Eine Frau beim Abgeben ihrer Wahlkarte
APA/AFP/Ozan Kose
Türkei-Wahl

Medien melden erste Ergebnisse

Zwei Stunden früher als erwartet hat die Wahlkommission in der Türkei am Sonntag das Verbot zur vorzeitigen Veröffentlichung von Wahlergebnissen aufgehoben. Erste Berichte sehen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan voran. Bisher ist allerdings nur ein geringer Prozentsatz der Stimmen ausgezählt, die Aussagekraft damit deutlich beschränkt. Vor allem die Ballungsräume dürften noch für Bewegung sorgen. Die Opposition zeigte sich optimistisch.

Der TV-Sender Habertürk, dem in der Vergangenheit Nähe zu Erdogan nachgesagt wurde, berichtete, dass Erdogan ersten Ergebnissen nach auf 59,5 Prozent der Stimmen kommt. Sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu soll 34,8 Prozent der Stimmen bekommen haben. Die Angabe basiert laut Habertürk auf 9,1 Prozent der ausgezählten Stimmen.

Neben der Präsidentenwahl fand auch eine Parlamentswahl statt. Hier liege Erdogans AKP mit 32,7 Prozent hinter der oppositionellen CHP von Kilicdaroglu mit 34,8 Prozent, berichtete der Sender Halk TV nach Auszählung von 0,6 Prozent der Stimmen. Die ersten Meldungen basierten auf den Ergebnissen aus dem dünn besiedelten Osten der Türkei. Die großen Städte Istanbul, Ankara, Izmir und Gaziantep fehlten in diesen Berichten.

Hohe Wahlbeteiligung erwartet

Die Wahlbeteiligung dürfte jenseits der 90 Prozent liegen, was von Beobachterinnen und Beobachtern als Vorteil für Kilicdaroglu gewertet wurde. Der Oppositionskandidat lag zuletzt in den Umfragen voran. Wenn keiner der beiden Kandidaten die absolute Mehrheit erlangt, ist am 28. Mai eine Stichwahl fällig.

Unterstützer von Kemal Kilicdaroglu
APA/AFP/Adem Altan
Die Wahlbeteiligung in der Türkei dürfte hoch sein

Opposition gegen Staatsagentur: „Manipulation“

Für Unmut bei der Opposition sorgten erste von der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu gemeldeten Ergebnisse. Nach Auszählung eines Viertels der Stimmen liege Erdogan mit 54 Prozent voran, so Anadolu, Oppositionsführer Kilicdaroglu komme auf 40 Prozent.

Der Sprecher von Kilicdaroglus Partei CHP, Faik Öztrak, sagte dagegen, die ersten Daten, die sie erhielten, seien „äußerst positiv“ für die Opposition. Er warf Anadolu „Manipulation“ vor. Die Staatsagentur veröffentlicht in der Regel zunächst die Auszählungsergebnisse in Erdogan-Hochburgen. Die ersten Daten lassen daher noch keine Rückschlüsse auf das Endergebnis zu.

Kilicdaroglu: „Wir liegen vorn“

Kilicdaroglu zeigte sich Sonntagabend optimistisch. „Wir liegen vorn“, sagte der 74-Jährige. Die ebenfalls zur CHP gehörenden Bürgermeister von Istanbul und Ankara, Ekrem Imamoglu und Mansur Yavas, erklärten, der Oppositionskandidat liege nach Auszählung von 24 Prozent der Stimmen in Führung. Imamoglu rief die türkische Bevölkerung auf, die Wahlergebnisse der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu nicht zu beachten.

Erdogan seit zwei Jahrzehnten an der Macht

Der seit über zwei Jahrzehnten regierende Erdogan ist inzwischen der mächtigste Staatschef der Türkei seit Atatürk. Allerdings hat seine Popularität gelitten, unter anderem wegen der hohen Inflation, die die Lebenshaltungshaltungskosten für viele Menschen in der Türkei drastisch erhöht.

Unterstützer von Präsident Recep Tayyip Erdogan
AP/Emrah Gurel
Erdogan-Anhängerinnen und -Anhänger: Der Langzeitmachthaber lag in Umfragen hinter dem Oppositionskandidaten

Kilicdaroglu hat angekündigt, die Türkei wieder zu einer parlamentarischen Demokratie zu machen, die Befugnisse des Präsidenten zu beschneiden und die Unabhängigkeit der Justiz zu sichern. Zudem will er die Friedenssicherung zum zentralen Bestandteil seiner Außenpolitik machen.

Wahlbeobachter aus Österreich im Einsatz

Die Wahl wird von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beobachtet. Teil der Mission sind auch die österreichischen Politikerinnen und Politiker Selma Yildirim und Stefan Schennach (SPÖ), Stephanie Krisper (NEOS), Andreas Minnich (ÖVP) und Christan Ries (FPÖ). Sie habe den Eindruck, dass die „Wahlbeteiligung immens hoch ist“, berichtete Yildirim gegenüber der APA aus dem Istanbuler Stadtteil Üsküdar.

Die Auszählung laufe sehr transparent ab, so Yildirim. Auf eigene Faust in der Türkei unterwegs ist die grüne Nationalratsabgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic. „Die Nerven liegen blank“, berichtete sie der APA aus der Region Agri im Osten der Türkei. „Manipulationen sind an der Tagesordnung“, sagte sie.