EZB-Chefin Christine Lagarde
AP/Michael Probst
Kampf gegen Inflation

EZB erhöht Leitzins auf vier Prozent

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschloss am Donnerstag eine Anhebung der Leitzinsen im Euro-Raum um weitere 0,25 Prozentpunkte. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, steigt damit auf vier Prozent. Einen höheren Stand gab es zuletzt zu Beginn der weltweiten Finanzkrise im Oktober 2008 mit 4,25 Prozent. EZB-Chefin Christine Lagarde stellte zudem weitere Erhöhungen in Aussicht.

Der Schritt wurde im Vorfeld von Fachleuten erwartet. Es ist bereits die achte Erhöhung in Folge seit Juli 2022, seit die Notenbank im vergangenen Sommer nach Jahren der ultralockeren Geldpolitik auf einen Straffungskurs umgeschwenkt war. Der auf den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, steigt somit von 3,25 auf 3,50 Prozent – das höchste Niveau seit 22 Jahren.

Parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig 3,50 Prozent Zinsen, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte. Seit Juli 2022 hat die EZB angesichts der hartnäckig hohen Teuerung die Zinsen in einer beispiellosen Serie angehoben. Nach mehreren Anhebungen um 0,50 Punkte drosselte die Notenbank zuletzt etwas das Tempo. Auch im Mai setzten die Währungshüter die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte herauf.

Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Zwar schwächte sich die Inflation im Mai ab. Im Währungsraum der 20 Staaten lagen die Verbraucherpreise einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat zufolge um 6,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im April war noch eine jährliche Teuerungsrate von sieben Prozent verzeichnet worden.

Inflationsrate von 5,4 Prozent erwartet

Wie die Notenbank weiter mitteilte, rechnet sie heuer im Schnitt mit einer Inflationsrate von 5,4 Prozent. In ihrer März-Prognose war die EZB von 5,3 Prozent ausgegangen. Für 2024 sagt sie eine Teuerungsrate von 3,0 Prozent (März-Prognose 2,9 Prozent) voraus. Für 2025 wird eine Rate von 2,2 Prozent (2,1 Prozent) erwartet. Die Notenbank strebt für den Währungsraum mittelfristig ein stabiles Preisniveau bei einer jährlichen Teuerungsrate von zwei Prozent an.

Die Wirtschaft im Euro-Raum wird nach der neuesten EZB-Vorhersage in diesem Jahr um 0,9 Prozent wachsen und damit etwas schwächer als die im März noch vorhergesagten 1,0 Prozent. Im kommenden Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,5 (1,6) Prozent zulegen. Für 2025 wird ein gegenüber der März-Projektion unveränderter Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent erwartet.

Inflation dürfte „noch zu lange“ hoch bleiben

„Die Inflation ist zwar zurückgegangen, dürfte aber noch zu lange zu hoch bleiben“, erklärte die Bank am Donnerstag. „Die Indikatoren für den zugrundeliegenden Preisdruck sind nach wie vor stark, auch wenn sich einige erste Anzeichen einer Abschwächung zeigen.“ Die EZB verwies nun auf „vergangene Aufwärtsüberraschungen“ sowie die Auswirkungen des robusten Arbeitsmarktes.

EZB in Frankfurt
Reuters/Heiko Becker
Die EZB legte im Kampf gegen die anhaltend hohe Inflation mit der achten Zinserhöhung in Folge nach

Bei niedriger Arbeitslosigkeit steigen tendenziell die Löhne, was wiederum Preissteigerungen ankurbeln kann. Die EZB-Fachleute korrigierten deshalb „ihre Prognosen für die Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel insbesondere für dieses und das nächste Jahr leicht nach oben“.

Schwierige konjunkturelle Gemengelage

Notenbankchefin Lagarde hatte zuletzt im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments vor Kurzem die Entschlossenheit der Notenbank bekräftigt, den Kampf gegen die Inflation fortzusetzen. Die Entscheidungen der EZB würden sicherstellen, dass die Zinsen auf ein ausreichend hohes Niveau gelangten, damit die Inflation rechtzeitig zum Zielwert von zwei Prozent zurückkehre.

Grafik zum EZB-Leitzins
Grafik: APA/ORF
Der Leitzins der EZB stieg zuletzt auf vier Prozent

Die konjunkturelle Gemengelage ist für die Währungshüter nicht einfach. Denn die Wirtschaft in der Euro-Zone war im Winter in eine Rezession gerutscht, und für das Gesamtjahr erwarten Volkswirte derzeit nur ein bescheidenes Wachstum. Zudem beginnen die bisherigen Zinserhöhungen ihre Wirkung zu entfalten. So hat sich beispielsweise die Dynamik bei der Kreditvergabe bereits deutlich abgeschwächt.

Die Notenbank will aber möglichst vermeiden, dass die Wirtschaftsaktivitäten im Zuge ihres Straffungskurses ausgebremst werden. Auf der anderen Seite des Atlantiks hat die US-Notenbank Fed nach zehn Zinserhöhungen in Folge erst einmal eine Pause eingelegt. Die Fed deutete aber an, dass sie noch bis zu zwei kleinere Schritte für dieses Jahr ins Auge fasst.

EZB erhöht Leitzins

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschloss am Donnerstag eine Anhebung der Leitzinsen im Euro-Raum um weitere 0,25 Prozentpunkte. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, steigt damit auf vier Prozent.

„Denken nicht über Pause nach“

Die EZB erklärte, sie werde mit künftigen Entscheidungen für „eine rechtzeitige Rückkehr der Inflation zu dem mittelfristigen Ziel von zwei Prozent“ sorgen. Die hohen Zinsen würden „solange wie nötig“ beibehalten. Höhere Zinsen gelten als Mittel gegen die Teuerung – sie wirken aber auch bremsend auf das Wirtschaftswachstum.

„Wir denken nicht über eine Pause nach“, sagte Lagarde. So lange es keine signifikanten Änderungen in den Annahmen über die weitere Entwicklung gebe, werde die Zentralbank im Juli die Zinsanhebung fortsetzen. Die EZB sei „noch nicht fertig“ mit ihren Bemühungen, die Inflation zu senken.