der französische Präsident Emmanuel Macron und die Regierungschefin der Insel Barbados Mia Amor Mottley
APA/AFP/Christophe Archambault
Klimakrise

Pariser Gipfel als Solidaritätstest

Ein mit 50 Staats- und Regierungschefs und -chefinnen prominent besetzter Finanzgipfel in Paris sucht seit Donnerstag zwei Tage lang neue Wege für den Kampf gegen Klimakrise, Armut und Überschuldung der ärmeren Länder. Es geht um Reformen des Währungsfonds und der Weltbank, aber auch um mehr Privatinvestitionen für die grüne Wende in den Ländern des Südens. Der Gipfel gilt vor allem als Lakmustest für die Entschlossenheit der industrialisierten Welt, im Kampf gegen die Klimakrise solidarisch zu agieren.

In Paris sollen unter anderem neue Methoden entwickelt werden, die am schlimmsten vom Klimawandel geschädigten Länder – die zugleich auch zu den ärmsten und höchstverschuldeten gehören – finanziell besser zu unterstützen. „Der Kampf gegen Armut, die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und der Erhalt der Artenvielfalt sind eng miteinander verbunden“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als Gastgeber im Vorfeld. Er veranstaltet den Gipfel gemeinsam mit der Regierungschefin der Insel Barbados, die sich 2021 zur Republik wandelte, Mia Mottley. Sie will laut „Guardian“ die nach der Hauptstadt der Insel benannte „Bridgetown-Initiative“ vorantreiben.

Insgesamt sollen etwa hundert Länder auf der Konferenz vertreten sein. Zugesagt haben Staats- und Regierungschefs zahlreicher afrikanischer und südamerikanischer Länder, unter ihnen auch der brasilianische Präsident Luis Ignacio Lula da Silva. Für Österreich nimmt Wirtschaftsminister Martin Kocher teil, der den terminlich verhinderten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Paris vertritt.

Teilnehmerfeld von IWF bis Thunberg

Auch Vertreter der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds, der Vereinten Nationen, der OECD und der EU werden erwartet. Parallel dazu wollen viele Nichtregierungsorganisationen ihren Forderungen nach einer entschlosseneren Klimapolitik Nachdruck verleihen. So soll der Eiffelturm symbolisch zu einem Windrad umgestaltet werden. Auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg wird erwartet.

Weihnachtsinsel (Kiritimati) im Inselstaat Kiribati
IMAGO/Andre Seale
Arme Inselstaaten wie Kiribati sind durch den steigenden Meeresspiegel in ihrer Existenz bedroht

Paris hofft auf „Fahrplan“

Konkrete Ergebnisse werden nicht erwartet. Frankreich hofft, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einen „Fahrplan“ mit weiteren Schritten einigen. Fortschritte sind denkbar bei Diskussionen über eine CO2-Steuer für die Schifffahrt. Frankreich wolle dieser Idee „politischen Schwung“ verleihen, hieß es aus dem Elysee-Palast. Auch die Forderung ärmerer Staaten, die Rückzahlung von Schulden im Fall von Klimaschäden aufzuschieben, dürfte ein Thema sein.

Klimakrise und Armut zusammendenken

Ein wichtiger Punkt ist die Reform der multilateralen Entwicklungsbanken. Sie sollen besser zusammenarbeiten. „Kein Land soll vor die Wahl gestellt sein, entweder Armut zu bekämpfen oder den Planeten zu retten“, hieß es aus dem Elysee. Das soll als Konsens in Paris verankert werden. „So eine Veranstaltung dient vor allem dazu, Themen in die internationale Diskussion zu bringen“, sagte Louis-Nicolas Jandeaux von der Organisation Oxfam. Er warnte daher vor zu hohen Erwartungen.

Kritik an Entwicklungsbanken

Die Entwicklungsbanken stehen unter Druck, armen Ländern stärker bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte kürzlich, die internationale Finanzarchitektur „widerstandsfähiger und gerechter“ zu machen.

Weltbank und Währungsfonds stehen in der Kritik, die Dramatik der Situation ärmerer Länder angesichts der Dreifachbedrohung – Klimakrise, Armut und Verschuldung – nicht erkannt zu haben. Eine der Ursachen sehen viele darin, dass die Industriestaaten – als Geldgeber – in beiden Foren das Sagen haben, während die Länder des Globalen Südens kaum Gewicht haben.

Gegebene Versprechen nicht eingelöst

Die Industrieländer hatten sich bereits 2009 das Ziel gesetzt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Auf der Pariser Klimakonferenz 2015 wurde festgelegt, das bis zum Jahr 2025 zuzusichern und danach ein höheres Ziel festzuschreiben. Diese Versprechen sind bisher freilich nicht eingelöst.

COP21 in Paris 2015
IMAGO/Xinhua
Die Geldzusagen, die der Westen 2015 gab, sind bis heute nicht erfüllt

Bühne für „Bridgetown-Initiative“

Barbados-Regierungschefin Mottley wird sich mit der „Bridgetown-Initiative“ für Schuldenerlass für einige der ärmsten Länder, die von der Klimakrise bedroht werden, einsetzen. Mottley fordert zudem die Verdreifachung der Hilfsmittel von Weltbank und Co. sowie neue CO2-Steuern, um den Kampf gegen die Klimakrise zu finanzieren.

Gipfel widmet sich Kampf gegen Klimakrise

Ein mit 50 Staats- und Regierungschefs und -chefinnen prominent besetzter Finanzgipfel in Paris sucht ab Donnerstag zwei Tage lang neue Wege für den Kampf gegen Klimakrise, Armut und Überschuldung der ärmeren Länder. Leonie Heitz (ORF) gibt einen Überblick.

Mottley setzt sich zudem für Garantien und langfristige Kredite von Weltbank und Währungsfonds aus, um Investitionen von Unternehmen in armen Ländern attraktiver, sprich: weniger riskant, zu machen. Nur so seien die nötigen Finanzmittel aufzutreiben.

NGOs: Billion, nicht Milliarden nötig

Die NGO Germanwatch stößt ins gleiche Horn. Im Vorfeld des Gipfels betonte sie, es brauche einen „konkreten Pfad, wie die Reform des globalen Finanzsystems von den Milliarden zur Billion führen kann“. Denn die bisherigen – ohnehin oftmals nicht erfüllten – Versprechen seien vom Umfang her viel zu gering.

Greenpeace-Sprecherin Lisa Panhuber forderte weltweit höhere Steuern für Öl- und Gaskonzerne. „Eine Steuer auf die Förderung und den Export fossiler Brennstoffe und eine Übergewinnsteuer sollten mindestens 200 Milliarden US-Dollar (rund 180 Mrd. Euro) pro Jahr einbringen.“