Rammstein Sänger Till Lindemann
IMAGO/Gonzales Photo/Sebastian Dammark
Staatsanwaltschaft bestätigt

Ermittlungen gegen Rammstein-Sänger

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den Rammstein-Frontsänger Till Lindemann eingeleitet. Die Behörde bestätigte am Mittwochabend, dass wegen „Tatvorwürfen aus dem Bereich der Sexualdelikte und der Abgabe von Betäubungsmitteln“ gegen Lindemann ermittelt werde.

Die Ermittlungen wurden nach Angaben einer Sprecherin aufgrund mehrerer Strafanzeigen von nicht am möglichen Tatgeschehen beteiligten Personen sowie von Amts wegen eingeleitet. Weitere Angaben könnten laut Behörde derzeit nicht gemacht werden, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden und die Persönlichkeitsrechte der potenziell Geschädigten und des Beschuldigten zu schützen.

Im Fokus stehen soll laut „Tagesspiegel“ der Verdacht nach Paragraf 177 des Strafgesetzbuches. Dieser besagt, dass, „wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt“, mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu rechnen hat.

Die Öffentlichkeit sei bei der Besprechung des Themas von der Ausschusssitzung im Abgeordnetenhaus ausgeschlossen worden, so der „Tagesspiegel“. Zuvor habe der Linke-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg die Frage gestellt, inwiefern es aktuell staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Lindemann gebe. Diese Frage habe Badenberg nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit beantworten wollen.

Schwere Vorwürfe im Rahmen von Konzerten

Mehrere Frauen hatten – teils anonym – schwere Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger erhoben. Er soll junge Frauen in Pausen und auf After-Show-Partys sexuell belästigt und missbraucht haben. Die Handlungen sollen außerdem System gehabt haben, berichtet wird unter anderem über eine Handlangerin Lindemanns, die die jungen Frauen regelrecht rekrutiert haben soll. Einige Frauen berichten, dass ihnen ohne ihre Zustimmung Drogen verabreicht worden seien.

Die Youtuberin Kayla Shyx veröffentlichte ein Video, in dem sie schilderte, sie sei selbst von einer Mitarbeiterin der Band angesprochen und zu einer Party mit Lindemann eingeladen worden. Dort habe sie Frauen gesehen, die „benommen“ gewirkt hätten: „Die waren wirklich leer.“

Rammstein sieht sich vorverurteilt

In einer Stellungnahme der gesamten Band hatte es anschließend geheißen, die Vorwürfe hätten die Band sehr getroffen, und man nehme sie außerordentlich ernst. „Unseren Fans sagen wir: Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl- und sicher fühlt – vor und hinter der Bühne.“ Weiter hieß es: „Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: Beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge.“ Auch die Band habe aber ein Recht – nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden.

Zu den Vorwürfen hatte Rammstein überdies eine eigene Untersuchung in Auftrag gegeben. Dazu sollen schon Zeugenaussagen vorliegen. Eine Anwaltskanzlei befragt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Crew, das Sicherheitsteam, die Band und möglicherweise auch betroffene Frauen. Rammstein trennte sich außerdem von der bis dato in die Backstageaktivitäten eingebundenen Mitarbeiterin, die auch Shyx genannt hatte.

Band kündigte rechtliche Schritte an

Lindemann und seine Band wiesen jede Anschuldigung bisher vehement zurück und kündigten letzte Woche rechtliche Schritte an. Es sei wiederholt behauptet worden, „Frauen seien bei Konzerten von Rammstein mit Hilfe von K.-o.-Tropfen bzw. Alkohol betäubt worden, um unserem Mandanten zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können. Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr“, so Lindemanns Anwaltskanzlei.

Rammsteins Rechtsschritte sollen auch zahlreiche Medien betreffen, welche die erhobenen Vorwürfe im Sinne einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung ohne Gegenrecherche aufgegriffen und dabei gegen die Vorgabe der objektiven Berichterstattung verstoßen hätten. „Soweit gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verstoßen wurde, werden wir auch hiergegen für unseren Mandanten umgehend rechtlich vorgehen“, so die Anwälte Lindemanns.

Österreichische Politikerinnen reagierten

Letzte Woche hatte sich Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) auf Twitter zu den Vorwürfen gemeldet. „Die Videos und Berichte vieler Frauen über sexuelle Gewalt bei Rammstein-Konzerten schockieren und machen mich sehr betroffen“, schrieb Raab auf dem sozialen Netzwerk und rief Veranstalter und die Stadt Wien dazu auf, Schutzkonzepte für das in Wien anstehende Konzert im Juli zu erstellen.

Die Grünen-Abgeordnete Meri Disoski und ihre Wiener Kollegin, Frauensprecherin Viktoria Spielmann, schlossen sich der Reaktion an. „Angesichts der massiven Vorwürfe ist für uns Grüne-Frauen klar, dass dringend gehandelt werden muss, um Konzerte sicher für Frauen zu gestalten und sexualisierte Übergriffe zu verunmöglichen“, so Disoski, stellvertretende Klubobfrau und Frauensprecherin der Grünen.

Spielmann forderte eine Absage der Rammstein-Konzerte. „Solange die Vorwürfe nicht restlos geklärt sind, müssen diese Konzerte in Wien abgesagt werden. Es liegt in der Verantwortung der Veranstalter Arcadia-Live sowie der Betreiber des Ernst-Happel-Stadions, mutmaßlichen Tätern keine Bühne zu bieten“, so Spielmann.

Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.