Der Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil
APA/Helmut Fohringer
SPÖ-Parteitag

Rededuell macht Unterschiede klar

Am außerordentlichen SPÖ-Parteitag haben die Bewerber um den Chefsessel, Hans Peter Doskozil und Andreas Babler, am Samstag ein letztes Mal um Stimmen geworben. Während sich Doskozil staatstragend zeigte und auf eigene Erfolge im Burgenland verwies, betonte Babler eine kämpferische SPÖ, die auf die eigenen Werte setzen müsse. Stehende Ovationen gab es für beide Kandidaten – und für die scheidende, aber abwesende Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner.

Nach einem wochenlangen Prozess soll am Samstag in Linz ein Schlussstrich unter die Vorsitzsuche der SPÖ gezogen werden. 603 Delegierte können den burgenländischen Landeshauptmann Doskozil oder den Traiskirchner Bürgermeister Babler auf den Chefsessel hieven.

Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner hatte infolge von Platz drei bei einer Mitgliederbefragung ihren Rückzug erklärt. Sie ist am Parteitag nicht anwesend, wurde aber mit stehender Ovation verabschiedet. Als Dritter hat sich das „einfache“ Parteimitglied Berthold Felber beworben. Wer ihn wählen will, müsste die beiden anderen Namen auf dem Stimmzettel durchstreichen und Felbers Namen dazuschreiben.

Doskozil verweist auf das Burgenland

Doskozil erwähnte in seiner Rede besonders die Landespolitik im Burgenland, wo die SPÖ mit absoluter Mehrheit regiert. Er sprach den Mindestlohn im öffentlichen Dienst an, den man umgesetzt hat. „Das oberste Ziel muss es sein, dass die Menschen mehr Geld bekommen.“ Bei dieser Frage dürfe sich die Partei nicht spalten lassen. Auch das Thema Pflege wurde angesprochen: „Warum muss eine Aktiengesellschaft ein Pflegeheim betreiben?“, fragte sich der Landeshauptmann. Pflege dürfe „nur gemeinnützig vonstattengehen“.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil
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Doskozil verwies auf Projekte im Burgenland

Dass der Trend im Gesundheitsbereich Richtung Privatisierung geht, dürfe nicht toleriert werden. Man zahle Steuern und „für jede einzelne Leistung noch einmal“, weil es mittlerweile „mehr Wahlärzte als Kassenärzte“ gebe, so Doskozil. Es dürfe auch nicht sein, dass die Ärztekammer bestimme, ob ein Wochenenddienst gemacht wird oder nicht. Jemand, der in Österreich Medizin studiert, müsse auch eine Zeit lang in Österreich tätig sein. Nur eine kurze Erwähnung wert waren die Themen Klimaschutz und Migration.

Doskozil sagte außerdem, dass er gegen das Reißverschlusssystem und Quoten sei. Es sei ein Problem, wenn Frauen dann nur darauf reduziert werden. In seinem politischen Umfeld seien alle Frauen „bestens qualifiziert“. Auch die Medienpolitik streifte er kurz an. Er werde einem „gewissen Medium“ – wohl „Österreich“ – weiter keine Interviews und Inserate geben.

Am Ende betonte der Landeshauptmann, dass er das Ergebnis respektieren werde. Zuletzt versprach er, dass trotz vergangener Operationen „die Stimme funktioniert“. Weitere stünden nicht im Raum, ausschließen könne er sie aber nicht, sagte er, bevor Doskozil mit „es lebe die österreichische Sozialdemokratie, Freundschaft!“ endete.

Babler betont: „Keine Bittsteller“

Babler sparte bei seiner Rede nicht mit Pathos. Er erinnerte an seine eigene Vergangenheit bei den Kinderfreunden und im Semperit-Werk. Er verwies auf den Kern der SPÖ als Arbeiterbewegung. Die Sozialdemokraten müssten wieder ein Gegenmodell sein für jene, die jetzt in die Rolle der Bittsteller geraten seien. Mit Einmalzahlungen mache die ÖVP-Grünen-Regierung die Bevölkerung zu Bittstellern. Der Traiskirchner Bürgermeister möchte keinen gesetzlichen Mindestlohn, sondern baut weiterhin auf die Sozialpartner und den Kollektivvertrag.

Der Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler
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Babler betonte, dass es keine Bittsteller mehr geben darf

Besonders viel Platz nahmen die Arbeitszeitverkürzung und gleicher Lohn für gleiche Arbeit ein. Die Frau, die neben ihm in der Fabrik stand, habe die gleiche Arbeit geleistet wie er, aber um ein Drittel weniger verdient. „Das müssen wir endgültig beseitigen“, sagte Babler. Auch in Sachen Klimakrise dürfe man kein Bittsteller sein. Die obersten zehn Prozent seien die größten Klimasünder, das sei eine „knallharte Verteilungsfrage“. Das Thema fand ebenfalls nur eine kurze Erwähnung in der langen Rede.

Babler kam noch auf Kinderrechte zu sprechen, denn auch „Kinder dürfen keine Bittsteller sein“. Es bedarf einer Kindergrundsicherung, so der Kandidat. Er werde sich auch weiterhin für die Einführung von Vermögenssteuern einsetzen. „Ich werde immer diese Frage zurückweisen, wie etwas bezahlt werden soll“, sagte er. Die Vermögenssteuer sei eine Koalitionsbedingung, blickte Babler bereits auf die Zeit nach einer Nationalratswahl.

Dass seine Visionen oft für Träumereien gehalten werden, findet der Traiskirchner Bürgermeister nicht weiter schlimm. „Aber Träumer ist für mich ein anderes Wort für Sozialdemokrat“, sagte er. Er wolle auch nicht „rechts blinken“. Er zitierte den früheren niederländischen Fußballer Johan Cruyff: „Wenn wir den Ball haben, dann schießt der Gegner kein Tor.“ Wenn die FPÖ kein Tor schießt, werde die SPÖ gewinnen.

Rendi-Wagner verabschiedet sich über Facebook

Die scheidende Parteichefin Rendi-Wagner verabschiedete sich über ein Facebook-Posting, in dem sie noch einmal indirekt ihre Demontage beklagte. Mit einer konstruktiven und verantwortungsvollen Opposition habe man große Zustimmung in der Bevölkerung geerntet: „Es wäre meiner Meinung nach sinnvoll gewesen, diesen Weg fortzusetzen, aber es kam anders.“ Die Auseinandersetzung mit der politischen Rechten müsse geschlossen und geeint geführt werden. Dem neuen Vorsitzenden wünschte sie „Kraft“ für dessen Aufgabe und der SPÖ zur führenden politischen Kraft im Land zu werden.

In Linz sprach ihr der ebenfalls scheidende Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch den Dank der Partei ob ihres Mutes und ihres Verantwortungsbewusstseins aus. Rendi-Wagner war nicht die einzige, die auf eine Reise nach Linz verzichtete. Auch sonst fand sich kein ehemaliger Parteichef bei der Veranstaltung ein. Stark vertreten waren nur ehemalige Regierungsmitglieder von Karl Schlögl bis Maria Berger.

Von den beiden Kandidaten war Babler früher in Linz eingetroffen, begleitet unter anderem von seiner Frau. Doskozil kam danach, umringt von seinem Team. Als Zeichen des Fairplay gab es einen Handschlag. Der Gastgeber des Parteitags, der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, hatte in seiner Eröffnungsrede die Zusammenarbeit trotz aller Differenzen betont. „Wir haben heute eine Personalentscheidung zu treffen. Wir haben eine strategische Weichenstellung zu treffen."

Offenes Rennen

Das Rennen um die Parteispitze gilt als ziemlich offen. Doskozil hat bei der Mitgliederbefragung Platz eins geholt und weiß auch den Großteil der Länderorganisationen hinter sich. Babler dürfte hingegen vor allem von der delegiertenstarken Wiener Landespartei und der Frauenorganisation große Zustimmung erfahren. Mitentscheidend könnte sein, für wen sich die Gewerkschafter mehrheitlich entscheiden.

Der Landeshauptmann gilt als Vertreter des rechten Flügels der Partei, vor allem in der Zuwanderungspolitik. Babler hingegen ist der Liebling der Parteilinken, hat aber zuletzt für Irritationen gesorgt, als ein Video aus dem Jahr 2020 bekanntwurde, in dem er die EU scharf attackierte.