Andreas Babler in der ORF Pressestunde
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Bei nächster Wahl

Babler will SPÖ zur Nummer eins machen

SPÖ-Chef Andreas Babler war am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ zu Gast. Offen ließ er dabei, bei welchen Entscheidungen die Parteimitglieder nach der geplanten Statutenreform im Herbst wirklich mitreden dürfen. Seine Partei will er bei der nächsten Nationalratswahl an die Spitze führen. Die Causa kika/Leiner will er von der Justiz untersucht wissen.

„Das Ziel ist natürlich, die wichtigsten Fragen abstimmen lassen zu können“ – als Beispiele nannte Babler Koalitionsfragen und das Parteiprogramm. Es gehe darum, die Partei tatsächlich „zu einer basisdemokratischen Bewegung zu machen“. Er verwies aber auch darauf, dass „Sorgen“ ausgeräumt werden müssen, in tagespolitischen Fragen seien außerdem schnelle Entscheidungsgremien notwendig. Dass die Wiener SPÖ erneut eine derartige Statutenreform ausbremsen könnte, glaubt Babler nicht.

Dass er selbst das Votum der Mitglieder bei der jüngsten Befragung nicht respektiert habe und dann beim Parteitag gegen Hans Peter Doskozil kandidiert hatte, verteidigte Babler: Das Ergebnis der Mitgliederbefragung, die recht knapp ausging, habe „keine Klarheit“ gebracht.

Ziele für die Nationalratswahl

Andreas Babler, Bundesparteivorsitzender der SPÖ, stellte sich den Fragen von Christian Nusser („Heute“) und Simone Stribl (ORF).

Sein Ziel sei es, die SPÖ bei der nächsten Nationalratswahl zur Nummer eins zu machen. Eine Prozentzahl, mit der er zufrieden wäre, wollte Babler nicht nennen, aber: „Alles, was uns stärker macht, wäre mir zu schwach“, erklärte er mit Blick auf die letzten Ergebnisse, Ziel sei der erste Platz.

Kika/Leiner: „Dass es stinkt, ist offensichtlich“

Zur Schieflage bei kika/Leiner sagte Babler, er wolle das von der Justiz untersucht sehen: „Dass es stinkt, ist offensichtlich“, es wäre wichtig, dass sich die Staatsanwaltschaft die Sache anschaue. Was einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu kika/Leiner betrifft, zeigte sich Babler zwar offen, man habe sich aber noch nicht festgelegt – „so weit sind wir noch gar nicht“. Ihm gehe es jetzt zunächst darum, was mit den 1.900 Beschäftigten passiert, die ihren Job verlieren.

Kika/Leiner-Pleite

Andreas Babler, Bundesparteivorsitzender der SPÖ, stellte sich den Fragen von Christian Nusser („Heute“) und Simone Stribl (ORF).

Außerdem sei es wichtig, dass „lückenlos“ aufgeklärt werde. Jetzt sei es an der Finanzprokuratur, zu prüfen. Aber es wäre auch wichtig, dass sich die Staatsanwaltschaft die „Filetierung“ des Unternehmens anschaue, verwies Babler auf den getrennten Verkauf von Immobilien und operativem Geschäft. Die Staatsanwaltschaft solle untersuchen, ob Bestechlichkeit oder Bestechung vorliege und die betroffenen Immobilien sicherstellen, forderte Babler. Ein U-Ausschuss sei eine von mehreren Möglichkeiten zur Aufklärung. „Es ist ein Wahnsinn, was da passiert ist“, hielt Babler fest.

Ende von Blockade im Parlament

Parlamentarische Gesprächsbereitschaft bekräftigte Babler unterdessen auch, was das Erneuerbare-Wärme-Gesetz angeht, das einen Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen bringen soll. Unter seiner Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner blockierte die SPÖ ja zuletzt Gesetzesvorhaben, die eine Zweidrittelmehrheit und damit die Unterstützung der Sozialdemokraten brauchen, um Druck auf die Regierung in Sachen Inflationsbekämpfung auszuüben.

Unter der neuen Klubführung wurde allerdings ein Ende der Blockade ausgerufen. Man habe „eine Neubewertung gemacht“ und sei zu dem Schluss gekommen, dass es sich um ein „wichtiges Anliegen“ handle, „wir werden mitdiskutieren“. Es gehe dabei um soziale Fragen, etwa wie man sicherstellen kann, dass nicht die Vermieter die Kosten der Heizungsumstellung an die Mieterinnen weitergeben.

Klimaschutz: Tempo 100, Lobautunnel und „Klimakleber“

Andreas Babler, Bundesparteivorsitzender der SPÖ, stellte sich den Fragen von Christian Nusser („Heute“) und Simone Stribl (ORF).

„Mehr Verkehr nicht mit neuen Straßen bekämpfen“

Überhaupt gab sich Babler in Klimaschutzfragen offener: „Wir müssen jetzt irgendwie einmal die Schaufeln stehen lassen und die Bagger herausführen in der Frage des Klimaschutzes.“ Babler sprach sich denn auch für Tempo 100 auf der Autobahn aus. Was den umstrittenen Wiener Lobautunnel, ein Projekt der Wiener Roten, angeht, gab sich der neue Bundesparteivorsitzende skeptisch: Man solle grundsätzlich „mehr Verkehr nicht mit neuen Straßen bekämpfen“, meinte Babler, „das ist ein Teufelskreis“. Er habe in Sachen Lobautunnel mittlerweile Termine vereinbart, um Argumente auszutauschen.

Mit den Anliegen der Klimaschützerinnen und -schützer, die Straßen blockieren, solidarisierte sich Babler ausdrücklich, auch wenn man darüber streiten könne, „ob das immer die besten Protestformen sind“. Kritik an den „Klimaklebern“ aus den eigenen Reihen, etwa vom Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer, entgegnete Babler, dass der Kampf gegen die Erderhitzung „oberste Priorität“ habe. Dass die Regierung seit 900 Tagen kein Klimaschutzgesetz zusammenbringt, kritisierte er.

Zu der von ihm angestrebten Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden sagte Babler, die Sozialpartner sollten das über einen Generalkollektivvertrag über einen größeren Zeitraum umsetzen. Die Arbeitsbedingungen würden dadurch stark verbessert und Jobs, etwa auch im Pflegebereich, attraktiver werden. Arbeitsverkürzung würde auch bedeuten, mehr Frauen an die Vollerwerbsgrenze zu bekommen.

Asyl und Migration

Andreas Babler, Bundesparteivorsitzender der SPÖ, stellte sich den Fragen von Christian Nusser („Heute“) und Simone Stribl (ORF).

„EU hat Wohlstandsversprechen gebrochen“

Beim Thema Asyl habe er einen pragmatischen Zugang, aber sein humanistischer Grundzugang sei es auch, „dass wir niemanden einfach ertrinken lassen“, sagte Babler einmal mehr im Zusammenhang mit dem jüngsten Bootsunglück vor Griechenland, bei dem mehr als 500 Migranten ums Leben gekommen sein dürften. Die EU produziere und instrumentalisiere solche Bilder, zeigte er sich einmal mehr EU-kritisch.

Die EU sage, man müsse irreguläre Migration stoppen, zeige aber keine Konzepte der regulären Migration auf. Angedachte Außenlager an den EU-Außengrenzen seien „nicht das Bild von Europa, das wir haben wollen“. Man müsse sichere Fluchtrouten schaffen, etwa die Möglichkeit, an den Botschaften Asyl zu beantragen.

Auch sonst bekräftigte Babler seine Kritik an der Europäischen Union: Die EU könne und müsse „ein großer Hebel“ sein in vielen Fragen, es seien aber Änderungen notwendig. Die EU habe das „Wohlstandsversprechen gebrochen“, da müsse man „nachschärfen“.

Reaktionen: „Viel heiße Luft“, „Wunschkonzert“

„Sehr viel heiße Luft“ ortete der freiheitliche Generalsekretär Christian Hafenecker im Auftritt Bablers. Inhaltlich konstatierte er dem neuen SPÖ-Chef eine Nähe zu den Grünen: „Mit seinem Ja zu Tempo 100 auf Autobahnen und einem Grundverständnis für die Klimakleber macht er seine Partei zu einer Filiale der grünen Weltuntergangssekte.“ Ein „Wunschkonzert“ Bablers, das wohl innerhalb seiner Partei wieder zu großem Widerstand führen wird, sah ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker: „Der massive Linksruck unter Vorsitzendem Babler geht jedenfalls weiter.“