U-Boot auf dem Weg zum Titanic-Wrack
Reuters/Oceangate Expeditions
Intensive Suche

Wettlauf gegen Zeit um „Titanic“-U-Boot

Die Küstenwachen Kanadas und der USA haben am Dienstag weiter fieberhaft nach dem nahe dem Wrack der „Titanic“ im Nordatlantik verschwundenen Mini-U-Boot mit fünf Menschen an Bord gesucht. Die seit Sonntag laufende Suche zu Wasser und aus der Luft habe bisher „keine Ergebnisse“ erbracht, sagte Küstenwachenkapitän Jamie Frederick am Dienstag.

Die Zeit drängt – laut Frederick blieb den Insassen des U-Boots am Dienstag nur noch Sauerstoff für weniger als zwei Tage. Das vom Unternehmen OceanGate Expeditions betriebene Mini-U-Boot „Titan“ war am Sonntag zu einer touristischen Tauchfahrt zum Wrack der im Nordatlantik gesunkenen „Titanic“ aufgebrochen.

Nach etwas weniger als zwei Stunden war der Kontakt zum Begleitschiff abgebrochen, seither fehlt von dem U-Boot und den fünf Insassen jede Spur. Das Suchgebiet rund 650 Kilometer vor der Küste der kanadischen Provinz Neufundland ist laut US-Küstenwache rund 20.000 Quadratkilometer groß.

Suche nach verschollenem „Titanic“-U-Boot

Im Atlantik vor der Küste Nordamerikas ist vor über 110 Jahren die Titanic gesunken. Das Wrack ist Sehnsuchtsort von Abenteurern geworden, doch das birgt Gefahren. Aktuell läuft eine Suchaktion nach einem vermissten Tauchboot.

Suche mit Sonarbojen

Ein kanadisches Suchflugzeug warf an der Stelle, wo das „Titanic“-Wrack liegt, Sonarbojen ab, die nach Geräuschen des Mini-U-Boots forschen sollen. Auch unter Wasser wird seit Dienstag gesucht. Frankreich entsandte ein Spezialschiff mit einem Tiefseetauchroboter zur Unterstützung der Sucharbeiten.

Milliardär und Geschäftsmann unter Vermissten

An Bord der „Titan“ befinden sich drei zahlende Passagiere. Es handelt sich um den britischen Milliardär, Piloten und Weltraumtouristen Hamish Harding sowie den prominenten pakistanischen Geschäftsmann Shahzada Dawood und seinen Sohn Suleman, die einer der reichsten Familien des Landes angehören. Ein Platz als Passagier in dem Tauchboot kostet laut Website 250.000 Dollar (rund 229.000 Euro).

OceanGate-Chef auch im U-Boot

An Bord des vermissten U-Boots ist laut US-Medienberichten auch der Chef der Betreiberfirma OceanGate. Stockton Rush nahm laut Angaben der TV-Sender NBC und CNN und unter Berufung auf OceanGate an der Expedition zum Wrack der „Titanic“ teil. Der fünfte Vermisste neben Rush und den drei zahlenden Passagieren sei der französische „Titanic“-Experte Paul-Henri Nargeolet.

Ein Uboot der OceanGate Expeditions
AP/OceanGate Expeditions
Das Tauchboot „Titan“ des Unternehmens OceanGate Expeditions

Kompass bei früherem Tauchgang ausgefallen

Der US-Drehbuchautor Mike Reiss, der das „Titanic“-Wrack im vergangenen Jahr mit demselben Mini-U-Boot besucht hatte, schilderte der BBC die Tour. Der Kompass sei damals sofort ausgefallen und habe sich nur noch wild gedreht, „wir mussten blind am Boden des Ozeans herumrudern“. Vor Beginn der Fahrt hätten alle Teilnehmer einen Haftungsausschluss unterzeichnen müssen, in dem schon „auf der ersten Seite dreimal das Wort Tod vorkommt“.

Reporter: Mit Gamecontroller gesteuert

Der Reporter David Pogue vom US-Sender CBS, der die Fahrt im vergangenen Jahr mitgemacht hatte, sagte der BBC, das Gefährt habe auf ihn einen improvisierten Eindruck gemacht. „Man steuert dieses U-Boot mit einem Xbox-Controller“, sagte Pogue.

Ein Teil des Ballasts bestehe aus Baurohren. Falls das Boot eingeklemmt werde oder leckschlage, „gibt es kein Back-up, keine Rettungskapsel“, sagte er. Der ehemalige U-Boot-Offizier Frank Owen sagte der BBC, die größte Herausforderung für die Eingeschlossenen sei es, ruhig zu bleiben und nicht zu viel Sauerstoff zu verbrauchen.

Tauchboot zu „Titanic“-Wrack vermisst

Ein Tauchboot, das gelegentlich Touristen zum Wrack der „Titanic“ bringt, wird im Atlantik vermisst. Derzeit werde vor der Küste der kanadischen Insel Neufundland nach dem Gefährt gesucht, teilte die Küstenwache in der US-Stadt Boston mit. Das Privatunternehmen OceanGate Expeditions bestätigte, dass Menschen an Bord seien.

Experte: Stockfinster und erheblicher Wasserdruck

Der Ozeanforscher Robert Blasiak vom Stockholm Resilience Centre wies auf die schwierigen Bedingungen im Suchgebiet hin. „Der Ozean ist im Durchschnitt vier Kilometer tief, dieses U-Boot befindet sich also in großer Tiefe“, sagte Blasiak der BBC.

Licht dringe höchstens einen Kilometer weit in die Meeresoberfläche ein, es sei also stockfinster bei gleichzeitig erheblichem Wasserdruck. „Wir wissen, wo die ‚Titanic‘ ist, aber wir wissen nicht, wo das Tauchboot ist. Es könnte also sein, dass es bei Weitem nicht so tief ist, und darauf sollten wir alle zum jetzigen Zeitpunkt hoffen.“

Mehrere Szenarien möglich

Der U-Boot-Experte Alistair Greig vom University College London nannte im BBC-Gespräch mehrere mögliche Szenarien des Vorfalls. Bei einem Strom- oder Kommunikationsausfall könne es sein, dass das Tauchboot zur Oberfläche getrieben wird. Deutlich schlechter wäre die Lage, sollte der Rumpf beschädigt worden sein und es ein Leck geben. „Dann ist die Prognose nicht gut“, sagte Greig.

Schwierig wäre es auch, wenn das U-Boot nicht mehr aus eigener Kraft vom Meeresboden aufsteigen könne. „Auch wenn das Tauchboot möglicherweise noch intakt ist, gibt es, wenn es tiefer als 200 Meter ist, nur sehr wenige Schiffe, die so tief vordringen können, und schon gar keine Taucher“, sagte der Experte. „Die für die U-Boot-Rettung der Marine konzipierten Fahrzeuge können sicherlich nicht annähernd in die Tiefe der ‚Titanic‘ vordringen. Und selbst wenn sie es könnten, bezweifle ich sehr, dass sie an der Luke des Touristentauchboots festmachen könnten.“

Touren dauern acht Tage

Bei der „Titan“ handelt sich im engen Sinne um ein Tauchboot, weil es nicht aus eigener Kraft in Häfen ein- und ausfährt. Nach Unternehmensangaben ist die „Titan“ 6,70 Meter lang.

OceanGate zufolge dauern die Touren des Unternehmens, die von Neufundland aufbrechen, insgesamt acht Tage. Das Unternehmen bewirbt die Fahrten mit dem Tauchboot laut BBC als Chance, „aus dem Alltag herauszutreten und etwas wirklich Außergewöhnliches zu entdecken“. Die Firma hatte kürzlich mitgeteilt, dass eine Expedition unterwegs sei. Es sollte sich dabei voraussichtlich um die einzige solche Expedition in diesem Jahr handeln, so Medien.

„Titanic“ bei Jungfernfahrt gesunken

Die „Titanic“ war 1912 auf ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York im Nordatlantik gesunken, mehr als 1.500 der 2.200 Menschen an Bord starben. Die Überreste des berühmten Luxusdampfers wurden 1985 in rund 3.800 Meter Tiefe entdeckt.

Filme wie der Blockbuster „Titanic“ (1997) mit den Hollywood-Stars Kate Winslet und Leonardo di Caprio heizten bereits seit der Stummfilmzeit das Interesse an der Katastrophe weiter an. Erst vor Kurzem hatten Wissenschaftler mit Hilfe hochauflösender 3-D-Bilder die bisher genaueste Darstellung des Wracks geboten.