Frau mit Kind vor einem zerstörtem Haus in einem Flüchtlingscamp
APA/AFP/Sai Aung Main
Myanmar

Hunderte Tote nach Zyklon „Mocha“

Der Zyklon „Mocha“ hat in Myanmar offenbar viel mehr Menschenleben gefordert als bisher angenommen. Mindestens 400 Menschen seien bei dem tropischen Wirbelsturm im Bundesstaat Rakhine an der Westküste ums Leben gekommen, sagte ein Sprecher der „Nationalen Einheitsregierung“ (NUG) am Dienstag. Es war der heftigste Zyklon in der Region seit über einem Jahrzehnt.

Bei den Toten handle es sich vor allem um Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya, die in Myanmar – das vornehmlich buddhistisch ist – seit Jahrzehnten verfolgt wird. Die „Nationale Einheitsregierung“ ist eine Art demokratische Schattenregierung, die sich nach dem Militärputsch von 2021 als Alternative zur regierenden Junta gebildet hat. Sie hatte schon im Vorfeld versucht, die Menschen vor dem Zyklon zu warnen und internationale Hilfen für die Opfer zu organisieren.

Der tropische Wirbelsturm war am Sonntag mit Windgeschwindigkeiten von teilweise mehr als 250 km/h in Myanmar und dem benachbarten Bangladesch auf Land getroffen. Das ganze Ausmaß der Schäden wird aber erst langsam deutlich. „Manche Ortschaften sehen aus wie Seen, in einigen Dörfern steht kein Haus mehr“, sagte Min Thein, ein Einwohner von Rakhine.

Myanmar: Dutzende Tote nach „Mocha“ befürchtet

Der Kategorie-fünf-Zyklon „Mocha“ hat in Myanmar möglicherweise viel mehr Menschenleben gefordert als bisher angenommen. Augenzeugen und NGOs im besonders schwer betroffenen Bundesstaat Rakhine an der Westküste berichteten von mindestens 30 Toten. Viele Menschen gelten zudem noch als vermisst.

Millionen Binnenvertriebene

Auch die Nachrichtenseite The Irrawaddy berichtete von mindestens 400 Toten in Camps der Rohingya um die Stadt Sittwe. Viele seien ertrunken oder von herabstürzenden Bäumen erschlagen worden. Das Krisenland Myanmar versinkt seit einem Militärputsch vor zwei Jahren in Chaos und Gewalt.

Die regierende Junta unterdrückt jeden Widerstand mit eiserner Faust und startet immer wieder Luftangriffe auf das eigene Volk. Mehr als eine Million Menschen leben bereits als Vertriebene im eigenen Land, oft in notdürftigen Camps. In Myanmar und Bangladesch waren vor dem Sturm Hunderttausende vorsorglich in Sicherheit gebracht worden. In Bangladesch rettete das offenbar vielen das Leben: Behördenangaben zufolge wurden bisher keine Toten gemeldet.

Angehörige tragen einen Verstorbenen zu einem Grab
APA/AFP/Sai Aung Main
Millionen Menschen in dem Katastrophengebiet lebten schon zuvor in Not

UNO sieht „Alptraumszenario“

Der Zyklon zog in Myanmar laut Schätzungen von UNO-Helferinnen und -Helfern durch Gebiete mit 4,5 Millionen Einwohnern. Davon gelten 3,1 Millionen als besonders gefährdet, weil sie schon vor Ankunft des Wirbelsturms nur über mangelhafte Unterkünfte, Ernährung und Einkünfte verfügten. Der UNO-Hilfskoordinator in Myanmar, Ramanathan Balakrishnan, sprach von einem „Alptraumszenario“.

„Mocha“ traf laut Balakrishnan die ärmsten Teile des Landes, die zuvor schon von der CoV-Pandemie, innerstaatlichem Konflikt und von wirtschaftlichen Problemen betroffen waren. „Jetzt sind sie auch noch an der Front der Klimakrise“, sagte er mit Blick auf die immer häufigeren Wetterextreme, die im Zuge der Erderwärmung beobachtet werden.

eine Grafik zeigt die Route des Zyklons „Mocha“ in Myanmar
Grafik: APA/ORF; Quelle: APA

Die Hilfsorganisation Oxfam hatte zuvor erklärt, der Sturm habe „enorme Auswirkungen“ auf das Leben der Binnenvertriebenen. „Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, um ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen.“

Ein Rohingya geht in Bangladesch durch das Flüchtlingscamp Cox’s Bazar
Reuters/Mohammad Ponir Hossain
In den Flüchtlingscamps ist die Versorgung bereits sehr schwierig und mangelhaft

Weltgrößtes Flüchtlingslager auch betroffen

Betroffen war auch die Stadt Cox’s Bazar in Bangladesch. In der dortigen weltgrößten Ansammlung von Flüchtlingslagern leben rund eine Million Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar, zumeist in Behausungen aus Bambus und Plastikplanen. Etwa 2.500 dieser Unterkünfte seien vollständig oder teilweise zerstört worden, hieß es vonseiten der Behörden.

Viele in der Region hatten befürchtet, dass „Mocha“ so schreckliche Auswirkungen haben könnte wie vor 15 Jahren der Zyklon „Nargis“: Im Mai 2008 hatte der Tropensturm in Myanmars Irrawaddy-Delta Schätzungen zufolge fast 140.000 Menschen in den Tod gerissen.