OMV-Hauptversammlung stimmt über Entlastung von Seele ab

Aktivisten und Aktivistinnen haben unter Buh- und „Raus“-Rufen anderer Aktionäre den Beginn der OMV-Hauptversammlung heute für mehrere Minuten gestört. Sie kritisierten, dass die OMV im Vorjahr 5,2 Mrd. Euro Gewinn schrieb, während sich viele Menschen das Heizen nicht mehr leisten könnten und forderten den Ausstieg aus Öl und Gas. Aufsichtsratschef Mark Garrett verwies auf die Redezeit, die jedem Aktionär zusteht. Bei der zweiten Störung wurden die jungen Menschen des Saals verwiesen.

Die OMV-Aktionäre stimmen heute auch darüber ab, ob sie Ex-Vorstandschef Rainer Seele die Entlastung erteilen. Die Stimmen der beiden Kernaktionäre – der Staatsholding ÖBAG und des staatlichen Ölkonzerns von Abu Dhabi ADNOC – reichen dafür aus. Im Vorjahr war Seele das Misstrauen ausgesprochen worden. Nach einer Sonderprüfung, die kein „einklagbares Fehlverhalten“ ergab, empfahl der Aufsichtsrat aber die Entlastung.

Mögliche Verstöße gegen Compliance

Seele wird unter anderem vorgeworfen, mehrfach gegen die Compliance-Regeln des Konzerns verstoßen sowie die OMV zu sehr an Russland gebunden zu haben. OMV-Chef Alfred Stern verteidigte Seeles strategische Weichenstellungen. Er sein „kein Fan davon, den Rainer Seele jetzt dafür zu verurteilen, dass er das gemacht hat. Weil zu dem Zeitpunkt waren das betriebswirtschaftlich gesehen vernünftige Entscheidungen.“

Diese Entscheidungen habe Seele auch nicht alleine getroffen. „Im Nachhinein muss man sagen: Wir haben das geopolitische Risiko dort massiv unterschätzt“, sagte Stern in einem APA-Interview im Vorfeld der Hauptversammlung.

Für Florian Beckermann vom Interessenverband für Anleger (IVA) ist die Affäre um Seele noch nicht erledigt. „Meine Damen und Herren, wenn jetzt entlastet wird, heißt das: Bei diesem Syndikat kommt man mit Compliance-Verstößen davon“, sagte Beckermann in seiner Wortmeldung. Es sei ein schlechtes Sittenbild für die Syndikatspartner, die Staatsholding ÖBAG und ADNOC.