Tourismus wirbt um Lehrlinge und Fachkräfte

Im Tourismus gibt es derzeit 14.400 offene Stellen – die Regierung will deshalb um Lehrlinge und Fachkräfte werben. Die Entwicklung belege aber, dass es keine „Fluchtbranche“ sei, sagte ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher heute. Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) kündigte eine Imagekampagne für Tourismusjobs an.

Das Ministerium wird mit Werbeschaltungen auf Instagram und Facebook am Beispiel von Koch, Kellnerin, Bergführer und Rezeptionistin versuchen, jungen Menschen den Einstieg in den touristischen Arbeitsmarkt schmackhaft zu machen.

IHS-Chef: Spezielle Branche

Im Schnitt waren heuer in den ersten fünf Monaten 220.000 Personen im Tourismus beschäftigt, sagte Kocher anlässlich der Eröffnung eines Tourismusforums in Wien. Über das Jahr gemessen werden sogar 500.000 Menschen zumindest für einen Tag als im Tourismus tätig angemeldet.

Allerdings sind nur 25 Prozent der Beschäftigten das ganze Jahr über in der Branche tätig, zeigt eine Studie des IHS, die in einer gemeinsamen Pressekonferenz von IHS-Direktor Klaus Neusser präsentiert wurde. Die Branche mit ihren Schwankungen je nach Tageszeit, Wochentag oder Saison sei sehr speziell, eine einfache Lösung für ihren Fachkräftemangel gebe es nicht, so Neusser.

Grundsätzlich empfiehlt er eine Verlängerung der Saison, um dauerhafte Jobs zu sichern. Und der Zuzug aus dem Ausland müsse erleichtert werden, da die lokale Bevölkerung insbesondere in Spitzenzeiten den Bedarf nicht decken könne. Auch eine Attraktivierung der Arbeitsbedingungen wäre hilfreich, etwa mehr Kinderbetreuung, wenn möglich am Wochenende.

Lehrlinge für Branche besonders wichtig

Kraus-Winkler wirbt insbesondere um mehr Lehrlinge. Immerhin 7.000 Neuanfänger habe es 2022 gegeben, ein Viertel mehr als nach dem Einbruch während der Pandemie. Vor 15 Jahren seien es allerdings noch 15.000 Neuanfängerinnen und Neuanfänger gewesen, so die Staatssekretärin.

Eine gute Lehrlingsausbildung wäre sehr wichtig für die Branche, so IHS-Chef Neusser. Denn die Lehrlinge blieben am ehesten ganzjährig und längerfristig in der Branche. Die nur 25 Prozent Dauerbeschäftigten erbrächten 50 Prozent der Arbeitsleistung, gab Neusser zu bedenken.

„Heiße Luft“

FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser bezeichnete die Kampagne als „heiße Luft“. Die FPÖ will Pensionisten motivieren, im Tourismus zu arbeiten. Dazu solle der Staat die Lohnnebenkosten übernehmen.

Die Tourismussprecherin der Grünen, Barbara Neßler, verwies auf Asylwerberinnen und Asylwerber, die bereits in Österreich seien, „die arbeiten wollen, und wir lassen sie nicht arbeiten, obwohl wir sie dringend brauchen“. Außerdem könnten mehr Frauen arbeiten gehen, wenn es eine flächendeckende Kinderbetreuung gäbe, so Neßler.

Sie weist damit auf das gleiche Thema hin wie NEOS-Tourismussprecherin Julia Seidl, die in einer Aussendung kritisierte, dass das Konzept der ÖVP den Ausbau der Kinderbetreuung ignoriere.

WKO sieht „wichtiges Zeichen“

Robert Seeber, Tourismusobmann der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), sieht in der Kampagne „ein wichtiges Zeichen“ für die Bedeutung der Mitarbeitenden in der Branche. Allerdings seien neben bewusstseinsbildenden Kampagnen konkrete Unterstützungsmaßnahmen notwendig.

Lob für die von den zwei ÖVP-Regierungsmitgliedern vorgestellte Kampagne gab es wenig überraschend von der ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund. Generalsekretär Kurt Egger sieht darin „einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung“.