Rammstein live in Odense
IMAGO/Gonzales Photo/Sebastian Dammark
"Ausnahmslos unwahr“

Rammstein gehen nach Vorwürfen in Offensive

Till Lindemann, Sänger der deutschen Band Rammstein, hat am Donnerstag über seine neue Anwaltskanzlei Behauptungen einiger Frauen vehement zurückweisen lassen, sie seien im Umfeld von Konzerten unter Drogen gesetzt worden. Auch rechtliche Schritte wurden angekündigt.

Es sei wiederholt behauptet worden, „Frauen seien bei Konzerten von Rammstein mit Hilfe von K.-o.-Tropfen bzw. Alkohol betäubt worden, um unserem Mandanten zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können. Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr“, so die Anwaltskanzlei. Die Anwälte Simon Bergmann und Christian Schertz kündigten in einem Medienschreiben an, entsprechende Gegenschritte zu setzen: „Wir werden wegen sämtlicher Anschuldigungen dieser Art umgehend rechtliche Schritte gegen die einzelnen Personen einleiten.“

Das betreffe auch zahlreiche Medien, welche die erhobenen Vorwürfe im Sinne einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung ohne Gegenrecherche aufgegriffen und dabei gegen die Vorgabe der objektiven Berichterstattung verstoßen hätten. „Soweit gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verstoßen wurde, werden wir auch hiergegen für unseren Mandanten umgehend rechtlich vorgehen“, so die Anwälte Lindemanns.

Etliche Frauen erhoben Vorwürfe

Mehrere Frauen hatten in den vergangenen Tagen – teilweise anonym – den Vorwurf der sexuellen Übergriffe gegen Lindemann erhoben. Sie schilderten Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur After-Show-Party kommen wollen.

Analyse: Missbrauch in der Musikbranche

Juristin und Vertreterin der Vera* Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst und Kultur, Sophie Rendl, spricht angesichts der Missbrauchsvorwürfe gegenüber Rammstein von Missbrauch in der Musikbranche. Sie erklärt, welche Struktur und welches System oft Missbrauch unterstützen und den Täter schützen.

Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Die Youtuberin Kayla Shyx veröffentlichte ein Video, in dem sie schilderte, sie sei selbst von einer Mitarbeiterin der Band angesprochen und zu einer Party mit Lindemann eingeladen worden. Dort habe sie Frauen gesehen, die „benommen“ gewirkt hätten: „Die waren wirklich leer.“ Es gilt die Unschuldsvermutung.

Band gab Untersuchung in Auftrag

In einer Stellungnahme der gesamten Band von Samstag hatte es geheißen, die Vorwürfe hätten die Band sehr getroffen, und man nehme sie außerordentlich ernst. „Unseren Fans sagen wir: Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl- und sicher fühlt – vor und hinter der Bühne.“ Weiter hieß es: „Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: Beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge.“ Auch die Band habe aber ein Recht – nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden.

Zu den Vorwürfen hatte Rammstein überdies eine eigene Untersuchung in Auftrag gegeben. Dazu sollen schon Zeugenaussagen vorliegen. Eine Anwaltskanzlei befragt Mitarbeiter der Crew, das Sicherheitsteam, die Band und auch möglicherweise betroffene Frauen. Rammstein trennte sich überdies von der bis dato in die Backstageaktivitäten eingebundenen Mitarbeiterin, die auch Shyx genannt hatte.

Kein Wort zu Vorwürfen auf Konzert

Die Rockformation hatte am Mittwochabend im vollen Münchner Olympiastadion ein Konzert im Rahmen der aktuellen Europatournee gespielt. Auf Vorwürfe ging die Band dabei nicht ein. Sänger Lindemann gab sich zwischen den Songs wie gewohnt wortkarg. Das Publikum verabschiedete er mit den Worten: „München, danke, dass ihr hier seid. Danke, dass ihr bei uns seid.“

Vorwürfe gegen Rammstein

Nachdem ein mutmaßliches Opfer von Rammstein-Sänger Till Lindemann an die Öffentlichkeit gegangen ist, häufen sich die Wortmeldungen von Frauen, die ebenfalls sexuell bedrängt oder missbraucht worden sein wollen. Die Band ersucht in einer Mitteilung, von Vorverurteilungen jeglicher Art Abstand zu nehmen. Für das Rammstein-Konzert am Mittwochabend in München wurde die After-Show-Party abgesagt.

Aufgrund der Vorwürfe hatten vor dem Konzert rund 60 Menschen gegen den Auftritt der Band protestiert und Ankommende zum Boykott aufgefordert – mit Transparenten wie „Das Opfer ist nie schuld“ oder „Keine Show für Täter“. Die Polizei musste einzelne aggressiv auftretende Fans von den Protestierenden fernhalten. Nach Angaben eines Sprechers der Polizei verlief die Versammlung ohne größere Zwischenfälle.

Für das Münchner Konzert gab es jedenfalls bereits Konsequenzen. Eine Fanreihe im Sicherheitsbereich unmittelbar vor der Bühne, die „Row Zero“, wurde verboten. Das Konzept für die After-Show-Partys sei ebenfalls geändert worden, hieß es im Umfeld der Berliner Band. Die Stadt Berlin unterdessen hatte am Mittwoch angekündigt, für die Auftritte der Band in der deutschen Hauptstadt die After-Show-Partys überhaupt zu verbieten.

Raab will Konzepte zum Schutz von Frauen

Dazu meldete sich nun auch ÖVP-Frauenministerin Susanne Raab via Twitter zu Wort: „Die Videos und Berichte vieler Frauen über sexuelle Gewalt bei Rammstein-Konzerten schockieren und machen mich sehr betroffen. Ich halte die Debatte in Deutschland über Möglichkeiten zum besseren Schutz von Frauen bei den Konzerten für richtig. Die Veranstalter und die Stadt Wien sind im Hinblick auf die geplanten Rammstein-Konzerte im Juli gefordert, geeignete Schutzkonzepte zu erstellen.“ In Wien werden Rammstein am 26. und 27. Juli im Happel-Stadion erwartet.