Ein Jugendlicher bietet einer Jugendlichen eine Zigarette an
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Seit CoV-Pandemie

Junge in Österreich rauchen mehr

Laut einer österreichweiten Studie der Gesundheit Österreich (GÖG) mit 6.700 Befragten haben seit Beginn der CoV-Pandemie junge Menschen wieder vermehrt zu Zigarette, Zigarre oder Pfeife gegriffen. Davor war die Zahl der Rauchenden jahrelang rückläufig gewesen. Die Expertin Waltraud Posch warnte unterdessen anlässlich des Weltnichtrauchertags davor, dass derzeit beliebte Alternativen wie E-Zigaretten für Jugendliche besonders oft zur „Einstiegsdroge“ werden. Sie und andere Fachleute drängen vor allem auf eine Reform des Tabakgesetzes.

Da die Auswertung der Befragung noch nicht fertiggestellt sei, könne man auch nicht eindeutig sagen, ob es sich um einen vorübergehenden „Ausreißer“ oder einen längerfristigen Trend handelt, so die GÖG gegenüber ORF.at. Die konkreten Zahlen für ganz Österreich werden wohl erst in einigen Wochen veröffentlicht werden. Für Wien wurden die Zahlen der Befragung von der Sucht- und Drogenkoordinationsstelle bereits veröffentlicht. Demnach veränderte sich die Gesamtzahl derjenigen, die täglich rauchen, gegenüber der Zeit vor der Pandemie kaum.

Bei den 15- bis 34-Jährigen stieg die Zahl allerdings mit 18 Prozent der Befragten während der CoV-Pandemie an und setzte sich auch nach der Befragung weiter fort. Damit rückten die Zahlen vom langfristigen Trend ab – denn in den vergangenen Jahrzehnten konnte ein kontinuierlicher Rückgang festgestellt werden – mehr dazu in wien.ORF.at.

„Natürlich keine Entwöhnung“

Die GÖG betont allerdings, dass diese Zahlen eben noch mit Vorsicht zu betrachten seien. Man könne vor Ende der Auswertung noch nicht eindeutig sagen, ob es sich um einen pandemiebedingten Ausreißer oder einen anhaltenden Trend handelt. Für die Expertin Waltraud Posch, von der steirischen Suchtpräventionsstelle Vivid, ist aber klar, dass insbesondere die neueren Produkte wie E-Zigaretten und Nikotinbeutel ein großes Thema gerade bei den Jungen sind.

Für diese würden diese Produkte besonders häufig zur „Einstiegsdroge“. Denn diese Produkte würden zwar gern als „Hilfe bei der Entwöhnung“ vermarktet, tatsächlich sei aber „ein Umstieg natürlich keine Entwöhnung“. Vor allem die bunten Einweg-E-Zigaretten, die relativ neu auf dem Markt seien, so Bosch gegenüber Ö1, würden die Jungen sehr ansprechen. Das Gleiche gelte für Nikotinbeutel, da man diese unbemerkt – etwa in der Schule – konsumieren könne.

Als „wirksamste Maßnahme“ plädierte Posch für eine Erhöhung der Tabaksteuer um fünf bis zehn Prozent. Internationale Studien hätten gezeigt, dass man damit einen Konsumrückgang um fünf Prozent erreichen könne, so Bosch. Fachleute drängen zudem auf den Beschluss einer seit einem Jahr fertigen, aber bisher nicht beschlossenen Novelle des Tabakgesetzes. Damit sollen Nikotinbeutel auch von den dort festgeschriebenen Auflagen – etwa einem Werbeverbot – erfasst werden.

Krisen, Ängste, Nachahmung

Für Lochner ist der Anstieg teilweise „auf den Probierkonsum, der unter jungen Menschen stärker verbreitet ist, zurückzuführen“. Man sehe aber auch einen deutlich höheren täglichen oder fast täglichen Zigarettenkonsum bei denjenigen, die durch Pandemie und andere Krisen besonders belastet sind. „Und jüngere Menschen zählen eindeutig zu diesem Personenkreis“, so Lochner.

Auch in Deutschland ist die Zahl junger Raucherinnen und Raucher laut einer Studie der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) im Vergleich zur Zeit vor der CoV-Pandemie gestiegen – und zwar um gleich 83 Prozent. Demnach geben nun elf Prozent der 16- bis 29-Jährigen an, dass sie regelmäßig rauchen. 2020 seien das nur sechs Prozent gewesen, berichteten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Als mögliche Gründe für die deutliche Zunahme nannte auch die KKH die CoV-Pandemie und Ängste, Frust und Einsamkeit, die während dieser Zeit bei vielen auftraten. Viele jüngere Menschen würden aber auch zur Zigarette greifen, weil ihre Freundinnen und Freunde oder Bekannte im gleichen Alter das tun würden.

Zahl der Raucher gestiegen

Eine neue Umfrage der Gesundheit Österreich macht deutlich, dass die Zahl der Raucherinnen und Raucher in Österreich seit der Pandemie gewachsen ist. Die Ursachen sind unterschiedlich.

Tabakindustrie sattelt um

Auch wenn der Tabakkonsum weltweit stagniert bzw. rückläufig ist, ist es laut Einschätzungen des Tobacco Atlas keineswegs ausgemacht, dass die Tabakindustrie dem Niedergang geweiht ist. In reichen Ländern hat die Branche ihr Angebot längst erweitert, insbesondere durch E-Zigaretten.

Der weltweit größte Hersteller von Tabakprodukten Philip Morris International gab zum Weltrauchertag an, irgendwann ganz aus dem Verkauf klassischer Zigaretten aussteigen zu wollen. Einen Zeitpunkt dafür nennt der Konzern freilich nicht. Philip Morris wolle ganz auf „risikoreduzierte Produkte“ setzen, wie der für Deutschland und Österreich zuständige Manager Markus Essing E-Zigaretten in einem Interview mit der Tageszeitung „Welt“ nennt.

Anstieg bei E-Zigaretten

Das ist kein Zufall. Denn in diesem Bereich liegen offenbar die großen Wachstumschancen: Eine erhöhte Nachfrage nach elektronischen Inhalationsprodukten lässt sich auch in der österreichischen Studie beobachten. Im Vergleich zu allen Altersgruppen, ist der Konsum von E-Zigaretten, E-Shishas oder E-Pfeifen bei den Jüngeren in der Wiener Bevölkerung mit Abstand am höchsten. Neun Prozent der 15- bis 34-Jährigen geben an, dass sie täglich elektronische Inhalationsprodukte konsumieren, elf Prozent tun das gelegentlich.

Junger Mann mit E-Zigarette
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Neun Prozent der jüngeren Wienerinnen und Wiener konsumieren täglich elektronische Inhalationsprodukte wie E-Zigaretten

Obwohl E-Zigaretten und dergleichen in der Fachwelt umstritten sind, sprachen sich zuletzt Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DDG) für E-Zigaretten als Mittel zur Raucherentwöhnung aus und verwiesen dabei auf aktuelle internationale Studienergebnisse. Und Schweden geht seit Jahren den Weg, klassisches Rauchen durch E-Zigaretten, Nikotinbeutel und Ähnliches zu ersetzen. So wurde laut Eurostat-Zahlen die Raucherquote von 15 Prozent auf 6,4 Prozent im Jahr 2019 gesenkt.

ÖGK: E-Zigaretten keine Lifestyle-Produkte

Kritisch sehen einen solchen Zugang nicht nur Suchtgiftexperten, die vor der weiter bestehenden Abhängigkeit von Nikotin und damit verbundenen Folgen warnen, sondern unter anderem auch der Obmannstellvertreter der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss. „Die Tabakindustrie wolle offenbar via E-Zigaretten & Co. einfach die herkömmlichen Zigaretten durch andere Produkte ersetzen“, sagte Huss.

Leider würden diese Produkte breit beworben und als Lifestyle-Produkte angesehen. Auch diese Produkte könnten süchtig machen. Das oberste Ziel müsse sein, dass die Politik gesundheitsschädliches Verhalten anspreche und den Zugang zu schädlichen Produkten erschwere, so Huss.