ORF-Gesetzesnovelle passierte Ministerrat

Die ORF-Gesetzesnovelle hat den Ministerrat passiert. Eine entsprechende Regierungsvorlage wird heute im Nationalrat eingebracht. Die Novelle bringt einen neuen ORF-Beitrag in Höhe von 15,30 Euro pro Monat (statt 18,59 Euro) in Form einer Haushaltsabgabe anstatt der gegenwärtigen gerätegekoppelten GIS-Gebühr. Der ORF bekommt mehr Möglichkeiten im digitalen Raum, gleichzeitig wird aber ORF.at beschränkt.

Im Pressefoyer nach dem Ministerrat wurde der Entwurf nicht angesprochen. Aber Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) übermittelte der APA offenbar vorab eine schriftliche Stellungnahme. „Der ORF wird audiovisueller, moderner, flexibler und jünger, gleichzeitig wird der heimische Medienstandort mit entsprechenden Spar- und Ausgleichsmaßnahmen gesichert“, wurde Raab zitiert.

Textanteil in ORF.at wird beschränkt

Der ORF darf laut Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen sowohl „online only“ als auch „online first“ produzieren. Gleichzeitig wird der Textanteil in ORF.at drastisch beschränkt. Künftig soll es auf der „Blauen Seite“ 70 Prozent Bewegtbild und 30 Prozent Text geben, wobei die Textbeitragszahl pro Woche auf 350 limitiert wird.

Während Wissenschaft und Publikum die Beschränkung scharf kritisieren, geht die Kürzung der „Blauen Seite“ dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) nicht weit genug. Der VÖZ kritisierte die „Zeitungsähnlichkeit“ von ORF.at.

Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) sprach sich für eine Maximalanzahl der Audio- und Videobeiträge in ORF.at von 300 bis 350 pro Woche aus.

Die gegenwärtige Siebentagebeschränkung für Abrufe in der TVthek wird je nach Inhalt auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt. Der ORF darf künftig einen Onlinekinderkanal anbieten und ORF Sport + als digitalen Kanal führen. Bis 2026 bleibt der Sportspartenkanal in linearer Form erhalten. Mit Bundesmitteln wird das Bestehen des ORF-Radio-Symphonieorchesters (RSO) bis 2026 gesichert.

Starke Werbebeschränkungen

Weniger erfreulich sind für den ORF stärkere Werbebeschränkungen im Radio- und Digitalbereich. Auch ist ein Transparenzbericht zu Löhnen, Nebeneinkünften und Eigen- und Auftragsproduktionen vorgesehen. So manche Spezialzulage wird gestrichen, Sonderpensionen gekürzt und Abfertigungen eingegrenzt.

Zum künftigen ORF-Beitrag in Höhe von 15,30 Euro pro Monat und Haushalt kommen in manchen Bundesländern noch Landesabgaben. Bisherige Gebührenbefreiungen bleiben aufrecht, Nebenwohnsitze sind ausgenommen, und eine Staffelung für Unternehmen tritt in Kraft.

Ein Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis sieht vor, dass die Umstellung der ORF-Finanzierung bis 1. Jänner 2024 zu erfolgen hat. Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause im Parlament fixiert werden.

VÖZ erneuert Kritik, NEOS sieht vergebene Chance

VÖZ-Präsident Markus Mair bezeichnete die ORF-Gesetzesnovelle in einer Aussendung als „kurzsichtige Entscheidung mit gravierenden Folgen für den privaten Medienmarkt“ und prangerte mit Blick auf ORF.at erneut die Zeitungsähnlichkeit der „Blauen Seite“ an.

NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter ortete keine Reform, sondern eine „vergebene Chance“. Ohne Gremienreform, ohne Schärfung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrages und ohne klare Antworten auf die Frage, was der ORF machen darf und was nicht, würde die schwere Krise der Medien nur verschärft.