Karmasin-Prozess: Verteidiger und WKStA erwägen Rechtsmittel

Nach der Verurteilung der ehemaligen ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin zu 15 Monaten bedingter Haft wegen Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen und einem Freispruch für die Ex-Politikerin vom schweren Betrug im Zusammenhang mit dem Weiterbezug ihres Ministergehalts ist offen, ob dagegen Rechtsmittel eingelegt werden. Die Verteidiger haben diesbezüglich noch keine Entscheidung getroffen, teilte Philipp Wolm, einer der Rechtsvertreter Karmasins, mit.

WKStA „in Abstimmung mit den Oberbehörden“

Seitens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hieß es heute auf APA-Anfrage, man befinde sich hinsichtlich allfälliger Rechtsmittel bereits „in Abstimmung mit den Oberbehörden“. Es handle sich um einen berichtspflichtigen Akt, das weitere Vorgehen werde nun mit den vorgesetzten Behörden – der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und dem Justizministerium – geklärt, erläuterte eine WKStA-Sprecherin. Für das Einbringen von Rechtsmitteln haben Verteidigung und Anklagebehörde drei Tage und somit bis Freitag Zeit.

Diskussion über Rechtsinstitut der tätigen Reue

An sich käme es nicht überraschend, würde die WKStA zumindest den Freispruch Karmasins vom Betrugsvorwurf bekämpfen. Denn im Unterschied zur Anklagebehörde billigte der Schöffensenat der Ex-Politikerin tätige Reue im Sinne des § 167 Abs 2 StGB zu.

Für das Gericht war es zwar „zweifellos erwiesen“ und „eindeutig dokumentiert“, dass sich Karmasin nach ihrem Ausscheiden aus dem Ministeramt mit Anfang Dezember 2017 ungeachtet der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit „mit voller Absicht“ ihre Fortbezüge bis Ende Mai 2018 erschlichen hatte.

Die erste Instanz kam aber zum Schluss, dass die Strafbarkeit des Betrugs aufgehoben war, weil der Ex-Ministerin zugebilligt werden musste, den angerichteten Schaden vollständig, rechtzeitig und freiwillig gutgemacht zu haben, bevor die Strafverfolgungsbehörden von Karmasins Verschulden Kenntnis erlangt hatten.