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APA/Helmut Fohringer
Kika/Leiner-Beschäftigte

Kocher ortet „viele Angebote“ von Firmen

Anlässlich der Insolvenz der Möbelkette kika/Leiner hat ÖVP-Wirtschafts- und -Arbeitsminister Martin Kocher am Donnerstag zu einem runden Tisch ins Ministerium geladen. An den Gesprächen nahmen AMS-Chef Johannes Kopf, der Geschäftsführer des Insolvenzentgeltfonds (IEF), Wolfgang Pfabigan, sowie Vertreter der Sozialpartner teil. Im Fokus stand die Frage, wie betroffene Beschäftigten bei der Jobsuche unterstützt werden können. Kocher sprach von „vielen Angeboten“ anderer Firmen – etwa 300 hätten sich bis dato gemeldet.

Die Kündigungen seien für viele Beschäftigte eine „Tragödie“, so Kocher in einem Statement vor dem Gipfel. 44 Prozent der Beschäftigten seien mehr als zehn Jahre bei dem Unternehmen beschäftigt gewesen. 1.034 Personen seien mittels der aktuellen Frühwarnmeldung aktuell zur Kündigung angemeldet. Das ganze Augenmerk liege nun auf der möglichst raschen und effizienten Vermittlung, sagte der Arbeitsminister.

Das Frühwarnsystem der AMS sei diese Woche aktiviert worden, damit werde das AMS bei größeren Kündigungen schon vorab informiert. Damit könne man idealerweise schon vor der dem Ende des Arbeitsverhältnisses vermitteln, so Kocher. Er gehe davon aus, dass viele dieser von der Insolvenz betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter demnächst einen direkten Wechsel schaffen könnten.

Interessenten großteils aus dem Handel

Bis dahin seien die Löhne und Gehälter durch den Insolvenzentgeltfond gesichert. Die meisten jener 300 Firmen, die sich für Beschäftigte von kika/Leiner interessieren, kämen aus dem Handel – generell aber „aus einer Reihe von Branchen“, so Kocher. AMS-Chef Kopf sagte, diese Unternehmen hätten sich bereits aktiv an das AMS gewandt und gesagt: „Schickt’s mir kika/Leiner-Leute!“ Auch habe das Unternehmen eine Jobbörse eingerichtet.

Wirtschaftsminister Martin Kocher, AMS-Chef Johannes Kopf und IEF-Geschsftsführer Wolfgang Pfabigan
APA/Robert Jaeger
Minister Kocher mit AMS-Chef Kopf und IEF-Chef Pfabigan vor dem runden Tisch

Generell, so Kopf, befinde man sich in einer sehr frühen Phase. Man gehe davon aus, dass viele der 1.034 Beschäftigten nie in „Phase zwei“ gehen müssten. Bei „Phase zwei“ wäre die Kündigung bereits schlagend. Hinsichtlich des ursprünglich angekündigten Wegfalls von rund 1.900 Jobs sagte Kopf, dass er damit rechne, von kika/Leiner noch eine zweite Frühwarnung zu erhalten. Dennoch sei er optimistisch, dass es „am Schluss nicht so viele werden, wie es ursprünglich geheißen hat“.

„Bei aller Tragik gute Zeit für Jobsuche“

Kopf wies außerdem darauf hin, dass es im Handel mit Möbeln, Textilien und Teppichen derzeit 17.000 offene Stellen gebe. „Bei aller Tragik“ sei es eine gute Zeit für die Jobsuche, so Kopf. Etwa werde es wohl bei Möbelmonteuren und Kassenkräften „einfach gehen“. Auf Nachfrage gestand Kopf ein, dass in Sachen Verdienst speziell Provisionen, die es im Verkauf bei kika/Leiner gab, bei anderen Firmen wegfallen könnten („Gefahr besteht“).

Pfabigan verwies einmal mehr auf den Umstand, dass der IEF die offenen Löhne und Gehälter zahle. Die Insolvenzanträge würden dem Fonds in der Nacht auf Freitag eingespielt, die derzeit knapp 3.100 eingelangten Anträge könnten dann bearbeitet werden, so Pfabigan. Ein eigens zusammengestelltes Team arbeite diese ab, Anfang Juli würden die Auszahlungen beginnen.

Runder Tisch zur kika/Leiner-Insolvenz

Wirtschaftsminister Martin Kocher hat am Freitag zu einem runden Tisch zum Thema kika/Leiner-Insolvenz geladen. Es ging vor allem darum, alle Beschäftigten, die ihre Jobs verloren haben, zu vermitteln.

Peschorn über Aussage von Ex-Signa-Manager verwundert

Neben der Zukunft für die kika/Leiner-Beschäftigten ist auch rund um die Insolvenz kurz nach dem Verkauf durch Signa noch einiges offen. Schließlich geht es auch um den drohenden Verlust vieler Millionen Euro an Steuergeldern, die der Firma als Stundungen oder CoV-Hilfen gewährt wurden. Der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, will Ansprüche der Steuerzahlenden bestmöglich erfüllt sehen.

„Die Republik ist im Interesse der Steuerzahlerinnen bestrebt, die höchstmögliche Befriedigung ihrer Ansprüche zu erlangen“, betonte Peschorn. „Ob die mit dem Sanierungsplan angebotene 20-prozentige Quote angemessen ist, wird sich durch die Prüfungen des Insolvenzverwalters und des besonderen Verwalters herausstellen“, sagte er zur seitens kika/Leiner angebotenen Quote binnen zweier Jahre. 80 Prozent der Forderungen würden bei Annahme verfallen.

Verwundert zeigte sich Peschorn über ein Zitat des von Signa eingesetzten ehemaligen kika/Leiner-Managers Reinhold Gütebier im „Kurier“ (Donnerstag-Ausgabe). Denn Gütebier wurde so zitiert: „Bis 2024 hätten wir auch die Steuerrückzahlungen aus den Stundungen in der Coronazeit bedienen können.“

„Lässt sich nicht schlüssig erklären“

Im Gespräch mit der APA sagte Peschorn am Freitag dazu: „Das ist nicht nachvollziehbar, weil dies voraussetzt, dass die mit dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens behaupteten massiven wirtschaftlichen Probleme des Unternehmens nicht vorliegen. Warum schlägt das Unternehmen dann vor, dass die Gläubiger auf 80 Prozent ihrer Forderungen verzichten sollen? Warum müssen dann 1.900 Menschen ihren Job verlieren und andere für die Schulden des Unternehmens aufkommen?“

„Momentan lässt sich eines mit dem anderem nicht schlüssig erklären“, kritisierte Peschorn. „Wir wollen wissen, wodurch es zu diesem Vermögensverfall gekommen ist und ob Gläubiger ungleich behandelt wurden.“ Die Arbeit der Insolvenzverwalter werde auch zeigen, ob die früheren kika/Leiner-Geschäftsführer ihren Verpflichtungen vollumfänglich nachkamen. Hier sei der im Jahr 2022 rückwirkend für 2021 geschehene Verschmelzungsvorgang von kika und Leiner interessant.