Bau einer Wohnhausanlage nahe einem Feld
ORF.at/Lukas Krummholz
Einigung gescheitert

Weiter kein Plan gegen Bodenverbrauch

Fast zwei Jahre nach der ersten Ankündigung hätte am Dienstag eine Strategie gegen den hierzulande sehr hohen Bodenverbrauch beschlossen werden sollen. Doch Streit darüber, wie verbindlich und mit welchen konkreten Zielvorgaben diese ausgestattet sein soll, hat eine Einigung verhindert. Über den Sommer starten ÖVP, Grüne, Länder und Gemeinden einen neuen Versuch, auf einen grünen Zweig zu kommen.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hatte am Montag den Bundesländern noch „klare Zielvorgaben“ angekündigt, während Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) auf „eine Diskussion des bisherigen Vorschlags“ setzte. Ein neuer Termin ist vorerst nicht bekannt. Der Entwurf wurde am Dienstag jedenfalls präsentiert und diskutiert.

Die Bodenschutzstrategie soll künftig zentrale Maßnahmen zur substanziellen Reduktion der Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung in Österreich regeln. Bund, Länder, Städte und Gemeinden sowie Wirtschafts- und Sozialpartner sollen wissenschaftlich fundierte Maßnahmen zum Schutz des Bodens umsetzen.

Weiter kein Plan gegen Bodenverbrauch

Fast zwei Jahre nach der ersten Ankündigung hätte am Dienstag eine Strategie gegen den hierzulande sehr hohen Bodenverbrauch beschlossen werden sollen. Doch Streit darüber, wie verbindlich und mit welchen konkreten Zielvorgaben diese ausgestattet sein soll, hat eine Einigung verhindert. Über den Sommer starten ÖVP, Grüne, Länder und Gemeinden einen neuen Versuch, auf einen grünen Zweig zu kommen.

Neues Datenmodell als Kernpunkt

Ein Kernelement der Strategie ist ein neues Datenmodell, um künftig genauere und einheitliche Daten zur Flächennutzung in Österreich zur Verfügung zu stellen. Die Umsetzung soll mit Hilfe eines Aktionsplans und durch Monitoring garantiert werden.

Einzelne offene Punkte sollen laut Beschluss der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) in einer Arbeitsgruppe bis nach dem Sommer geklärt werden. In der Arbeitsgruppe werden je zwei Vertreterinnen bzw. Vertreter von Bund und Ländern sowie je eine Vertreterin bzw. ein Vertreter von Gemeinde- wie Städtebund anwesend sein.

Weniger Zersiedelung als heikles Ziel

Die Bodenstrategie enthält vier generelle Ziele, die alle aufgrund sehr divergierender Interessen bei der Umsetzung heikel sein werden: Schutz von Frei- und Grünland, Unterbindung der Zersiedelung, effiziente Innenentwicklung, um geeignete Baulandbestände im Siedlungsgebiet bestmöglich zu nutzen, sowie Intensivierung der Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit.

Für NGOs nicht ausreichend

Rund 20 Monate sind seit der Ankündigung der Strategie inzwischen vergangen, schon im Vorfeld wurde der Entwurf von NGOs mit Kritik bedacht. Greenpeace kritisierte etwa, dass schon 2002 in der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes das 2,5-Hektar-Ziel genannt wurde, ein politischer Beschluss aber bis heute fehle.

Der WWF forderte nach dem Bekanntwerden der Vertagung „einen glaubwürdigen Neustart in der Bodenpolitik“. Greenpeace sieht in der Absage an eine „wirkungslose Bodenstrategie“ eine Chance, um die Bodenzerstörung zu stoppen. Neben einem verpflichtenden Reduktionsziel fehlen Greenpeace „schnelle, effektive Maßnahmen, die den Bodenverbrauch tatsächlich reduzieren“. Die vom zuständigen Landwirtschaftsminister Totschnig vorgelegte Strategie sieht die NGO als „erneuten Freibrief für das Zubetonieren“.

SPÖ wirft ÖVP fehlende Ambition vor

SPÖ-Klimasprecherin Julia Herr und SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker sehen die Verantwortung für das Scheitern bei der ÖVP. Diese säge mit ihren „wenig ambitionierten Plänen“ den Ast ab, „auf dem wir alle sitzen“. Ganz ähnlich auch die grüne Umweltsprecherin Astrid Rössler – ohne allerdings den Koalitionspartner direkt zu kritisieren: „Mit uns gibt es keine halben Sachen! Wir brauchen echten Bodenschutz.“

Von einer „bodenlosen Frechheit“ sprach NEOS-Klimasprecher Michael Bernhard. Noch am Montag habe die Regierung „vollmundig“ die Einigung angekündigt, einen Tag später sei die Strategie auf „unbestimmte Zeit“ verschoben. Die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler breche damit ein weiteres ihrer Versprechen, während der Bodenfraß unvermindert weitergehe.

Landwirtschaft sieht Schuld bei Grünen

Landwirtschaftskammerchef Josef Moosbrugger sah die Schuld dagegen bei den Grünen und sprach von einer „vergebenen Chance“. Auch wenn es keine Einigung auf quantitative Zielwerte gegeben habe, habe man immerhin eine „gemeinsame Strategie mit konkreten Maßnahmen abgestimmt“. In letzter Minute hätten die Grünen alles aufs Spiel gesetzt und einen Beschluss blockiert.

Noch keine verbindlichen EU-Vorgaben

Auf EU-Ebene gibt es derzeit kein rechtsverbindliches politisches Ziel in Bezug auf Flächenverbrauch und Bodenversiegelung. In der neuen EU-Bodenschutzstrategie wurden jedoch die einzelnen Staaten dazu aufgefordert, Zielvorgaben für die Flächeninanspruchnahme bis 2030 festzulegen – letztlich gilt das Ziel, bis 2050 die Neutralität der Flächeninanspruchnahme zu erreichen.