Ein Polizist geht in Kiew nach russischen Angriffen zwischen zerstörten und mit Asche bedeckten Autos vorbei
AP/Roman Hrytsyna
Luftalarm

Angriffe auf Kiew und Drohnen über Moskau

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat es am Dienstag die dritte Nacht in Folge Luftalarm und Explosionen gegeben. Luftangriffe meldete die ukrainische Armee auch aus dem Norden und Zentrum des Landes. Über Moskau wurden nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums mehrere Drohnen abgeschossen. Russland warf der Ukraine einen „Terrorakt“ vor.

Moskau machte Kiew für den mutmaßlichen Angriff auf die russische Hauptstadt verantwortlich. „Heute Früh hat das Kiewer Regime einen Terrorakt mit unbemannten Flugkörpern auf Objekte der Stadt Moskau verübt“, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Dienstag mit. Insgesamt seien acht Drohnen über der Stadt in der Luft gewesen, drei davon seien aus ihrer Flugbahn abgelenkt, fünf von der russischen Luftabwehr abgeschossen worden, hieß es.

Belege für die Vorwürfe gegen Kiew legte Moskau nicht vor. Die Ukraine wies eine Beteiligung an dem Drohnenangriff zurück und reagierte mit Spott. „Natürlich sind wir nicht direkt daran beteiligt“, sagte der Berater des Präsidentenbüros in Kiew, Mychailo Podoljak, im Frühstücksradio des kremlkritischen russischen Journalisten Alexander Pljuschtschew.

Angriff galt laut Putin zivilen Zielen

Gleichzeitig prognostizierte der ukrainische Regierungsberater, dass die Zahl der Anschläge auf russischem Staatsgebiet wohl weiter zunehmen werde. „Alle Menschen, die glauben (…), dass sie einen anderen souveränen Staat absolut straflos zerstören können, haben nach 15 Monaten noch nicht verstanden, dass sie 2014 nicht wiederholen können.“ Damals hatte Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektiert.

Nach Darstellung des russichen Präsidenten Wladimir Putin galt der Angriff zivilen Zielen. Die Luftverteidigung habe gut funktioniert, sagte er. Man werde jedoch die Flugabwehr in Moskau verstärken. Die Absicht der Urheber des Angriffes sei es, Russland zu provozieren.

Gerüchte über bis zu 25 Drohnen

Zuvor hatte Dienstagfrüh Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin berichtet, dass seine Stadt in den frühen Morgenstunden von Drohnen angegriffen worden sei. Einige Wohngebäude seien geringfügig beschädigt und zwei Menschen leicht verletzt worden, schrieb er. In sozialen Netzwerken war von angeblich rund 25 unbemannten Flugkörpern die Rede, die in Richtung Moskau geflogen sein sollen.

Ein Gebäude in Moskau das von einer mutmaßlich ukrainischen Drohne getroffen wurde
AP
Dieses Gebäude in Moskau soll bei dem Drohnenangriff beschädigt worden sein

Der wohl spektakulärste Vorfall bisher ereignete sich Anfang Mai, als unmittelbar über dem Kreml zwei Drohnen abgeschossen wurden. Moskau machte für den angeblichen Anschlagsversuch auf Präsident Wladimir Putin die Führung in Kiew verantwortlich und sprach auch damals von „Terror“. Die Ukraine wies die Verantwortung für den Vorfall zurück. Moskau wurde auch eine mögliche Inszenierung des Angriffs auf den Kreml als Rechtfertigung für Angriffe in der Ukraine vorgeworfen.

Angriffe auf Kiew über ganzes Pfingstwochenende

In Kiew sprach Bürgermeister Vitali Klitschko nach dem Luftalarm in der Nacht und Explosionen in der Stadt von einem „massiven Angriff“. Die Luftabwehrsysteme in Kiew funktionierten, teilte die Militärverwaltung der Stadt mit. Schon am Pfingstwochenende hatte die ukrainische Armee von starken russischen Angriffen und dem Abschuss zahlreicher Raketen und Drohnen berichtet.

Menschen auf dem Dach eines von russischen Drohnen zerstörten Hauses in Kiew in der Ukraine
APA/AFP/Sergei Supinsky
Bilder der Zerstörung nach russischen Angriffen auf Kiew

In der Nacht auf Dienstag hätten herabfallende Trümmer einer zerstörten russischen Drohne oder Rakete nach Klitschkos Angaben einen Brand in einem Hochhaus in Kiew ausgelöst. Das Gebäude wurde evakuiert. Herabfallende Trümmer trafen mehrere Stadtteile der ukrainischen Hauptstadt, darunter die historischen Viertel Podil und Petscherskyj.

„Russland muss und wird diesen Krieg verlieren“

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow bezeichnete währenddessen die Niederlage Russlands als wichtigstes Ziel der bevorstehenden Gegenoffensive seines Landes. „Wir müssen die Gewissheit der Russen erschüttern, dass sie diesen Krieg gewinnen können. Russland muss und wird diesen Krieg verlieren“, sagte Resnikow gegenüber mehreren deutschen und französischen Medien.

„Wir werden alle vorübergehend besetzten Gebiete der Ukraine befreien, bis wir die international anerkannten Grenzen von 1991 wiederhergestellt haben.“ Das schließe die Halbinsel Krim ebenso ein wie die Gebiete Luhansk und Donezk. Resnikow sieht für die Ukraine reelle militärische Fortschritte im Sommer. „Und zwar an zwei oder drei Stellen des Schlachtfeldes, im Süden wie im Osten. Es wird neue Fluchtwellen von russischen Soldaten auf unserem Territorium geben“, sagte er.

Drängen auf Lieferung von Kampfjets

Vor diesem Hintergrund drängt die Ukraine weiter auf die Lieferung von Kampfjets zur Luftverteidigung. „Wenn Großbritannien und Deutschland ihre Kapazitäten beim Eurofighter zusammenlegen würden, wäre das ein wichtiger Schritt“, sagte Resnikow.

Angriffe auf Kiew und Moskau

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew sowie in der Zentral- und Nordukraine hat es in der Nacht auf Dienstag erneut Luftalarm gegeben. Auch über Moskau wurden nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums mehrere Drohnen abgeschossen.

„Es gibt ja bereits eine internationale Koalition aus Kampfpanzern mit dem Kernmodell des deutschen Leopard 2 sowie amerikanischen Abrams und britischen Challengern. Genauso könnten wir eine Kampfjetkoalition mit dem Kernmodell F-16 sowie Eurofightern und Gripen bilden“, so der ukrainische Minister.

Gripen werden vom schwedischen Unternehmen Saab produziert. „Zunächst würden wir es aber begrüßen, wenn Deutschland bei der Ausbildung unserer Piloten auf Eurofightern mitmachen würde.“ Großbritannien, das eine Ausbildung angeboten hat, verfügt wie Deutschland nicht über die von der Ukraine gewünschten F-16-Kampfjets.