung bei der Kapitol-Erstürmung vom 6. Jänner 2021 und die Mitnahme von zahlreichen Geheimdokumenten aus dem Weißen Haus in sein Privatanwesen Mar-a-Lago nach dem Ende der Amtszeit des Republikaners. Im Südstaat Georgia laufen zudem Ermittlungen wegen eines möglichen Versuchs der illegalen Einflussnahme auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020.