der ehemalige US-Präsident Donald Trump in einem Gerichtssaal in New York
Reuters
Trump vor Gericht

Behörden in Alarmbereitschaft

Im Zuge der Dokumentenaffäre muss sich der frühere US-Präsident Donald Trump am Dienstagnachmittag (Ortszeit) zum ersten Mal vor einem Bundesgericht in Miami im US-Bundesstaat Florida verantworten. Die US-Behörden wurden in Alarmbereitschaft versetzt, nachdem Trump und seine Verbündeten versucht hatten, gegen das Strafverfahren vorzugehen, und zu Protesten aufgerufen hatten.

Wenn Trump am Dienstagnachmittag (Ortszeit) vor Gericht erscheint, wird er zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate wegen einer strafrechtlichen Anklage vor einen Richter treten. Doch dieses Mal geht es nicht um einen wie von einigen Rechtsexpertinnen und -experten als trivial bezeichneten Fall, sondern um die erstmalige Anklage des Justizministeriums gegen einen Ex-Präsidenten und um ein Verhalten, das nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die nationale Sicherheit gefährdete.

Im Vorfeld verschärfte Trump seine Rhetorik gegen den Sonderermittler Jack Smith, der das Verfahren angestrengt hatte. Er bezeichnete ihn als „geistesgestört“ und sein Team von Staatsanwälten als „Thugs“ (zu dt. „Schlägertypen“), während er ohne jeden Beweis seine Behauptungen wiederholte, er sei das Ziel einer politischen Verfolgung.

Jack Smith
Reuters/Jonathan Ernst
Der Sonderermittler Jack Smith, der das Verfahren angestrengt hatte, wurde von Trump u. a. als „geistesgestört“ bezeichnet

Trump ruft zu Protesten auf

„Wir brauchen jetzt Stärke in unserem Land“, sagte Trump am Sonntag in einem Interview mit seinem langjährigen Freund und Berater Roger Stone im Radiosender WABC. „Und Sie müssen hinausgehen und friedlich protestieren. Schauen Sie, unser Land muss protestieren“, fuhr Trump fort. „Wir haben reichlich Grund zu protestieren. Wir haben alles verloren.“ Zudem sagte er, dass es keine Umstände gäbe, unter denen er das Rennen um die US-Präsidentschaft 2024 aufgeben würde, wo er bisher die republikanischen Vorwahlen dominiert hat.

Selbst wenn Trump verurteilt werden sollte, könnte er vom Gefängnis aus wieder für das Amt des Präsidenten kandidieren. Die US-Justiz ist also in zweierlei Hinsicht gefordert, schrieb die „Financial Times“ („FT“) am Montag. Einerseits muss sie zeigen, dass sie fair und gründlich arbeitet, und andererseits müsse die Behandlung Trumps auch von der Bevölkerung als fair empfunden werden.

Behörden bereiten sich auf Unruhen vor

Wenige Stunden nach seinem Gerichtstermin in Miami will Trump in seinem Golfclub in New Jersey öffentlich Stellung nehmen. Trump-Anhänger planten auch, Busse aus anderen Teilen Floridas zu beladen, um nach Miami zu fahren, was bei den Behörden, die sich auf mögliche Unruhen rund um das Gerichtsgebäude vorbereiten, Besorgnis hervorrief.

Polizist vor Gerichtsgebäude in Miami
AP/Wilfredo Lee
Rund um das Gerichtsgebäude in Miami werden Absperrungen errichtet, um gegen mögliche Unruhen vorbereitet zu sein

Und auch so manche gewalttätige Rhetorik in Onlineforen sorgte bei den Behörden für erhöhte Alarmbereitschaft, wie die „Washington Post“ am Sonntag schrieb. Zudem würde man auch genau auf die Pro-Trump-Kundgebungen in Miami blicken, von denen eine unter anderem von einer lokalen Gruppe der „Proud Boys“ organisiert wurde, einer rechtsextremen Gruppe, von der einige Anführer im Zusammenhang mit dem Sturm auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 für schuldig befunden wurden.

Polizei nimmt „Ereignis extrem ernst“

Miamis Polizeichef Manuel Morales sagte am Montag bei einer Pressekonferenz, die Behörden seien auf „zwischen 5.000 und 50.000“ Demonstrierende vorbereitet. „Wir nehmen dieses Ereignis extrem ernst“, sagte Morales mit Blick auf die Gerichtsanhörung. „Wir wissen, dass die Möglichkeit besteht, dass die Dinge sich zum Schlimmsten wenden.“

„Wir hoffen, dass es friedlich wird“, sagte der Bürgermeister der Großstadt im Bundesstaat Florida, Francis Suarez, bei einer Pressekonferenz. „Wir ermutigen die Menschen friedlich zu sein, wenn sie mit Demonstrationen ihre Gefühle zum Ausdruck bringen wollen. Und wir werden die angemessenen Kräfte im Einsatz haben, um das sicherzustellen.“

Anklage in 37 Punkten

In der Anklageschrift, die das Justizministerium am Freitag veröffentlichte, werden Trump 37 Straftaten vorgeworfen, 31 davon im Zusammenhang mit der illegalen Aufbewahrung von Geheiminformationen zur nationalen Verteidigung, die nach dem Antispionagegesetz mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden können.

Teil der Anklageschirft gegen Donald Trump
Reuters/Jim Bourg
In der Anklageschrift wird Trump u. a. illegale Aufbewahrung von Geheiminformationen zur nationalen Verteidigung vorgeworfen

In weiteren Anklagepunkten geht es unter anderem um eine Verschwörung zur Justizbehinderung, das grundsätzliche Zurückhalten von Dokumenten, das Verstecken von Dokumenten sowie mutmaßliche Falschaussage. Darauf steht jeweils eine Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis.

Geheimdokumente im Badezimmer aufbewahrt

Trump soll laut Anklage absichtlich Hunderte von Verschlusssachen aufbewahrt haben, die er nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus im Jänner 2021 in sein Anwesen in Mar-a-Lago in Florida mitnahm. Das Material, das er unter anderem im Badezimmer, im Schlafzimmer und in der Dusche aufbewahrte, enthielt laut Anklageschrift Details zu nuklearen Fähigkeiten, Verteidigungs- und Waffenkapazitäten der USA und anderer Regierungen sowie einen „Angriffsplan“ des Pentagons.

Akten in einem Badezimmer
APA/AFP/Getty Images/U.S. Department of Justice
Schachteln mit Geheimdokumenten lagerten der Anklage zufolge auch in einem Badezimmer

Die Informationen hätten, wenn sie preisgegeben worden wären, Angehörige des Militärs, vertrauliche Quellen und nachrichtendienstliche Ermittlungsmethoden gefährden können, so die Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus soll Trump versucht haben, die Bemühungen der Regierung um die Wiederbeschaffung der Dokumente zu behindern, indem er unter anderem seinen persönlichen Berater Walt Nauta – der neben Trump ebenfalls angeklagt wurde – anwies, Kisten zu verschieben, um die Dokumente zu verstecken oder zu vernichten, nach denen das Justizministerium gesucht hatte.

Republikaner rücken zur Verteidigung aus

Republikanische Verbündete von Trump rückten zuletzt aus und verteidigten ihren ehemaligen Präsidenten. Kari Lake, eine erfolglose republikanische Gouverneurskandidatin in Arizona, sagte am Wochenende, wenn Staatsanwälte „an Präsident Trump herankommen wollten, müssten sie an mir und 75 Millionen Amerikanerinnen und Amerikanern wie mir vorbei. Und die meisten von uns sind eingetragene Mitglieder der NRA“ (Anm. National Rifle Association, US-amerikanische Waffenlobby).

Andere sehen eine ungerechte Behandlung Trumps und verwiesen auf die Entscheidung des Justizministeriums im Jahr 2016, die Demokratin Hillary Clinton nicht wegen ihres Umgangs mit geheimen Informationen über einen privaten E-Mail-Server, den sie als Außenministerin nutzte, anzuklagen. Beweise dafür wurden von den FBI-Ermittlerinnen und -Ermittlern damals allerdings keine gefunden.

Trumps ehemaliger Justizminister William Barr rechnet hingegen bei Bestätigung der Vorwürfe mit dessen politischem Aus. „Wenn auch nur die Hälfte davon wahr ist, dann ist er erledigt“, sagte Barr am Sonntag dem Sender Fox News. Er sei über die Brisanz und Anzahl der Dokumente erschüttert. „Ich denke, die Anklagepunkte unter dem Spionagegesetz, dass er diese Dokumente vorsätzlich zurückgehalten hat, sind solide.“