Kampfansage im Vorfeld des ÖGB-Kongresses

Im Vorfeld des heute beginnenden 20. ÖGB-Bundeskongresses sind am Vormittag die Fraktionskonferenzen gestartet worden. Bei den Sozialdemokraten wird Josef Muchitsch zum neuen Vorsitzenden gewählt, bei den Christgewerkschaftern Romana Deckenbacher. Bei der FSG dominierten Angriffe auf die Regierung, speziell auf die ÖVP. Zudem wurde die Eintracht zwischen Gewerkschaft und SPÖ beschworen.

Der scheidende Vorsitzende Rainer Wimmer warnte jedoch, nicht wieder die Kollektivvertragshoheit der Gewerkschaft über einen gesetzlichen Mindestlohn infrage zu stellen, wie das der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) gemacht hatte.

„Kollektivvertragspolitik ist Gewerkschaftspolitik und wird es immer bleiben.“ Gleichzeitig machte Wimmer aber klar, dass zwischen SPÖ und FSG kein Blatt passe: „Wir sind unschlagbar, wenn wir gemeinsam marschieren.“

Babler mit Standing Ovations empfangen

Am Nachmittag wurde Neo-SPÖ-Chef Andreas Babler mit minutenlangen Standing Ovations empfangen. In seiner Rede verwies er auf seine Jugend als Arbeiterkind, wiederholte Male betonte er, dass die Arbeitnehmer keine Bittsteller seien, und äußerte zudem den Wunsch, „dass jedes Parteimitglied Gewerkschaftsmitglied wird“.

Am Vormittag kamen bereits Grußworte der stellvertretenden Klubobfrau Julia Herr, die die Regierung wegen fehlender Antiteuerungsmaßnahmen attackierte und die ÖVP auch für die kika/Leiner-Turbulenzen mitverantwortlich machte. Den Einpeitscher gab FSG-Bundesgeschäftsführer Willi Mernyi, der der Volkspartei gar „Niedertracht“ vorwarf, koaliere diese doch um der Macht willen mit der FPÖ.

„Holen uns die Selbstverwaltung zurück“

Die programmatischen Ansagen kamen vom alten und vom neuen Vorsitzenden. Die Abschlagsfreiheit bei den Pensionen will Wimmer wiedererkämpfen: „Schampus saufen, aber Pensionen kürzen“, warf er der Volkspartei vor und auch, dass diese auf die Gewerkschaft noch draufgetreten sei, als sich Sebastian Kurz (ÖVP) an die Macht „geschwindelt“ habe. Wimmer sagte: „Wir holen uns die Selbstverwaltung, die Sozialversicherung zurück.“

Muchitsch ging es im Ton dezenter, in der Sache aber genauso kantig an. Es sei höchste Zeit, die Arbeitszeit zu verkürzen. Außerdem brauche es die klare Vision der sechsten Urlaubswoche. Eine weitere Forderung betraf neue Vermögenssteuern. Die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld soll auf 70 Prozent angehoben werden, wenn es nach dem neuen FSG-Chef geht.

Nehammer und Wöginger bei FCG

In der FCG, die etwas später mit ihrer Konferenz startete, kandidierte Norbert Schnedl nach 17 Jahren im Amt nicht mehr. Seine Position wird die ÖVP-Nationalratsabgeordnete Deckenbacher übernehmen. In seiner Abschiedsrede beschwor er den Zusammenhalt der Christgewerkschafter. Den „Spirit der christlichen Soziallehre“ sah er bei seiner Nachfolgerin gut aufgehoben.

Deckenbacher nannte dann den Kampf gegen den Arbeitskräftemangel, für Bildung und auch Arbeitszeitreduzierung, Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen und Kinderbetreuungsausbau als zentrale Anliegen.

Bei den Christdemokraten stand auch Bundeskanzler Karl Nehammer am Rednerpult. „Die vielfältigen Krisen zeigen den hohen Wert der Sozialpartnerschaft“, so Nehammer laut Aussendung. Kritik übte Nehammer unter anderem am neuen SPÖ-Chef Babler. „Vermeiden wir, dass ein Kommunist, ein Marxist oder ein rechtsextremer Populist an die Spitze des Staates kommt“, sagte in der Folge ÖVP-Klubchef August Wöginger.

Dichtes Programm

Die offizielle Eröffnung des 20. Bundeskongresses geht am Nachmittag in Szene. Neben Präsident Wolfgang Katzian, der sich erst am Donnerstag der Wiederwahl stellt, werden Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nehammer, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Esther Lynch, Generalsekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbunds, das Wort ergreifen.