Hunter Biden
AP/Andrew Harnik
Einigung bei Gericht

Hunter Bidens Schritt aus der Schusslinie

Schon bei der Wahl 2020 hat er als Achillesferse der Präsidentschaftsambitionen seines Vaters gegolten, für die Wahl nächstes Jahr wird Ähnliches erwartet. Nun hat Hunter Biden, Sohn von US-Präsident Joe Biden, eine Einigung mit der Bundesstaatsanwaltschaft erzielt. Bei zwei Steuervergehen wird er sich laut US-Medienberichten schuldig bekennen, bei einem Verstoß gegen das Waffenrecht läuft alles auf eine Diversion hinaus. Hunter Biden versucht sich damit aus der Schusslinie zu nehmen. Dass die Debatte um ihn endet, ist aber unwahrscheinlich.

Laut US-Medien habe Biden zugestimmt, sich in zwei Fällen der Nichtzahlung von Steuern in den Jahren 2017 und 2018 schuldig zu bekennen. In Summe soll sich die Steuerschuld auf etwa 1,2 Millionen Dollar belaufen – die laut Bidens Anwaltsteam bereits beglichen wurde. Der Präsidentensohn stimmte laut den Medien einer Bewährungsstrafe bereits zu, diese muss nun noch von einem Bundesrichter genehmigt werden.

Wesentlich heikler war das Verfahren wegen illegalen Waffenbesitzes. Biden soll nämlich falsche Angaben über seinen Drogenkonsum gemacht haben, als er eine Handfeuerwaffe gekauft hatte. Eine Anklage in diesem Fall wäre äußerst peinlich für die regierenden US-Demokraten gewesen, die sich für schärfere Waffengesetze starkmachen.

Reue und Genesung

Bidens Verteidiger argumentierten, dass Biden ein genesender Süchtiger ist, dem relativ geringfügige Vergehen vorgeworfen werden – die Art von Fällen, die normalerweise nicht von den Bundesbehörden verfolgt werden. Sie mutmaßen, dass die Ermittlungen schon längst eingestellt worden wären, wenn er nicht der Sohn des Präsidenten wäre. Ihr Mandant wolle nun die Verantwortung für seine Fehler übernehmen.

Gleichzeitig strichen die Verteidiger die schwierigen Lebensumstände heraus. Denn die Fehler habe er „in einer Zeit der Turbulenzen und der Sucht in seinem Leben gemacht. Er freut sich darauf, seine Genesung fortzusetzen und nach vorne zu blicken“, zitierte die „Washington Post“ aus den Anwaltsunterlagen.

Meistens ein Nebendelikt

Der Waffenkauf fand Ende 2018 statt, laut seiner eigenen Autobiografie konsumierte Biden damals Crack und Kokain, gab das aber in den Papieren für den Waffenkauf nicht an. Laut Medienberichten besaß er die Waffe weniger als zwei Wochen, seine damalige Freundin warf sie einfach in einen Mistkübel in Delaware. Dass nun eine Diversion zustande kommt, ist laut Rechtsexperten nicht ungewöhnlich. Derartige Falschangaben würden meist nur als Nebendelikt zu einem Gewaltverbrechen verfolgt, sagte Adam Winkler, Jusprofessor an der UCLA, der „Washington Post“.

Untersuchungen seit 2018

Eingeleitet wurden die Untersuchungen 2018, noch während der Präsidentschaft von Donald Trump. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob Biden Steuern auf Gelder hinterzogen hat, die er von Geschäftskunden im Ausland erhalten hat. Biden wurde schon zuvor vorgeworfen, die politische Karriere seines Vaters zu seinem Vorteil ausgenutzt zu haben.

Im Mittelpunkt steht dabei seine Geschäftstätigkeit in der Ukraine und in China – sie reicht bis in die Zeit zurück, als sein Vater Vizepräsident unter Barack Obama (2009 bis 2017) war. Nach der russischen Annexion der Krim 2014 betraute Obama Joe Biden mit den Ukraine-Agenden. Praktisch gleichzeitig zog sein Sohn in den Vorstand des gewichtigen ukrainischen Gasproduzenten Burisma ein, der in einige Korruptionsaffären verwickelt war.

Trump-Telefon führt zu Amtsenthebungsverfahren

Und das versuchte Trump zu nutzen: Wie durch einen CIA-Whistleblower bekanntgeworden war, hatte Trump im Juli 2019 in einem Telefonat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gedrängt, Korruptionsermittlungen gegen Hunter Biden aufzunehmen. Trump wurde in der Folge vorgeworfen, US-Militärhilfe an diese „Bitte“ geknüpft zu haben. Nach Bekanntwerden wurde ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet, das aber durch die Republikaner im Kongress abgelehnt wurde.

Laptop sorgte für Verwirrung und Gerüchte

Die Wirrnisse um Biden erhielten zusätzlichen Sprengstoff durch Daten von seinem Laptop. Im April 2019 soll er diesen im US-Bundesstaat Delaware zur Reparatur gebracht, aber nie abgeholt haben. Der Inhaber des Computershops, ein Anhänger des damaligen US-Präsidenten Trump, übergab den Laptop schließlich im Dezember 2019 dem FBI und beantragte eine Untersuchung des Inhalts. Zuvor hatte er zwei Kopien der Festplatte angefertigt, von denen eine im September 2020 in den Besitz von Trumps Anwalt Rudy Giuliani gelangte.

Die Festplatte enthielt 217 Gigabyte an Daten, darunter Zehntausende Textnachrichten und E-Mails. Was sich in diesen Daten alles befand, sorgte monatelang für Spekulationen bis hin zu Verschwörungstheorien. Manche veröffentlichten Daten dürften sich tatsächlich auf dem Laptop befunden haben, manche Veröffentlichungen waren offenbar gefälscht. Die große Aufregung und angebliche Skandale blieben bisher jedoch ein Sturm im Wasserglas.

Punktegewinn für Biden

Expertinnen und Experten spekulieren nun, ob sich mit der gerichtlichen Einigung der Wirbel um Biden legt – oder er im nächsten US-Wahlkampf wieder im Zentrum der republikanischen Angriffe stehen wird, die bisher schon versucht haben, seine rechtlichen Probleme direkt mit seinem Vater in Verbindung zu bringen. Es wurde behauptet, das Ausmaß des Fehlverhaltens in der Familie Biden gehe weit über einen einfachen Steuer- und Waffenfall hinaus. Und das Justizministerium versuche damit, die Verfolgung ernsterer Angelegenheiten zu verschleiern.

Immerhin wurde die nunmehrige Vereinbarung Bidens mit dem US-Staatsanwalt von Delaware, David Weiss, geschlossen. Und der wurde seinerzeit von Trump eingesetzt – ein Punktegewinn für Biden. Aus der unmittelbaren Schusslinie dürfte der Präsidentensohn damit kommen, abgeschlossen scheint die Debatte aber nicht. Hunter Biden ist der zweite Sohn des Präsidenten. Sein älterer Bruder Beau Biden starb 2015 an einem Hirntumor. Hunter und Beau hatten als Kinder einen schweren Autounfall überlebt, bei dem 1972 Joe Bidens erste Ehefrau Neilia und die gemeinsame Tochter Naomi starben.