Demonstranten stoßen in Leipzig mit Polizisten zusammen
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Krawalle in Leipzig

Dutzende Polizisten verletzt, 30 Festnahmen

Bei Ausschreitungen von Linksradikalen im deutschen Leipzig sind Polizeiangaben zufolge am Wochenende 50 Einsatzkräfte verletzt worden. Aufseiten der Demonstrierenden habe es auch Verletzte gegeben. Ermittelt werde unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs und Angriffen. Es habe fast 30 Festnahmen gegeben, bei denen nun Haftanträge geprüft werden.

Laut Polizeipräsident Rene Demmler wurden zwischen 40 und 50 Personen in Gewahrsam genommen und bis Sonntagmittag wieder entlassen. Gegen fünf Männer zwischen 20 und 32 Jahren wurden wegen der Krawalle in der Nacht auf Samstag Haftbefehle erlassen. Randaliert wurde im Zusammenhang mit Protesten gegen das Urteil gegen Lina E. wegen linksextremistischer Gewalttaten. In ganz Deutschland war der Samstag zu einem „Tag X“ der Proteste gegen das Urteil erklärt worden.

Zu den Krawallen kam es im Leipziger Stadtteil Connewitz. Es flogen Steine, Flaschen und ein Brandsatz auf Polizisten. Die Polizei sprach von „massiven Ausschreitungen“. Rund 1.500 Teilnehmer und Teilnehmerinnen hatten sich laut Polizei versammelt, davon der Einschätzung zufolge ein Drittel gewaltbereite. Angemeldet waren 100 Demonstrierende. Mehrere Wasserwerfer wurden aufgefahren, kamen aber nicht zum Einsatz.

Polizisten gehen in Leipzig an einer brennenden Barrikade vorbei
APA/Sebastian Willnow
Am Wochenende ist es in Leipzig zu Ausschreitungen gekommen

Einkesselung bis in die Morgenstunden

Die Polizei kesselte nach Angaben eines Sprechers 1.000 Menschen ein. Am Samstagabend wurde begonnen, deren Personalien aufzunehmen. Noch in den frühen Morgenstunden hielt die Polizei die Demonstrierenden fest. „Kurz nach 5.00 Uhr stellten die Bearbeitungstrupps die letzte Identität fest“, hieß es am Sonntagvormittag.

Für Sonntagabend wurde zu einer neuerlichen Kundgebung mit dem Titel „Demo gegen Polizeigewalt“ in Connewitz aufgerufen. Diese Demonstration wurde aber von der Stadt Leipzig untersagt. „Grund dafür sind die Erfahrungen von Samstagabend“, sagte ein Sprecher der Stadt. Eine für Samstag und Sonntag geltende Allgemeinverfügung verbietet Versammlungen, die einen Bezug zum Urteil gegen Lina E. haben. Die sächsischen Landtagsabgeordneten Juliane Nagel und Marco Böhme (beide Linke) bezeichneten das Verbot als „skandalös“.

Stadtverwaltung und Polizei verteidigten das Vorgehen am Samstag. „Wir müssen leider erleben, dass auch bei einer friedfertig angekündigten Demonstration sich Gewalttäter darunter mischen, dass sie instrumentalisiert wird und es im Ergebnis dann zu Gewaltausbrüchen kommt“, sagte Bürgermeister Burkhard Jung (SPD).

Es sei daher richtig gewesen, zwei andere Demonstrationen zuvor zu untersagen. Er dankte der Polizei für ihre Arbeit. So sei es möglich gewesen, trotz der „fürchterlichen Vorkommnisse“ die Stadt lebensfähig zu halten.

Kritik am Vorgehen der Polizei

Polizeipräsident Demmler sprach von „viel sinnloser, extremer Gewalt“. Es sei daher erforderlich gewesen, auch durch Stärke zu deeskalieren. Demmler betonte, dass keine Versammlung aufgelöst wurde. Es sei eine Stunde lang mit dem Versammlungsleiter versucht worden, eine stationäre Kundgebung zu erreichen.

Die Linke übte Kritik am Vorgehen der Polizei. So warf ihr Parlamentsgeschäftsführer im sächsischen Landtag, Marco Böhme, der Polizei auf Twitter vor, sie habe die Lage durch das „faktische Verbot“ eskalieren lassen. Zudem kritisierte er, dass die Eingekesselten teils über Stunden festsaßen. Die Polizei erklärte, alle betroffenen Personen würden versorgt. Es gebe auch die Möglichkeit, ein mobiles WC zu nutzen.

Neue Ausschreitungen in Leipzig

Nach dem Urteil gegen Lina E. wegen linksextremistischer Gewalttaten ist es in Leipzig erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstrierenden gekommen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, über der Stadt kreisten Hubschrauber, im Stadtteil Connewitz brannten Barrikaden.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Sebastian Fischer verteidigte den Einsatz: „Das Gewaltmonopol liegt beim Staat! Wer Gewalt ausübt, spürt die Konsequenzen“, so der Politiker via Twitter. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der mit Innenminister Armin Schuster (beide CDU) das Lagezentrum besucht hatte, dankte der Polizei für ihren Einsatz. „Das Ziel ist, Menschen und Sachwerte zu beschützen und Gewalttäter festzunehmen“, erklärte der CDU-Politiker am Nachmittag via Twitter.

Urteil gegen 28-Jährige

In linken Kreisen war bundesweit für die Demonstration am Samstag mobilisiert worden. Anlass war das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis, bei denen mehrere Menschen teils schwer verletzt worden waren. Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.

Bis zum Samstagnachmittag war die Lage zunächst friedlich geblieben. Trotz des endgültigen Verbots einer großen „Tag X“-Demonstration der linksradikalen Szene war die Polizei mit einem Großaufgebot in der Stadt präsent. Zudem fanden in der Stadt das Sachsenpokal-Finale, das Stadtfest und ein Konzert von Herbert Grönemeyer statt. Auf Zufahrtswegen in die Stadt und auf dem Bahnhof gab es den ganzen Tag Kontrollstellen.

Am frühen Samstagnachmittag brannten mehrere Fahrzeuge und Mülltonnen. Am späteren Abend mit Einbruch der Dunkelheit verlagerte sich der Protest nach Connewitz. Mehrere hundert Vermummte lieferten sich mit der Polizei ein Katz-und-Maus-Spiel. In dem Stadtteil im Leipziger Süden sollte am Samstagnachmittag eigentlich die „Tag X“-Demo stattfinden. Die Stadt hatte diese jedoch verboten, weil ein unfriedlicher Verlauf zu befürchten gewesen sei. Mehrere Gerichte bestätigten die Verbote.