Kreml-Kritiker Alexej Nawalny
Reuters/Evgenia Novozhenina
Aus der Haft

Neue Nawalny-Kampagne gegen Putin

Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny, gegen den am Montag ein weiterer Prozess eröffnet worden ist, hat eine neue Kampagne gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin angekündigt. „Wir werden einen Wahlkampf gegen den Krieg führen. Und gegen Putin.“ Seine Bewegung könne trotz des Verbots dieser durch gezielte Botschaften großen Einfluss haben, da „jede Oma inzwischen WhatsApp und Telegram hat“.

Nawalny kündigte einen „langen, hartnäckigen, anstrengenden, aber grundlegend wichtigen Wahlkampf, in dem wir die Menschen gegen den Krieg aufbringen werden“, an.

Der derzeit inhaftierte Nawalny sagte voraus, dass die Kampagne von den Behörden als „illegal und subversiv“ eingestuft werden würde. Trotzdem werde man sich mit aller Macht stemmen gegen „den Apparat des Krieges, der Korruption und der Dummheit“.

Nawalny äußerte sich über seine Anwälte auf sozialen Netzwerken. Eine Stellungnahme der russischen Regierung lag zunächst nicht vor. Die nächste Präsidentenwahl in Russland ist für 2024 angesetzt. Putin hat bisher nicht angekündigt, ob er wieder antreten wird.

Erstmals formell politische Vorwürfe

Vor der Erklärung stand Nawalny in einem neuen Verfahren vor einem russischen Gericht. Dabei drohen ihm Jahrzehnte zusätzlicher Haft. Die Anhörung fand in einem Straflager in Melechowo etwa 235 Kilometer östlich von Moskau statt, wo der 47-Jährige einsitzt. Diesmal werden ihm unter anderem die Anstiftung und Finanzierung von Extremismus sowie die Gründung einer extremistischen Organisation vorgeworfen.

Es sei das erste Mal, dass gegen Nawalny auch formell politische Vorwürfe erhoben würden, betonte sein Team. „Er wird wegen seiner politischen Arbeit vor Gericht gestellt“, sagte seine Sprecherin Kira Jarmysch der AFP. Nach eigenen Angaben droht Nawalny zudem ein Prozess vor einem Militärgericht wegen „Terrorismus“-Vorwürfen und damit eine lebenslange Haftstrafe.

Die Eltern des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny Anatoly und Lyudmila verfolgen den Prozess auf einem Bildschirm
IMAGO/TASS/Sofya Sandurskaya
Nawalnys Eltern, Anatoly und Ljudmila, reisten zum Prozess an, wurden aber nicht in den Gerichtssaal eingelassen

Übertragung von Prozessstart gestoppt

Das Verfahren wurde zunächst per Video in einem Raum für Journalisten übertragen, später jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt. Als Grund wurden Sicherheitsbedenken angeführt.

Seit zwei Jahren in Haft

Nawalny sitzt seit mehr als zwei Jahren hinter Gittern. Er ist bereits zu insgesamt elfeinhalb Jahren Strafkolonie verurteilt. Nawalny weist die Anschuldigungen als frei erfunden zurück. Menschenrechtsgruppen und westliche Regierungen betrachten Nawalny, der in der Vergangenheit selbst immer wieder nationalistische Positionen vertrat, als politischen Gefangenen. Die Führung in Moskau bestreitet das. Festgenommen wurde Nawalny im Jänner 2021.

Bei Flug vergiftet

Im August 2020 war er auf einem innerrussischen Flug zusammengebrochen. Zunächst wurde er in Russland behandelt, dann in die Berliner Charite verlegt. Dort wurde eine Vergiftung mit einem Nervengift festgestellt. Die Regierung in Moskau hat Vorwürfe zurückgewiesen, russische Behörden hätten versucht, ihn zu töten. Entgegen Warnungen vor neuerlicher Inhaftierung und politischer Verfolgung war Nawalny nach seiner Gesundung nach Russland zurückgekehrt. Dort war er umgehend verhaftet worden.

Nawalny hatte mit seinem Team Fälle von systematischer Korruption in der russischen Elite aufgedeckt und dokumentiert. Über ein Netzwerk von Büros in ganz Russland hatte er zudem Oppositionspolitiker unterstützt. 2018 wollte er selbst bei der Präsidentschaftswahl kandidieren, das wurde jedoch von den Behörden verhindert.