EuGH: Asylfolgeantrag nur bei Unredlichkeit abzulehnen

Ein EU-Staat darf die Anerkennung eines Folgeantrags auf Asyl nur verweigern, wenn diese auf einem unredlichen Nachfluchtgrund beruht. Generalanwalt Jean Richard de la Tour erklärte in heute veröffentlichten Schlussanträgen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eine dem widersprechende Regelung des österreichischen Asylrechts für EU-widrig.

Ein iranischer Staatsangehöriger hatte in Österreich 2015 erstmals einen Antrag auf Asyl gestellt, der abgewiesen wurde. 2019 stellte der Betroffene einen Folgeantrag, den er damit begründete, dass er vom Islam zum Christentum konvertiert sei. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen ab, erkannte dem Betroffenen jedoch einen Status als subsidiär Schutzberechtigter zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

Die Konversion sei ein selbst herbeigeführter Nachfluchtgrund, sodass nach österreichischem Recht lediglich subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei, so das BFA. Das österreichische Bundesverwaltungsgericht erkannte bei der nachfolgenden Beschwerde das Recht auf Asyl mit der Begründung an, sein Nachfluchtgrund habe keinen missbräuchlichen Charakter und sei daher kein Hindernis. Der VfGH ersuchte den EuGH um Klärung.

EU-Anerkennungsrichtlinie als Basis

Laut Generalanwalt de la Tour ist die zugrundeliegende EU-Anerkennungsrichtlinie so auszulegen, dass ein Mitgliedsstaat die Anerkennung nicht prinzipiell verweigern dürfe. Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin müsse die Verfolgungsgefahr vorsätzlich durch unredliche Aktivitäten allein deshalb herbeigeführt haben, um die für seine Anerkennung als Flüchtling erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen.

Der österreichische Gesetzgeber habe mit seiner Vorschrift des Asylgesetzes das ihm durch die Richtlinie eingeräumte Ermessen überschritten. Dadurch könne die vom Unionsgesetzgeber beabsichtigte Einheitlichkeit der Kriterien für die Anerkennung nach der Flucht nicht gewährleistet werden.