Diamant aus der Schmucksammlung von Heidi Horten
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Hortens Schmuck

Protest kann Auktion nicht stoppen

Seit einer Woche versteigert das Auktionshaus Christie’s die Schmucksammlung der Milliardenerbin Heidi Horten. Nach einer Onlineauktion wurden und werden einige der spektakulärsten Stücke diese Woche in einem Nobelhotel in Genf angeboten. Christie’s schätzt den Gesamtwert der Kollektion auf rund 150 Millionen Dollar (rund 136 Mio. Euro). Der Ruf jüdischer Organisationen nach einem Stopp der Auktion verhallte.

Das Simon Wiesenthal Center etwa, eine in Los Angeles ansässige jüdische Nichtregierungsorganisation, forderte, dass Christie’s den Verkauf zurückzieht – die von Hortens Ehemann, Helmut Horten, angehäuften Reichtümer seien die „Summe der Gewinne aus der Arisierung der jüdischen Kaufhäuser durch die Nazis“ in Deutschland.

Auch das American Jewish Committee verlangte, „die Auktion auf Eis zu legen, bis ernsthafte Anstrengungen unternommen werden, um festzustellen, welcher Teil dieses Reichtums von Nazi-Opfern stammt“ – und um ihn dann an die Überlebenden und für Bildungsprogramme zurückzugeben. Der Dachverband der jüdischen Organisationen in Frankreich nannte die Auktion schlicht „unanständig“, zumal der Erlös in eine Stiftung fließe, „deren Aufgabe es ist, den Namen eines ehemaligen Nazis für die Nachwelt zu bewahren“.

Diamanten und Ketten aus der Schmucksammlung von Heidi Horten
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Hortens Schmucksammlung wird über mehrere Etappen versteigert

Gutachten über die Vergangenheit

Laut einem im Jänner 2022 veröffentlichten Historikerbericht, der von der Horten-Stiftung in Auftrag gegeben worden war, war Helmut Horten längere Zeit Mitglied der NSDAP. 1936, drei Jahre nach der Machtergreifung der Nazis, übernahm er als 27-Jähriger das Textilkaufhaus Alsberg in Duisburg, nachdem dessen jüdische Besitzer geflohen waren. Später übernahm er weitere Geschäfte, die sich zuvor im Besitz jüdischer Eigentümer befunden hatten.

Nach der Niederlage der Nazis 1945 wurde Horten von den Briten zwei Jahre lang interniert und verlor einen Großteil seines Besitzes. Doch nach seiner Entlassung baute er mit Hilfe von Krediten die viertgrößte Kaufhauskette Deutschlands auf, die sich zum Teil auf den während der Nazi-Zeit etablierten Markennamen stützte. Horten war kein „ideologischer“ Mensch, aber er widersetzte sich auch nicht den Nazi-Gesetzen, hielt der an der Universität Würzburg tätige Gutachter Peter Hoeres in dem Bericht fest.

Heidi Goess-Horten
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Heidi Horten starb 81-jährig im Juni des Vorjahres

Christie’s rechtfertigt sich

„Die geschäftlichen Aktivitäten von Herrn Horten während des Zweiten Weltkriegs sind gut dokumentiert, und das ist etwas, das Christie’s sorgfältig in Betracht zog, als es sich um diese Sammlung bewarb“, sagte Max Fawcett, Leiter der Schmuckabteilung bei Christie’s Genf. „Wir haben diese Sammlung unter der Bedingung übernommen, dass 100 Prozent des endgültigen Verkaufserlöses an philanthropische Zwecke gehen. (…) Wir können die Geschichte nicht auslöschen, aber wir hoffen, dass das Geld aus diesem Verkauf in Zukunft für einen guten Zweck verwendet wird“, sagte Fawcett.

Laut Christie’s wurde der Schmuck ab den frühen 1970er Jahren bis zu Heidi Hortens Tod 2022 gekauft. Ihr Ehemann starb 1987, laut „Forbes“ hinterließ er ihr ein Vermögen von 2,9 Milliarden Dollar.

Am Mittwoch kamen knapp 100 der 700 Schmuckstücke von Horten unter den Hammer. Weitere werden am Freitag sowie online und bei einer weiteren Auktion im Herbst versteigert. Die Gesamtkollektion hatte Christie’s auf rund 136 Millionen Euro geschätzt. Das Geld soll dem Museum in Wien mit der Horten-Kunstsammlung sowie der medizinischen Forschung zugutekommen.

Rahul Kadakia mit einer Perlenkette
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Durch die Hände von Auktionator Rahul Kadakia ging am Mittwoch viel Geld

„Briolette of India“ blieb deutlich unter Schätzwert

Unter den am Mittwoch versteigerten Stücken befand sich der 90-karätige „Briolette of India“-Diamant, das Herzstück eines mit kleineren Diamanten besetzten Colliers. Der Legende nach soll die Kette schon im 12. Jahrhundert Eleonore von Aquitanien, der Königin von Frankreich, gehört haben. Nach Angaben des Branchenverbands Natural Diamond Council gibt es jedoch auch die Geschichte, dass der Diamant aus Südafrika stammt und Pierre Cartier gehörte, der eine exotische Geschichte erfand, um ihn aufzuwerten. „Briolette“ bezeichnet eine seltene Schliffsform.

Christie’s hatte das Stück auf bis zu 14 Mio. Franken geschätzt, aber der Hammer fiel am Mittwoch bereits bei 5,2 Mio. Wer das Stück gekauft hat, wurde nicht bekannt. Viele andere Schmuckstücke erzielten dagegen Preise deutlich über dem Schätzpreis. Ein Ring mit einem pinkfarbenen Diamanten wurde für fast das Doppelte seines Schätzpreises versteigert, für insgesamt 9,1 Mio. Franken, inklusive der Kommission für das Auktionshaus.