Nehammer will EU nicht mehr Geld zahlen

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat der Forderung der EU-Kommission nach mehr Geld von den Mitgliedsstaaten eine Absage erteilt. Die Verwendung schon vorhandener Mittel sei „prioritär zu setzen, bevor man wieder neues Steuergeld von den Mitgliedsstaaten einfordert“, sagte Nehammer heute gegenüber dem Ö1-Morgenjournal.

Als Beispiele für vorhandene Mittel nannte er den Kohäsionsfonds, den Wiederaufbaufonds sowie Sparpotenzial bei der Verwaltung.

Die Kommission gab demgegenüber zu bedenken, dass der Großteil der Mittel aus den beiden Fonds – Nehammer sprach von insgesamt 480 Milliarden Euro – bereits reserviert sei und zudem noch bis Ende der Budgetperiode abgerufen werden könnte, berichtete Ö1. Außerdem sei der Einsatz der Gelder durch Verordnungen geregelt und daher nicht einfach verschiebbar, argumentierte die Kommission.

1,6 Mrd. Euro mehr aus Österreich gefordert

Nehammer forderte auf jeden Fall zunächst Überlegungen zur Verwendung der bereits vorhandenen Mittel: „Es wäre gut, dass die EU-Kommission vorlegt, wie sie umschichten will, und dann werden wir uns anschauen, ob das tatsächlich so funktioniert, dass es zum Besten der Mitgliedsstaaten ist.“

Vana für „starkes Budget“

Die Delegationsleiterin der Grünen im EU-Parlament, Monika Vana, plädierte angesichts der Klimakatastrophe, des Ukraine-Krieges und sozialer Verteilungsfragen für ein „starkes EU-Budget und neue Eigenmittel“. „Der Budgetvorschlag der Kommission greift hier zu kurz, ohne verstärkte Anstrengungen vonseiten der Mitgliedsstaaten wird es nicht gehen“, so Vana.

Schieder: Falscher Ansatz

SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder kann die erste Zurückhaltung gegenüber der Erhöhung des EU-Budgets verstehen, eine Umschichtung aus den Kohäsions- und Wiederaufbautöpfen ist für ihn aber der völlig falsche Ansatz.

„Das wäre eine Kürzung des EU-Budgets genau in dem Bereich, der direkt bei den Menschen ankommt und in dem EU-Gelder den größten Mehrwert schaffen: beim sozial gerechten Klimaschutz, bei den Regionalförderungen und der Energieunabhängigkeit“, so Schieder.

FPÖ sieht „ÖVP-PR-Show“

Die FPÖ ortet in Nehammers Aussagen eine „klassische kraftmeierische ÖVP-PR-Show“. Die ÖVP sei in den vergangenen Jahren gegenüber der EU bei verschiedenen Themen wie Migration und Budget schon „umgefallen“, so Parteichef und Klubobmann Herbert Kickl und Europasprecherin Petra Steger in einer Aussendung. Man würde nur den „harten Verhandler“ vorgaukeln, sagt Steger.

NEOS-Kritik an ÖVP

NEOS zeigte sich offen für Diskussionen über eine Reform der EU und ihrer Institutionen. Krisen wie die Pandemie und die russische Ukraine-Invasion hätten die EU aber bei der Budgetierung vor unvorhersehbare Herausforderungen gestellt. Mandatarin Claudia Gamon übte in diesem Zusammenhang Kritik: „Die konsequente Verweigerung dieses Diskurses in der ÖVP zeigt, dass hinter den Aussagen des Kanzlers lediglich populistische Hintergedanken stehen“, so Gamon.

Die EU-Kommission hatte am Dienstag die 27 Mitgliedsstaaten aufgefordert, rund 66 Milliarden Euro zusätzlich zum mehrjährigen Finanzrahmen bis 2027 beizutragen. Das soll etwa den Bereichen Ukraine, Migration und Wettbewerb zugutekommen. Für Österreich würde die Aufstockung 1,6 Milliarden Euro zusätzlich bedeuten. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hatte die Forderung umgehend abgelehnt.