Schlappe für Israels Regierung im Streit um Justizreform

Im zähen Streit über die Justizreform in Israel hat die rechtsreligiöse Regierung gestern eine Niederlage erlitten. Bei einer Abstimmung im Parlament wurde eine Abgeordnete der Opposition mit knapper Mehrheit zur Vertreterin in einem Gremium zur Besetzung von Richterinnen und Richtern gewählt – auch mit Stimmen aus der Koalition. Eine Vertreterin der Regierung bekam dagegen nicht genug Ja-Stimmen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte sich zuvor dafür eingesetzt, dass jeweils ein Vertreter oder eine Vertreterin der Opposition und einer der Regierung gewählt wird. Weil das jedoch am Widerstand seiner radikalen Koalitionspartner zu scheitern drohte, rief er nach Medienberichten die Abgeordneten der Regierung dazu auf, gegen beide Kandidatinnen zu stimmen.

Erneute Abstimmung erforderlich

Weil nur eine der Kandidatinnen genug Stimmen bekam, muss nun binnen 30 Tagen erneut über die zweite Position abgestimmt werden. Die Opposition will Verhandlungen über die Justizreform aber erst dann fortsetzen, wenn die Besetzung des Gremiums endgültig feststeht. Ein Scheitern der Gespräche könnte die Proteste im Land erneut stark anheizen.

Die Ernennung von Richtern ist ein zentraler Teil einer von der Regierung vorangetriebenen Justizreform. Netanjahus Koalition strebt eine Mehrheit in dem zuständigen Gremium an.

Die umstrittenen Pläne spalten seit Jahresbeginn große Teile der israelischen Bevölkerung. Regelmäßig kommt es zu Massendemonstrationen, die Ende März in einem Generalstreik gipfelten. Seither liefen Gespräche über einen Kompromiss unter Vermittlung von Präsident Jizchak Herzog.