Grüne Wiese, dahinter Regenbogen
IMAGO/imagebroker/Christian Handl
Nass, trüb, warm

Kein Frühling „wie damals“

Nach einem ungewöhnlich warmen und trockenen Winter war das Frühjahr vergleichsweise kühl und nass – das zeigen Vergleichsdaten der letzten 30 Jahre. So haben auch zwei Italien-Tiefs die Trockenheit im Osten wieder etwas beruhigt. Doch ein Blick auf ältere Klimaperioden verdeutlicht, dass das Gefühl, es handle sich um einen Frühling „wie damals“, trügt: Es war trotzdem zu warm.

Von einem „milden März“ sowie einem „relativ kühlen April und Mai“ schreibt die GeoSphere Austria in ihrer Frühlingsbilanz. Insgesamt liege der Frühling 2023 ungefähr im Durchschnitt der jüngeren Vergangenheit – sei gleichzeitig aber deutlich wärmer als ein Frühling in früheren Jahrzehnten gewesen.

Im Tiefland war es in Österreich rund 0,1 Grad Celsius kühler als im Schnitt von 1991 bis 2020, auf den Bergen um 0,3 Grad. Der Vergleich zum Schnitt von 1961 bis 1990 fällt allerdings anders aus: Hier war es im Tiefland um 1,3 Grad wärmer, auf den Bergen um 1,1 Grad.

Karte zur Abweichung der Temperatur im Frühling 2023 im Vergleich zur Klimaperiode 1961 bis 1990
Karte zur Abweichung der Temperatur im Frühling 2023 im Vergleich zur Klimaperiode 1991 bis 2020
GeoSphere Austria GeoSphere Austria
Temperaturabweichung im Frühling 2023 (1.3. bis 31.5.) nach Klimaperiode in Grad Celsius

Regional zeigen sich durchaus Unterschiede in der Temperaturentwicklung. So war es im April in Innsbruck um rund 1,5 Grad kühler als im Schnitt von 1991 bis 2020, in Wien sogar um 2,3 Grad. Im Vergleich zu 1961 bis 1990 war es in Innsbruck um 0,1 Grad wärmer, in Wien trotzdem um 1,1 Grad kühler.

Eine Analyse der Wetterstationen aller Landeshauptstädte zeigt einen einheitlichen Trend: Im Vergleich der letzten Jahre war der Frühling zwar etwas kühler, aber das langfristige Temperaturmittel wurde heuer deutlich überschritten.

Eher ungewöhnlich für das aktuelle Klima sei laut GeoSphere Austria allerdings, dass in diesem Mai die 30-Grad-Marke nicht erreicht wurde. „Das kam in den letzten 30 Jahren nur ungefähr alle fünf Jahre vor“, so Orlik. Im Zeitraum 1961 bis 1990 hingegen habe es durchschnittlich jeden zweiten Mai keinen 30-Grad-Tag gegeben.

Um zu sehen, was sich getan habe, werde in Klimastatusberichten stets 1961 bis 1990 als Vergleichszeitraum herangezogen, so Alexander Orlik von der GeoSphere Austria gegenüber ORF.at. „1961 bis 1990 ist noch eine Periode, die relativ unbeeinflusst vom menschengemachten Klimawandel ist“.

„Erlebtes“ Klima und klimatologische Einordnung

Allgemein handelt es sich bei einer Klimaperiode immer um einen Zeitraum von 30 Jahren, mit Hilfe dessen eine statistisch belastbare Beschreibung des Klimas im Mittel berechnet wird. Die Weltorganisation der Meteorologie (WMO) definierte 1901 bis 1930 als erste Klimanormalperiode, die aktuellste Referenzperiode ist 1991 bis 2020.

Für das Beschreiben des gegenwärtigen Klimas empfiehlt die WMO, diese Klimaperiode heranzuziehen. Zudem entsprechen die letzten 30 Jahre dem „erlebten“ Klima, das die Menschen besser in Erinnerung haben.

Langfristige klimatologische Entwicklungen werden hingegen mit der Klimaperiode 1961 bis 1990 verglichen, da zu dieser Zeit weniger Extremwerte im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung enthalten sind. Dieser Zeitraum stellt einen stabileren Vergleichszeitraum dar. „Langfristig sehen wir in der Klimaentwicklung eine relativ konstante Entwicklung für 200 Jahre. Seit den 1970er Jahren steigt die Temperatur deutlich“, so auch Orlik.

Trockenheit und Starkregen

Auch in Bezug auf die Niederschlagsentwicklung und die räumliche Verteilung von Niederschlägen, sind Änderungen zu beobachten. Nach einigen Monaten anhaltender Trockenheit brachte der Frühling 2023 überdurchschnittlich viel Regen. Die Niederschlagsmenge lag österreichweit sowohl im Vergleich zu 1991 bis 2020 als auch 1961 bis 1990 rund 21 Prozent über dem Mittel. Das sei der „nasseste Frühling seit dem Jahr 2006“ gewesen, heißt es in der Frühlingsbilanz.

Karte zur Abweichung des Niederschlags im Frühling 2023 im Vergleich zur Klimaperiode 1961 bis 1990
Karte zur Abweichung des Niederschlags im Frühling 2023 im Vergleich zur Klimaperiode 1991 bis 2020
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Niederschlagsabweichung im Frühling 2023 (1.3. bis 31.5.) nach Klimaperiode in Prozent

Trotzdem verteilten sich die Niederschläge unterschiedlich. Besonders nass war es heuer in Vorarlberg (plus 50 Prozent im Vergleich zu 1991 bis 2020) und dem Burgenland (plus 48). Vergleichsweise trocken war es in Oberösterreich (plus 10), Wien (plus 16) sowie der Steiermark (plus 17) und Kärnten (plus 18).

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver.

In manchen Teilen Österreichs kam es durch den Regen aber auch zu Überschwemmungen. Das Plus an Niederschlag brachte vor allem dem trockenen Osten wiederum auch etwas Erholung. Besonders in Kombination mit den wenigen Sonnenstunden konnte so das Wasser, bevor es verdunstet, in den Boden sickern.

Denn im Flächenmittel gab es rund 22 Prozent weniger Sonnenstunden als in jüngster Vergangenheit. Somit war das Frühjahr heuer das sonnenärmste seit 1991, die Sonnenscheindauer war in allen drei Monaten unterdurchschnittlich.

Für den Sommer bedeutet die positive Niederschlagsbilanz günstige Voraussetzungen. Auch für die Grundwasserstände brachte der Frühling etwas Erholung, wenngleich die Auswirkungen hier langsamer zu beobachten sind. Vor allem große Grundwasserkörper mit großer Speicherfähigkeit im Osten benötigen noch mehr Regen, um das mittlere Niveau zu erreichen.