Marienkäfer
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Kalt, feucht, heiß

Hochsaison für Gartenschädlinge

Der Regen im heurigen Frühjahr war für heimische Gartenbesitzer Segen und Fluch zugleich: Während die Vegetation augenscheinlich aufblühte, haben nun Pilzerkrankungen Hochkonjunktur. Viele plagen sich zudem mit Blattläusen und mancherorts auch Schnecken. Ein wenig Gelassenheit, Geduld und ein paar Tricks und Hausmittel lassen aber auch dieses Ungemach vorbeigehen.

Kirschbaumbesitzer und -besitzerinnen haben es heuer nicht leicht. Den einen haben die Niederschläge die Bestäubung verregnet, bei anderen wurden die Blüten durch Frost zerstört. Wer überhaupt Früchte am Baum hat, kann sich aber nicht immer über eine gute Ernte freuen. Die Niederschläge der vergangenen Wochen haben viele Früchte direkt am Ast aufplatzen bzw. verfaulen lassen, und viele Bäume leiden obendrauf auch noch an der Schrotschusskrankheit.

Die Schrotschusskrankheit wird von einem Pilz ausgelöst und betrifft heuer vor allem Kirschen, aber auch Kirschlorbeerpflanzen. Dabei bilden sich auf den Blättern Flecken, die sich später braun verfärben, die Blätter werden löchrig, bis das ganze Blatt braun wird und abfällt. Würden nicht – falls vorhanden – Kirschen am Baum hängen, könnte man angesichts der braunen Blätter meinen, dass schon Herbst ist.

Durch Schädlinge zerstörte Blätter
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Als wäre Herbst: Kirschbaumblätter mit Pilzerkrankung

Feuchtes Wetter begünstigt Pilzerkrankungen

Heuer gebe es sehr viele Pilzerkrankungen, neben der Schrotschusskrankheit unter anderem die Spitzendürre, die Kräuselkrankheit und auch den Sternrußtau bei Rosen, so Stefan Strobelberger, Bereichsleiter für das „Natur im Garten“-Telefon, gegenüber ORF.at.

Sie alle haben von der kühl-feuchten Witterungsphase profitiert, viele Erkrankungen seien daher im Jahreszeitenverlauf relativ früh dran. Derzeit verbreite sich dank der Wärme auch der echte Mehltau – als Hausmittel dagegen empfiehlt Strobelberger Backpulver: ein Sackerl in einem Liter Wasser auflösen und damit die Pflanzen spritzen.

Durch Schädlinge zerstörte Blätter
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Die Kräuselkrankheit setzt vor allem Pfirsichen zu

Bei allen Pilzerkrankungen gelte zudem: Blätter bzw. kranke Pflanzenteile bei frühem Befall wegnehmen bzw. aufsammeln und nicht auf den eigenen Kompost geben, so vorhanden, rät Lydia Matiasch, Pflanzenschutzexpertin von der HBLFA Gartenbau. Stattdessen sollten die Sporen abgetötet werden, entweder in einem schwarzen Sack in der Sonne oder in einer professionellen Kompostieranlage, die heiß kompostiert, wie in Wien. Pflanzen mit Viruskrankheiten sollten ohnedies in den Restmüll.

Schädlinge genau bestimmen

Rüsselkäfer haben derzeit ebenfalls viele heimische Gärten und Balkone fest im Griff, besonders bekannt ist der Dickmaulrüsselkäfer. Auch Maikäfer und Junikäfer können in großen Massen vorkommen, vor allem die Engerlinge können hier jeweils großen Schaden anrichten. Bevor die Engerlinge im Boden bekämpft werden, sollte man aber bestimmen oder bestimmen lassen, um welches Tier es sich handelt, empfiehlt Strobelberger, um auch gezielt handeln zu können.

Schädlinge
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Ein gärtnerischer Alptraum: Die Blätter ringeln sich durch den Blattlausbefall schon ein

Blattläuse haben ebenfalls Hochkonjunktur, das liegt einerseits an der Jahreszeit, wie Matiasch betont, andererseits sei offenbar heuer tatsächlich ein „extremes“ Blattlausjahr, meint Strobelberger. Dabei gibt es viele unterschiedliche Blattlausarten, die entweder eine spezielle Wirtspflanze bevorzugen oder auch wechseln. Einige müssen für die Fortbewegung zudem nicht auf Ameisen warten, die den „Nektar“ der Blattläuse nutzen und sie daher hegen und pflegen, und können je nach Entwicklungsstadium fliegen bzw. selber kriechen.

Marienkäfer sind niedlich und besonders gefräßig

Bei aller Unterschiedlichkeit haben die Blattläuse allerdings eines gemeinsam: die Fressfeinde. Dazu zählen unter anderem Marienkäfer, Schlupfwespen, Schwebefliegen und Florfliegen bzw. deren Larven. Aber auch Ohrwürmer, Wespen und Singvögel fressen gerne Blattläuse. Als physische Barriere gedacht, wird von Leimringen gegen die am Stamm kriechenden Ameisen eher abgeraten, zumindest auf Dauer: Daran könnten Vögel festkleben.

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Marienkäfer
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Marienkäfer und ihre Larven haben Läuse zum Fressen gern
Schädlinge
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Marienkäferlarve bei der Arbeit
Schädlinge
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Auf dieser Kamille hat der Marienkäfer gut zu tun – für Tee ist sie unbrauchbar
Läuse
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Ein Anblick, der vielen Gärtnern und Gärtnerinnen Schrecken bereitet: Alles voller Läuse
Läuse
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Die Pflanzen leiden unter dem Lausbefall, erholen sich in der Regel aber wieder gut

Wichtig ist, die Nützlinge bzw. deren Gelege richtig zu erkennen. Wie ein Marienkäfer aussieht, wissen viele, deutlicher weniger aber, dass gelb- bis orangefarbene längliche Eier an der Blattunterseite ihr Gelege sind. Auch die Larven der Marienkäfer erkennen viele Menschen nicht. Dabei sind gerade Marienkäfer als Mittel gegen Blattläuse hocheffektiv: Ein Käfer frisst rund 80 Blattläuse pro Tag, die Larven noch mehr. Binnen Tagen können sie auch stark befallene Pflanzen von sämtlichen Läusen befreien.

Auch Blattläuse sind wichtig

So störend und mühsam sie für Gärtner sind, im ökologischen Gesamtgefüge sind auch Blattläuse nützlich, als Futter für Jungtiere etwa. Für die Wirtspflanze können sie je nach Befall aber durchaus schädlich sein, da sie wie Thripse auch Viruskrankheiten übertragen können. Daher kann es sinnvoll sein, sie frühzeitig zu beseitigen, bestenfalls mechanisch, entweder durch Abspritzen mit einem starken Wasserstrahl oder durch Zerdrücken.

Wer das nicht mag, kann Urgesteinsmehl darüberstreuen, meint Strobelberger. Auch Brennnesseljauche, 24 Stunden angesetzt, kann Abhilfe schaffen. Selbst hartgesottene Biogärtner geben allerdings, wenn auch nicht unbedingt öffentlich, zu, dass gegen manche Schädlinge manchmal nur Gift hilft. Dann allerdings sollte man sich womöglich ohnedies von der gesamten Pflanze trennen.

„Jedes Tier hat eine Funktion“

Blattläuse zu entfernen, und dabei vielleicht auch Nützlinge wie Marienkäfer, davon hält Katharina Foglar-Deinhardstein von der Umweltberatung wenig. Ob ein Tier Nützling oder Schädling und eine Pflanze Unkraut sei oder nicht, liege im Auge des Betrachters bzw. des Standpunkts und hänge vor allem vom subjektiven Interesse der Menschen ab. Für die Aufzucht des Nachwuchses brauche ein Vogel etwa 25 Kilo Insekten im Jahr: „Jedes Tier hat eine Funktion“, so Foglar-Deinhardstein.

Entsprechend skeptisch ist sie beim Ansatz, Schnecken großflächig zu bekämpfen. Studien hätten gezeigt, dass Vögel Schnecken bzw. deren Gehäuse für starke Eierschalen brauchen. Zwar empfiehlt die Umweltberatung gegen Nacktschnecken Schneckenkorn auf Basis von Eisen-III-Phosphat, zu viel davon könne aber den Boden schädigen, warnt sie. Sie verweist auf Glühwürmchen, die sich von Schnecken ernähren, deren Larven aber drei Jahre für die Entwicklung brauchen. Auch physische Barrieren wie ein Schneckenzaun und Mulchen könnten gut helfen. Alternativ kann man die Schnecken absammeln und wegbringen.

Schädlinge
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In naturnahen Gärten nimmt auch die Diversität stark zu

In Wien und im Süden hat sich zuletzt die gefleckte Weinbergschnecke stark verbreitet, die von den milderen Wintern profitiert. Sie frisst einerseits welke Blätter, verschmäht andererseits aber auch frisches Gemüse, Blumen, Blätter und sogar Kirschbaumblätter in luftiger Höhe nicht. Sie wird selber gezielt zum Essen gezüchtet – am Beispiel Schnecke wird dabei deutlich, dass der Grat zwischen Schädling und Nützling mitunter ein sehr dünner ist.

Schädlinge sind wie das Wetter: regional

Es gebe auch bei den Schädlingen bzw. Krankheiten regionale Unterschiede, sagt Bernd Kajtna, Geschäftsführer des Vereins Arche Noah, zudem variiere die Belastung von Jahr zu Jahr, auch bei Schädlingen und Nützlingen. So sei 2022 für Mehltau ideal gewesen, er habe unbemerkt in den Knospen überwintern können, quasi eine Spätfolge. Die Trockenheit allgemein habe 2022 Pflanzen und Bäume zudem schwächen können, der Stress wirke sich heuer zum Teil in Form von erhöhter Anfälligkeit aus.

Die beste Absicherung gegen Krankheiten und Schädlinge sei eine möglichst große Vielfalt im Garten, sagen alle befragten Experten und Expertinnen unisono: „Irgendeine Sorte trägt immer“, so Kajtna. Ein gut zusammengestellter Garten reguliere sich mit der Zeit von selber. Selbst wenn eine Pflanze nicht direkt als Futterpflanze oder Lebensraum nützlich für Tiere und Insekten sei, wenn es ausreichend Ausgleich durch verwertbare andere Pflanzen gebe, sei das auch kein Problem. Es gebe für jedes Insekt eine Schlupfwespe, meint Matiasch, aber jede brauche eine andere Wirtspflanze – in einem artenreichen und naturnahen Garten sind diese eher vorhanden.

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Durch Schädlinge zerstörte Blätter
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Bei diesen Erdbeeren waren die Schnecken und Asseln einfach schneller
Durch Schädlinge zerstörte Blätter
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Die Schrotschusskrankheit hält, was der Name „verspricht“
Durch Schädlinge zerstörte Blätter
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Dieser Apfelbaum hat unter Blattlausbefall ebenfalls gelitten
Durch Schädlinge zerstörte Blätter
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Geschwächte Bäume wie diese alte Kirsche können gleich mehrere Krankheiten und Schädlinge haben
Schnecke auf Blättern
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Dieser Kirschbaum hat es nicht leicht: Läuse, Pilz und dann noch eine Schnecke, die es auf zwei Meter Höhe geschafft hat

Jede Pflanze hat ihre Bedürfnisse

Wichtig, auch da sind sich alle Befragten einig, ist der richtige Standort und die passende Pflanze – wenn ein bestimmter Kürbis in einem Garten nicht wachsen will, kann man ihn vielleicht mit viel Aufwand und Kosten weiterbringen, Spaß macht das meist keinen. Da ist es sinnvoller, eine andere Sorte auszuprobieren.

Ein Herbstapfel ist nicht für Gegenden mit kurzen Sommer geeignet, ebenso wenig werden sich in einem sterilen Garten mit englischem Rasen viele Nützlinge ansiedeln. Da hilft dann auch kein schickes Bienenhaus. Und wer dringend Tagetes haben will, wird einen steten Abwehrkampf gegen Schnecken führen müssen – außer sie sind als Opferpflanzen gedacht, was mitunter auch als Gegenmittel gegen Fressfeinde eingesetzt wird.

Geduld und viel beobachten hilft

Geduld, Vertrauen und viel beobachten hilft jedenfalls, rechtzeitig zu erkennen, wenn etwas im Garten falsch läuft. Bei Blattlausbefall lassen im passenden Umfeld die Marienkäfer meist nicht lange auf sich warten, man muss nur die Nerven bewahren. Pflanzen unterstützen durch richtige Pflege, nicht zu viel und nicht zu wenig wässern und düngen sei der beste Pflanzenschutz, meint Pflanzenschutzexpertin Matiasch – gerade Blattläuse würden zu viel Stickstoff lieben.

Zu viel Dünger lasse Pflanzen zwar schnell wachsen, mache sie aber durch dünnere Zellwände anfälliger für saugende Schädlinge, sagt Foglar-Deinhardstein. Was für den Menschen gesund und „vital“ aussieht, ist in den Augen einer Blattlaus ein wahrlich gefundenes Fressen. Sie rät auch, auf die Selbstverteidigungskräfte der Pflanzen zu vertrauen. Diese seien gar nicht so hilflos, sofern es die richtige Pflanze für den richtigen Standort ist, das gelte auch für Balkone.

Paradeiser etwa verteidigen sich durch gelbgrünen Staub gegen Blattläuse, alte Sorten sind meist herber, auch als Schutz vor Fressfeinden. Manchmal reicht ein Umsetzen im Garten, damit die Pflanze sich wohlfühlt, und manche Pflanzen sind einfach fehl am Platz und sollten besser ausziehen. Am Ende solle ein Garten, zumindest im privaten Bereich, Spaß und Freude machen, rät Foglar-Deinhardstein zu mehr Gelassenheit: Sie stelle gar nicht den Anspruch auf die gesamte Ernte in ihrem Garten. Das erleichtere ungemein.