Ukrainische Soldaten auf einem Leopard 1A5 Panzer
Reuters/Fabrizio Bensch
Um 2,7 Mrd. Euro

Deutschland liefert Ukraine weitere Waffen

Deutschland stellt der Ukraine weitere Waffen zur Verfügung – insgesamt in einem Wert von rund 2,7 Mrd. Euro, wie es am Samstag aus Berlin hieß. Der Beschluss der Bundesregierung zeige, dass es Deutschland „mit seiner Unterstützung ernst ist“. Geliefert werden sollen Artillerie, Kampfpanzer und Luftabwehrsysteme. Deutschland verdoppelt damit seine bisherige Unterstützung für die Ukraine.

Lange hat sich Berlin vorwerfen lassen müssen, nur Versprechungen zu machen, nun hat die Bundesregierung in Berlin grünes Licht für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine gegeben, wie das deutsche Verteidigungsministerium Samstagvormittag bestätigte. Zuvor hatte der „Spiegel“ über das 2,7 Mrd. Euro schwere Paket berichtet.

Laut übereinstimmenden Angaben sollen aus Deutschland Artillerie, Kampf-, Schützen- und Luftabwehrpanzer sowie weitere Flugabwehrsysteme in die Ukraine geliefert werden – konkret: 30 Kampfpanzer vom Typ Leopard 1, 20 Schützenpanzer Marder und vier radargestützte Luftabwehrsysteme vom Typ IRIS-T SLM, wie das Verteidigungsministerium in Berlin den Bericht des „Spiegel“ bestätigte.

Militärische Hilfen verdoppelt

Mit der neuen Zusage wird sich die deutsche Waffenhilfe für die Ukraine seit Beginn des Krieges im Februar 2022 nahezu verdoppeln: Seit damals genehmigte die Bundesregierung in Berlin Waffenlieferungen im Umfang von 2,75 Mrd. Euro. Deutschland gehört damit inzwischen zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine – sowohl militärisch als auch finanziell. Wegen einer langen internen Debatte über die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern hatte sich Berlin Kritik wegen mangelnder Unterstützungsbereitschaft für die Ukraine gefallen lassen müssen.

Deutscher Gepard Panzer bei einer Übung
Reuters/Christian Charisius
Gepard-Panzer beim Scharfschießen im Rahmen einer Übung in Deutschland

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte zu dem neuen Waffenpaket: „Mit diesem wertvollen Beitrag an dringend benötigtem militärischen Material zeigen wir einmal mehr, dass es Deutschland mit seiner Unterstützung ernst ist.“ Alle wünschten sich ein baldiges Ende des fürchterlichen und völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen das ukrainische Volk. „Abzusehen ist dies leider noch nicht. Von daher wird Deutschland jede Hilfe leisten, die es leisten kann – as long as it takes“ – so lange es nötig sei, ergänzte Pistorius.

Luftabwehr, Panzer, Artillerie und Pioniergerät

Offen war am Samstag noch, ob der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Selenskyj am Wochenende in Berlin empfangen kann. Am Sonntagnachmittag werden Selenskyj und das ukrainische Volk in Aachen mit dem Karlspreis für Verdienste um die Einheit Europas geehrt. Weitere Rednerinnen und Redner sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Am Samstag war Selenskyj auf Staatsbesuch in Rom.

Laut dem deutschen Verteidigungsministerium folgt das neue Maßnahmenpaket den bisherigen Unterstützungsschwerpunkten. Es beinhalte unter anderem Material aus den Bereichen Artillerie, Luftverteidigung, gepanzerte Gefechtsfahrzeuge und Pionierfähigkeiten.

IRIS-T SLM Launcher
IMAGO/Political-Moments
Das Luftabwehrsystem IRIS-T ist gegen Flugzeuge, Lenkwaffen und Drohnen einsetzbar

Unter anderem umfasse es neben den erwähnten Panzerfahrzeugen auch 18 Radhaubitzen, Artilleriemunition, Lenkflugkörper für Luftverteidigungssysteme, die vier IRIS-T SLM Feuereinheiten zur Flugabwehr und zwölf IRIS-T-SLS-Startgeräte sowie 200 Aufklärungsdrohnen. „All dies und mehr kommt aus Industriebeständen beziehungsweise der Industrieproduktion“, teilte das Ministerium mit. Die Umsetzung der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen sei eingeleitet.

Umfangreiche Lieferungen nach längerer interner Debatte

Bereits Ende März hatte die Ukraine 18 hochmoderne Kampfpanzer Leopard 2A6 aus deutscher Produktion samt Munition erhalten. Die deutsche Bundesregierung hatte am 25. Jänner nach längerem innenpolitischen Ringen das Ziel ausgegeben, „rasch zwei Panzerbataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen“. Diese sind in der Ukraine üblicherweise mit jeweils 31 Stück ausgestattet. Beteiligt an der Initiative sind vor allem Polen sowie Norwegen, Kanada und Spanien.

Boris Pistorius und Troels Lund Poulsen
Reuters/Nadja Wohlleben
Der deutsche Verteidigungsminister Pistorius bei einer Rede anlässlich der Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland

Hochmodernes Gerät

Außerdem hat Deutschland bisher 40 Marder-Schützenpanzer mit Munition aus Bundeswehr- und Industriebeständen sowie 34 Flugabwehrpanzer Gepard inklusive etwa 6.000 Schuss Munition geliefert. Hinzu kommen zwei Bergepanzer sowie zwei Minenräumpanzer vom Typ Wisent. Vom Luftabwehrsystem IRIS-T hat Deutschland der Ukraine bisher zwei Einheiten zur Verfügung gestellt. Das von dem Rüstungskonzern Diehl mit weiteren Partnern entwickelte System soll unter anderem dabei helfen, die Hauptstadt Kiew vor russischen Luftangriffen zu schützen.

Im April hatte Deutschland der Ukraine außerdem das Flugabwehrsystem PATRIOT zur besseren Verteidigung gegen russische Luftangriffe übergeben. Die Bundeswehr hatte auch die Ausbildung von Soldaten in einem Schnellprogramm übernommen. PATRIOT (Phased Array Tracking Radar for Intercept on Target) zählt zu den modernsten Flugabwehrsystemen der Welt. Damit können feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft werden.

Kiew macht Druck

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba mahnte mit Blick auf das neue deutsche Paket Tempo ein. Die Ukraine benötige alles immer so schnell wie möglich, sagte er am Samstag am Rande eines Treffens mit Kollegen aus EU-Staaten in Schweden. Man schätze es, wenn alles dafür getan werde, um Lieferungen zu beschleunigen. Über Zeitpläne könne man diskutieren.

Auf die Frage, wann die geplante ukrainische Gegenoffensive gegen die russischen Angreifer beginnen werde, sagte Kuleba, statt zu fragen, wann sie beginnen werde, solle man lieber fragen, ob man genug dafür getan habe, damit sie beginnen und erfolgreich sein könne. „Wir wollen, dass sich jeder auf diese Frage konzentriert.“