Von der Leyen: „Verstärkte Partnerschaft“ mit Tunesien

Bei ihrem Besuch in Tunesien hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dem nordafrikanischen Staat eine „verstärkte Partnerschaft“ und Finanzhilfen in Höhe von über einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt. 150 Millionen Euro könnten „sofort“ für den tunesischen Staatshaushalt zur Verfügung gestellt, weitere 900 Millionen als langfristige Unterstützung verwendet werden, sagte von der Leyen gestern in Tunis.

Die EU-Kommissionschefin schlug nach eigenen Angaben dem tunesischen Präsidenten Kais Saied ein Fünfpunkteprogramm vor, das neben den Finanzhilfen unter anderem auch EU-Unterstützung für Tunesiens Kampf gegen irreguläre Migration umfasst.

Ein Abkommen zwischen der EU und Tunesien soll nach den Worten von der Leyens möglichst bis zum kommenden EU-Gipfel, der Ende Juni geplant ist, unterzeichnet werden. Bei ihrem Besuch in Tunesien wurde die EU-Kommissionspräsidentin von den Regierungschefs Italiens und der Niederlande, Giorgia Meloni und Mark Rutte, begleitet.

Die Zahl der irregulären Einreisen in die EU über Tunesien war zuletzt laut der EU-Grenzagentur Frontex stark angestiegen. Das hoch verschuldete Tunesien wiederum hofft wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise in dem Land auf finanzielle Unterstützung aus der EU.

Saied will nicht „Grenzschützer“ der EU werden

Präsident Saied hatte am Samstagabend in der tunesischen Stadt Sfax allerdings gesagt, er sträube sich dagegen, dass sein Land zum „Grenzschützer“ der EU werden solle. Das tunesische Forum für wirtschaftliche und soziale Rechte, das sich mit der Migration befasst, warnte bereits vor einer „Erpressung“ durch die EU und einem „Geschacher“, bei dem Tunesien Geld von der EU dafür erhält, dass es im Gegenzug seine Grenzen für Flüchtlinge verstärkt überwacht.

Die Migrationsexpertin Judith Kohlenberger sagte heute im Ö1-Morgenjournal, man dürfe sich nicht von einem Drittstaat mit zweifelhafter Menschenrechtslage abhängig machen. Die Lage in dem Land sei sehr instabil, „und in dieser Lage jetzt auch noch europäisches Steuergeld zu zahlen, damit Migrantinnen und Migranten ferngehalten werden – das kann sehr böse enden“, so Kohlenberger.