Kucher war im parteiinternen Wahlkampf ein Unterstützer des burgenländischen Landeshauptmannes Hans Peter Doskozil, der Babler in der Vorsitzwahl unterlegen war. Schon bisher war der Klagenfurter Stadtparteiobmann Kucher als Stellvertreter in der Fraktion aktiv und saß im Nationalrat. Ein allzu strenges Regime ist von ihm im Klub nicht zu erwarten, da Babler vom Bundesrat aus noch immer das letzte Wort hat – mehr dazu in kaernten.ORF.at.
Die Klubspitze wird in einer Vollversammlung am Nachmittag überhaupt breiter aufgestellt. Neue erste Stellvertreterinnen werden Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und Umweltsprecherin Julia Herr. Jörg Leichtfried, der bisher diese Position ausfüllte, gibt sie ab, bleibt aber im Klubpräsidium.
Große Zustimmung
Seit Tagen wurde über die Postenbesetzung in der SPÖ spekuliert. Die ehemalige Chefin der Sozialistischen Jugend und aktuelle Umweltsprecherin der SPÖ im Nationalrat, Herr, ist Babler im parteiinternen Intensivwahlkampf und danach nicht von der Seite gewichen. Es wurde erwartet, dass sie eine wichtige Position einnehmen wird. Auch Holzleitner war immer wieder im Gespräch. Sie hatte ursprünglich Pamela Rendi-Wagner unterstützt. Sowohl Herr als auch Holzleitner sollen für die echten Spitzenpositionen aus unterschiedlichen Gründen abgewinkt haben. Als Stellvertreterinnen der Klubspitze erhielten Herr und Holzleitner vom Klub 98 Prozent Zustimmung.
Neu an der Klubspitze ist Finanzsprecher Kai Jan Krainer, der sich in dem Trio mit Herr und Holzleitner verstärkt um Antikorruptionsthemen kümmern soll. Bisher schon saß Krainer für die SPÖ in diversen U-Ausschüssen. Voraussetzung für all das war die Zustimmung des Klubs. In der Klubvollversammlung erhielt Babler gleich 100 Prozent Zustimmung, für Kucher votierten 91 Prozent.
„Bestes Team“
Die neue Spitze sei „die beste und breiteste Unterstützung“, so Babler vor Medienvertretern. Was „uns junge und neue Funktionäre“ eine, sei das „Herzblut und die Leidenschaft“, betonte er, räumte aber auch ein, dass er mit seinen 50 Jahren der Älteste ist. Dieses „beste Team“ sei nun außerdem deutlich weiblicher aufgestellt.
Die Bundesgeschäftsstelle, die seit dem Rückzug von Christian Deutsch vakant war, wird von einem der breiten Öffentlichkeit unbekannten Duo übernommen. Breiteneder stammt aus der Privatangestelltengewerkschaft, wo sie unter anderem für Internationales und Frauenthemen zuständig war. Auch im Kabinett der früheren Staatssekretärin Muna Duzdar war sie aktiv sowie für den vormaligen EU-Abgeordneten Hannes Swoboda. Zuletzt arbeitete sie für den Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (WAFF).
Seltenheim wiederum kennt die Bundesgeschäftsstelle bereits, weil er in dieser vor einigen Jahren in der Organisation tätig war. Später wechselte er nach Niederösterreich, wo er unter Franz Schnabl Landesgeschäftsführer war. Nach dem Wahldebakel im heurigen Jahr, das er mitzuverantworten hatte, gehörte er dem lokalen Führungsteam nicht mehr an. Neo-Landeschef Sven Hergovich freute sich am Dienstag nichtsdestotrotz, dass mit Seltenheim ein weiterer Niederösterreicher Teil der SPÖ-Spitzenteams wird – mehr dazu in noe.ORF.at.
Babler begründete die Wahl unter anderem mit Seltenheims „wahnsinnigem Erfahrungsschatz“, habe er doch schon Gemeinderats- und Landtagswahlkämpfe organisiert. Neue Kommunikationschefin ist Patricia Huber, die sich in Bablers Kampagne stark engagiert hatte und bisher beim Kontrast-Blog aktiv war.
Ludwig lobt Entscheidung
Schon am Montag hatte Babler via Social Media angekündigt, „aus Träumen Wirklichkeit machen" zu wollen. Dabei zitierte die SPÖ auf ihrem Twitter-Kanal aus Bablers Rede vom Bundesparteitag. „Jetzt beginnt der Aufbruch in eine neue Zeit. Lasst uns gemeinsam mehr Sozialdemokratie wagen“, twitterte der neue SPÖ-Bundesparteivorsitzende.
Als „schönes Zeichen der Geschlossenheit“ bezeichnete der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig die Personalveränderungen im Anschluss an die Vorstandssitzung und sicherte dem neuen Team die Unterstützung seiner Landespartei zu. Das Lager Doskozil, das mit Kucher als Klubobmann zufriedengestellt werden sollte, stimmte im Präsidium durch die Stimme der burgenländischen Landtagspräsidentin Verena Dunst Bablers Team ebenfalls zu – mehr dazu in burgenland.ORF.at.
Der designierte Chef der sozialdemokratischen Gewerkschafter, Josef Muchitsch, war mit dem vorgelegten Personalpaket zufrieden. Zudem hole Babler die Basis gut ab. Noch-Vizeklubvorsitzender Leichtfried bezeichnete Bablers neues Team gegenüber der APA als „interessante Verjüngung“. Viele würden noch staunen, wie gut die neue Konstellation funktionieren werde. Er selbst wird weiter quasi als einfaches Mitglied im Präsidium vertreten sein.
Kickl ortet „Steißgeburt“
FPÖ-Chef Herbert Kickl hat am Dienstag die Personalentscheidungen in der SPÖ als „Steißgeburt“ bezeichnet. Was nach dieser „noch nie da gewesenen Mischung aus Tragödie und Komödie“ bleibe, sei ein „Schlag ins Gesicht der SPÖ-Basis“, findet Kickl. Denn schließlich seien die Mitglieder befragt worden, und diese hätten sich mehrheitlich für Doskozil ausgesprochen: „Jetzt haben sie Babler.“
Das sei nichts anderes als eine „Linksverschiebung der SPÖ von oben her“. Die Aufgabe der Freiheitlichen sieht Kickl jetzt darin, zu verhindern, dass es zu einer Machtverschiebung in Richtung Marxismus und Kommunismus komme. Einmal mehr unterbreitete Kickl in Anlehnung an Ex-Kanzler Bruno Kreisky enttäuschten SPÖ-Wählerinnen und -Wählern das Angebot, „ein Stück des Weges“ mit den Freiheitlichen zu gehen. Vor allem dann, wenn der „linke Vogel aus Traiskirchen“ (gemeint ist der Traiskirchner Bürgermeister Babler) nicht das sei, was sie gerne von der Sozialdemokratie hätten.
Appell von Klimaexperten
Einen ersten inhaltlichen Appell richteten bereits zahlreiche Klimaexpertinnen und -experten an Bablers Team. Sie fordern den neuen SPÖ-Chef in einem offenen Brief auf, in Sachen Klimaschutz und Energiewende mit der Regierung zusammenzuarbeiten. Die SPÖ blockiert derzeit Zweidrittelmaterien im Nationalrat – etwa das Energieeffizienzgesetz –, um die Umsetzung ihrer Vorschläge gegen die Teuerung zu erzwingen. Unterzeichnet haben etwa Ökologe Franz Essl, Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb und Umwelthistorikerin Verena Winiwarter.
Auch Umwelt- und Naturschutzgruppen wie Global 2000, WWF und das Klimavolksbegehren beteiligten sich an dem Brief. Man bedauere die Haltung der SPÖ, werden doch derzeit „wichtige und wegweisende Gesetze für eine krisensichere Zukunft Österreichs verhandelt“, für die Verfassungsmehrheiten notwendig sind, heißt es darin.