SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
ORF/Roland Winkler
SPÖ bleibt wohl bei Nein

Energieeffizienzgesetz vor Scheitern

Die Nationalratssitzung am Mittwoch hat mit einer hitzigen Debatte zum Thema Teuerung begonnen. Hauptpunkt ist am Nachmittag die anstehende Abstimmung über das Energieeffizienzgesetz, ein wichtiger Baustein der Umweltgesetzgebung der ÖVP-Grünen-Koalition. Die SPÖ dürfte auch nach dem bevorstehenden Rückzug von Partei- und Klubchefin Pamela Rendi-Wagner bei ihrem Nein zu dem Gesetz bleiben, das eine Zweidrittelmehrheit braucht.

Rendi-Wagner hatte noch vor Bekanntwerden der Ergebnisse der Mitgliederbefragung angekündigt, dass man Regierungsvorlagen nicht mehr unterstützen werde, solange die Regierung nicht weitere Antiteuerungsmaßnahmen beschließe. Das Gesetz, das zum Erreichen der Klimaziele beitragen soll, steht damit im Nationalrat vor dem Scheitern. Gemutmaßt wurde, dass sich die SPÖ angesichts des nahenden Endes von Rendi-Wagner an der Parteispitze möglicherweise anders entscheiden könnte.

Die SPÖ versucht mit ihrer Weigerung Druck zu machen und hat angekündigt, bis zur Erfüllung ihrer Wünsche keinen Gesetzesvorschlägen der Regierungsparteien mehr zuzustimmen. Das Energieeffizienzgesetz dürfte dabei das erste Opfer der Vetoankündigung werden. Die FPÖ hatte von vornherein eine Zustimmung abgelehnt.

Letzter Appell von ÖVP und Grünen

ÖVP und Grüne hatten am Mittwoch vor Sitzungsbeginn dazu aufgerufen, diese Blockadehaltung bei Zweidrittelmaterien im Parlament aufzugeben. „Das ist demokratiepolitisch nicht sinnvoll“, rügte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) die Sozialdemokraten im Pressefoyer nach dem Ministerrat.

Die Zeit für den Beschluss drängt – das ist auch der Grund, dass die Regierungsparteien das Gesetz zur Abstimmung im Plenum vorlegen, obwohl die nötige Mehrheit nicht gesichert ist. Denn das Gesetz ist längst überfällig, die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinie lief bereits 2020 aus. Deshalb leitete die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein. Der Republik drohen künftig Strafzahlungen wegen Säumigkeit.

Rendi-Wagner wortkarg

Im Nationalrat waren SPÖ-Mitglieder vor der Sitzung wortkarg zu den parteiinternen Querelen. Mehr als ein „Guten Morgen“ ließ sich Rendi-Wagner beim Eintreffen im Plenum gegenüber den wartenden Medienleuten nicht entlocken. Die Frage, ob das einer ihrer letzten Auftritte sei, beantwortete sie knapp mit: „Genau.“

Letzter Auftritt: Rendi-Wagner im Parlament

Bei einer Kampfabstimmung in der SPÖ soll sich nun entscheiden, ob der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil oder Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler Parteichef wird. Pamela Rendi-Wagner hatte am Dienstag ihren Rückzug angekündigt.

FPÖ wirft Regierung Untätigkeit vor

In einer Aktuellen Stunde der FPÖ attackierte Dagmar Belakowitsch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), dem sie Untätigkeit vorwarf. Erneut forderten die Freiheitlichen auch einen Stopp der Russland-Sanktionen. Neben deren Nähe zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin monierten die übrigen Parteien das Fehlen von FPÖ-Chef Herbert Kickl, der die Aktuelle Stunde verlangt hatte.

Der Bundeskanzler sei nicht willens, das Thema Teuerung „zur Chefsache zu erklären“, meinte Belakowitsch. Die Ursachen für die „enorme Inflation“ sieht sie etwa bei den Coronavirus-Lockdowns, in denen die „Wirtschaftsleistung kaputtgemacht“ worden sei. Nicht Russland, sondern die österreichische Bevölkerung leide außerdem unter den Sanktionen, die wegen des Krieges in der Ukraine verhängt wurden. Auch die „grüne Inflation“ müsse man stoppen, kritisierte Belakowitsch das „Verteufeln“ von Kohle und Gas und die CO2-Abgabe.

Nehammer: Kein Thema für Polemik

Jene, die arbeiten, seien besser vor Armut geschützt als jene, die nicht arbeiten, erwiderte der Kanzler. Die Strompreise seien zurückgegangen, die neuen Preise würden aber nicht an die Kunden weitergegeben. Nehammer betonte die beschlossene Stromkostenbremse sowie die am Donnerstag auf der Tagesordnung des Nationalrats stehende Erhöhung der Übergewinnbesteuerung.

Der Kampf gegen Inflation und Teuerung eigne sich nicht für Polemik, da einfache Lösungen nicht greifen würden, gab sich der Kanzler betont sachlich. An der Unterstützung für die Ukraine hielt er fest – es gebe eine Invasion, einen Aggressor und ein Opfer, „an den Tatsachen soll man nicht rütteln“. Die Gasspeicher seien zu 75 Prozent gefüllt, für den nächsten Winter werde vorgesorgt.

Nehammer und Barbara Neßler (Grüne) verwiesen auf das Paket gegen Kinderarmut, das schlechter gestellten Familien pro Kind 60 Euro im Monat bieten soll.

Nach der FPÖ-Forderung nach einem Ende der Sanktionen gegen Russland erklärten die Abgeordneten Christian Stocker (ÖVP), Jörg Leichtfried (SPÖ) und Neßler die FPÖ zur „Putinversteherin“. Sie habe kein Verständnis für die Verschleppung von Kindern, sagte Neßler an die Freiheitlichen gerichtet.

NEOS: Maßnahmen nicht zielgerichtet

NEOS-Mandatar Gerald Loacker kritisierte etwa, dass die Inflation durch wenig zielgerichtete Hilfen befeuert worden sei. Leichtfried wiederum stieß sich an der Erhöhung der CO2-Steuer in Zeiten der Teuerung sowie an der „Blockade“ von Vorschlägen der Sozialdemokratie, u. a. zur Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel.

In einer Aktuellen Europastunde zum Thema Sicherheit von NEOS („Auf in die Vereinigten Staaten von Europa“) drängte Klubchefin Beate Meinl-Reisinger auf eine Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip in außen- und sicherheitspolitischen Fragen.

Debatte über Bargeld-Volksbegehren

Behandelt wurde auch das von 530.938 Menschen unterschriebene Volksbegehren „Für uneingeschränkte Bargeldzahlung“. Die Initiative will das Bargeld vor dem Hintergrund der Digitalisierung und der auf EU-Ebene diskutierten Bargeldobergrenzen in der Verfassung verankern.

Es gebe nur Argumente, die für eine Absicherung und Beibehaltung sprechen, meinte Peter Haubner (ÖVP) – Bargeld sei sicher und schütze die Privatsphäre. Zustimmend äußerten sich auch SPÖ, FPÖ und NEOS, während die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli dafür plädierte, eine Obergrenze nicht mit der Abschaffung des Bargelds zu verwechseln. Kriminelle würden Bargeld lieben, erinnerte sie an die Gefahr von Geldwäsche.