Die Leiterin der SPÖ-Wahlkommission, Michaela Grubesa
APA/Roland Schlager
Auszählungsdebakel

SPÖ-Wahlleiterin Grubesa geht

Nach dem Auszählungsdebakel bei der SPÖ-Vorsitzwahl gibt es laut einem Medienbericht mit dem Rücktritt der Leiterin der Wahlkommission, Michaela Grubesa, erste personelle Konsequenzen. Die Wahlkommission ist derzeit dabei, die abgegebenen Stimmen der Vorsitzwahl des außerordentlichen Bundesparteitags erneut auszuzählen.

Auf Vorschlag des designierten Parteichefs Andreas Babler wurde ein Notar beigezogen, um die neue Auszählung zu begleiten und die Richtigkeit des Ergebnisses zu garantieren. Nach APA-Informationen habe Grubesa die in Wien laufende Sitzung der Wahlkommission verlassen, noch bevor diese zu Ende war. Zuvor hatte unter anderem die „Krone“ von Grubesas Rücktritt berichtet. Neue Leiterin der Wahlkommission ist Klaudia Frieben.

Grubesa begründete den Schritt in einer schriftlichen Stellungnahme damit, dass sie als Vorsitzende der Kommission für eine zweite Nachprüfung des Ergebnisses am Parteitag hätte sorgen müssen. Für diesen Fehler wolle sie sich in aller Form bei allen Mitgliedern und Delegierten der SPÖ sowie bei all jenen, „die unserer Partei gegenüber Sympathie hegen“, entschuldigen – besonders bei Babler und Hans Peter Doskozil. Ihnen und der gesamten Partei hätte sie die letzten drei Tage in dieser Form gerne erspart.

Stimmen werden erneut gezählt

Nachdem ein Fehler in der Stimmauszählung entdeckt wurde, gilt Andreas Babler als neuer SPÖ-Chef. Am Dienstag zählt die SPÖ-Wahlkommission jedoch zur Sicherheit noch einmal alle Stimmen nach. Ihre Leiterin Michaela Grubesa ist am Dienstag zurückgetreten.

Warten auf Ergebnis der Neuauszählung

Wann mit einem Ergebnis der Neuauszählung zu rechnen ist, ist offen. Sofern die Wahlkommission zu einem Ergebnis kommt, das von niemandem mehr angezweifelt werden kann, dürfte Babler erneut vor die Presse treten.

Die SPÖ dementierte vor der Neuauszählung Meldungen, wonach die Stimmzettel offen von Linz nach Wien transportiert worden seien. Sie seien eingeschweißt auf einer Palette nach Wien gebracht worden, hieß es in der Aussendung weiter. Die Stimmzettel wurden in der SPÖ-Bundesgeschäftsstelle in Wien verwahrt und erst im Zuge der Neuauszählung wieder geöffnet.

Offene Fragen

Tatsächlich existieren derzeit noch ein paar Ungereimtheiten bei den Ergebnissen. Denn am Samstag hatte die Partei 316 Stimmen für den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil gezählt, 279 Stimmen für Babler, fünf Stimmen als ungültig. In Summe sind es also 600 Stimmen, wobei die SPÖ in ihren offiziellen Ergebnissen 601 abgegebene Stimmen nannte.

Am Montag hatte Grubesa das neue Auszählungsergebnis verkündet. Man habe die fehlende Stimme gefunden, diese sei ungültig gewesen. „Das heißt, wir haben statt der vier ursprünglich angekündigten fünf ungültige Stimmen gefunden“, so Grubesa – am Samstag wurden aber offiziell fünf ungültige Stimmen gemeldet.

Gleichzeitig änderte sich das Ergebnis bei den Kandidaten, weil die Stimmen vertauscht wurden. Doskozil erhielt 280 Stimmen und Babler am Ende 317 Stimmen – beide erhielten somit je eine zusätzliche gültige Stimme. Das bedeutet: Am Ende wurden also inklusive der ungültigen insgesamt 602 Stimmen abgegeben, zwei mehr als am Samstag verlautbart. Grubesa kommunizierte in der Pressekonferenz nur „eine“ gefundene Stimme.

Erste Gerüchte am Montagvormittag

Die Auszählungsgroteske hatte am Montagnachmittag ihren Lauf genommen, als erste Gerüchte die Runde machten, wonach bei einer Nachzählung Ungereimtheiten aufgefallen seien. Dass überhaupt noch einmal nachgezählt wurde, hängt damit zusammen, dass beim am Parteitag verkündeten Ergebnis eine Stimme gefehlt hatte. Selbst beim neuen Ergebnis sind längst nicht alle Fragen ausgeräumt.

Grubesa beraumte am Montag kurzfristig einen Pressetermin ein und verkündete, dass man sich beim Befüllen einer Excel-Tabelle geirrt habe und die Babler-Stimmen Doskozil und umgekehrt zugeordnet hatte. Eine Nachprüfung am Parteitag habe es nicht gegeben, weil sie niemand verlangt habe, nahm die Kommissionsleiterin die Schuld auf sich.

Doskozil legt Bundespolitik ad acta

Wenig später trat Doskozil in Eisenstadt vor die Presse und gestand seine Niederlage ein. „Es ist unbestritten, das Wahlergebnis so zur Kenntnis zu nehmen“, sagte er. Er wolle Babler „zum Gewinn der Wahl und zum Vorsitz der Bundespartei recht herzlich gratulieren“. Seine eigenen Ambitionen erklärte Doskozil für beendet, er wolle auch keinen neuerlichen Sonderparteitag: „Für mich ist das Kapitel Bundespolitik damit ein für alle Mal abgeschlossen.“

Ob er selber bei der Landtagswahl 2025 noch einmal antreten werde, ließ er offen. Am Dienstag stehen auch bei der SPÖ Burgenland Sitzungen der Parteigremien auf dem Programm – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Die jüngsten Ereignisse wertete Doskozil als „Tiefpunkt“ für die österreichische Sozialdemokratie. „Es wird Häme geben, es wird Spott geben, aber es wird wieder schönere Zeiten für die Sozialdemokratie geben“, zeigte er sich nach knapp 48 Stunden, in denen er sich fälschlicherweise als Vorsitzender der SPÖ gewähnt hatte, überzeugt.

Babler will nochmalige Auszählung

Babler sprach sich in einem kurzen Statement für eine nochmalige Auszählung der Delegiertenstimmen aus, bevor er weitere Schritte macht.

Babler: Ergebnis muss bestätigt werden

Statt zu strahlen, war der vermutliche neue SPÖ-Chef nicht lange darauf bei einem kurzen Medienstatement eher wütend. Babler sprach von einem „Tiefpunkt“ durch die falsche Auszählung. Dieser sei nicht nur für Doskozil schmerzhaft, sondern für die ganze Partei. Das Geschehen sei nicht zu rechtfertigen: „Ich möchte mich für das Bild, das Teile unserer Apparate in den vergangenen Wochen abgegeben haben, aus tiefstem Herzen entschuldigen.“

Das Amt will der Traiskirchner Bürgermeister natürlich annehmen, sollte sich das Ergebnis diesmal bestätigen. Wie es personell an den weiteren Schalthebeln der Partei weitergeht, wollte Babler angesichts der Situation noch nicht verkünden. Dass die Gremien wie erwartet schon am Mittwoch zusammentreten, ist nunmehr unsicher.

Ex-Wahlkommissionsleiter Kopietz sieht „Desaster“

Der frühere Leiter der SPÖ-Wahlkommission, Harry Kopietz, bezeichnete die Vorgänge im Zusammenhang mit der Vorsitzwahl am Dienstag als „Desaster“. Er wisse zwar nicht, wie der Fehler passierte, glaubt aber, dass ihm das so nicht passiert wäre. Das könne er mit „großer Wahrscheinlichkeit“ ausschließen, sagte er der APA.

„Es gab schon Wahlen, bei denen wir zweimal nachgezählt haben“, verwies er auf vergleichbare frühere Abstimmungen an Parteitagen. Es hätte auffallen müssen, dass eine Stimme fehle. Dann hätte auch klar sein müssen, dass „etwas nicht passt“, befand Kopietz. Er war zunächst der Leiter der für die Mitgliederbefragung verantwortlichen Wahlkommission, trat dann aber aus gesundheitlichen Gründen zurück.

Ein weiterer Wiener SPÖ-Politiker, der seine Funktion in der Bundespartei zuletzt zurückgelegt hatte, äußerte sich ebenfalls kritisch. „Es ist ein schreckliches Bild, das in der Öffentlichkeit abgegeben wird“, sagte Ex-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Es müsse nun rasch Klarheit geschaffen werden. Dass ein neuer Parteitag nötig ist, glaubt Deutsch nicht: Es sei ein „sehr unangenehmer Fehler“ passiert. Allerdings scheine die Abstimmung richtig durchgeführt worden zu sein.