Türkische Notenbankchefin, Hafize Gaye Erkan
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Von 8,5 auf 15 Prozent

Türkischer Leitzins fast verdoppelt

Die türkische Zentralbank vollzieht unter neuer Führung wegen der hartnäckig hohen Inflation und Währungsturbulenzen einen drastischen Kurswechsel in der Geldpolitik. Der Leitzins werde von 8,5 auf 15,0 Prozent angehoben, kündigte die Notenbank unter der Leitung ihrer neuen Chefin Hafize Gaye Erkan am Donnerstag an. Es ist die erste Zinsanhebung seit Anfang 2021.

Die Zentralbank deutete zudem an, bei Bedarf nachzulegen. „Die geldpolitische Straffung wird so weit wie nötig rechtzeitig und schrittweise verstärkt, bis eine deutliche Verbesserung der Inflationsaussichten erreicht ist“, wurde mitgeteilt. Einige Ökonomen hatten bereits jetzt mit einem noch größeren Schritt nach oben – auf 21,0 Prozent – gerechnet.

2021 waren noch gegenteilige Schritte gemacht worden: Damals hatte die Zentralbank ihren Leitzins von 19 Prozent auf 8,5 Prozent gesenkt – und das, obwohl die Inflationsrate im vergangenen Oktober mit 85,5 Prozent ein 24-Jahres-Hoch erreicht hatte. Westliche Zentralbanken wie die US-Nationalbank Fed und die EZB bekämpfen die Inflation dagegen mit höheren Zinsen.

„Zinsfeind“ Erdogan

Präsident Recep Tayyip Erdogan hingegen hatte sich in der Vergangenheit selbst als „Zinsfeind“ bezeichnet und sich immer wieder für sinkende Zinsen ausgesprochen. Seiner Anschauung zufolge sei der Kampf gegen die hohe Inflation nur auf diese Weise zu gewinnen. Das widerspricht allerdings nicht nur der gängigen volkswirtschaftlichen Theorie, sondern auch den praktischen Erkenntnissen aus der Vergangenheit.

Recep Tayyip Erdogan jubelt seinen Anhängern zu
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Erdogan nach seinem Sieg bei der Stichwahl in der Hauptstadt Ankara

Nach seiner Wiederwahl vor wenigen Wochen hatte Erdogan dann eine Wende seiner Geld- und Finanzpolitik signalisiert, um – mit einem neuen Wirtschaftsteam – Vertrauen auf den Finanzmärkten zurückgewinnen. So berief der Staatschef den international angesehenen Experten Mehmet Simsek als Finanzminister ins neue Kabinett. Cevdet Yilmaz wurde als Vizepräsident berufen, er gilt ebenfalls als Vertreter einer traditionellen Wirtschaftspolitik.

Besetzung als Signal

Auch die Besetzung der Spitze der Zentralbank mit der in den USA ausgebildeten Erkan galt als Signal für den nun eingeschlagenen Weg. Erdogan sagte, er sei entschlossen, die Inflation von aktuell rund 40 Prozent in den einstelligen Bereich zu drücken. Er werde aber an seiner Politik der „niedrigen Inflation und niedrigen Zinsen“ festhalten. Die Zentralbank strebt eine Teuerungsrate von fünf Prozent an.

Die türkische Lira steht seit Jahren unter Druck, die Wirtschaft des Landes schwächelt. Die bisherige Zinspolitik hat eine Währungskrise ausgelöst. So verlor die Lira 2021 44 Prozent an Wert, 2022 nochmals 30 Prozent. Ein Umstand, der das Inflationsproblem verschärft, weil das rohstoffarme Land viele Waren aus dem Ausland bezieht und diese in Devisen bezahlen muss. Die Behörden haben daher die Reserven der Zentralbank angezapft, um die Währung zu stabilisieren. Dennoch ist die Lira in diesem Jahr bereits um etwa 20 Prozent gefallen.