Leiner Filiale in Salzburg
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Kika/Leiner

Insolvenz wirft neue Fragen auf

Der Hergang und die Folgen der kika/Leiner-Insolvenz rasch nach dem Verkauf der Möbelketten durch Signa, die Firma des Immobilieninvestors Rene Benko, ist weiterhin ein großes Thema. Einerseits sollen die rund 1.900 Beschäftigten, die ihre Jobs verlieren, rasch neue Arbeit finden, wozu es am Freitag einen runden Tisch gab. Andererseits gibt es rund um die Insolvenz weiter einiges aufzuklären – der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, sieht neue Fragen aufgeworfen.

Die Rahmenbedingungen sind bekanntermaßen brisant: Generell geht es – neben dem Verlust der 1.900 Arbeitsplätze – um den drohenden Verlust vieler Millionen Euro an Steuergeldern, die der Firma als Stundungen oder CoV-Hilfen gewährt wurden. Peschorn will die Ansprüche der Steuerzahlenden bestmöglich erfüllt sehen: „Die Republik ist im Interesse der Steuerzahlerinnen bestrebt, die höchstmögliche Befriedigung ihrer Ansprüche zu erlangen.“

Entsprechend verwundert zeigte sich Peschorn über eine Aussage des von Signa eingesetzten ehemaligen kika/Leiner-Managers Reinhold Gütebier im „Kurier“ (Donnerstag-Ausgabe). Dort wurde Gütebier folgendermaßen zitiert: „Bis 2024 hätten wir auch die Steuerrückzahlungen aus den Stundungen in der Coronazeit bedienen können.“ Aus Sicht Peschorns wirft diese Aussage Fragen auf – auch mit dem Hintergrund, dass mit der Annahme des von kika/Leiner vorgelegten Sanierungsplans 80 Prozent der Forderungen verfallen würden.

„Lässt sich nicht schlüssig erklären“

Die Aussage des Ex-kika/Leiner-Managers Gütebier sei „nicht nachvollziehbar, weil dies voraussetzt, dass die mit dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens behaupteten massiven wirtschaftlichen Probleme des Unternehmens nicht vorliegen“, so Peschorn und weiter: „Warum schlägt das Unternehmen dann vor, dass die Gläubiger auf 80 Prozent ihrer Forderungen verzichten sollen? Warum müssen dann 1.900 Menschen ihren Job verlieren und andere für die Schulden des Unternehmens aufkommen?“

Wolfgang Peschorn während Pressekonferenz
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Für Peschorn stellen sich in der Causa kika/Leiner-Insolvenz neue Fragen

„Momentan lässt sich eines mit dem anderem nicht schlüssig erklären“, kritisierte Peschorn. „Wir wollen wissen, wodurch es zu diesem Vermögensverfall gekommen ist und ob Gläubiger ungleich behandelt wurden.“ Die Arbeit der Insolvenzverwalter werde auch zeigen, ob die früheren kika/Leiner-Geschäftsführer ihren Verpflichtungen vollumfänglich nachkamen. Hier sei der im Jahr 2022 rückwirkend für 2021 geschehene Verschmelzungsvorgang von kika und Leiner interessant.

Runder Tisch: Fokus auf rasche Personalvermittlung

Neben Fragen rund um die Insolvenz kurz nach dem Verkauf durch Signa ist auch zur Zukunft für die kika/Leiner-Beschäftigten noch einiges offen. Deshalb lud ÖVP-Wirtschafts- und -Arbeitsminister Martin Kocher am Donnerstag zu einem runden Tisch ins Ministerium. An den Gesprächen nahmen AMS-Chef Johannes Kopf, der Geschäftsführer des Insolvenzentgeltfonds (IEF), Wolfgang Pfabigan, sowie Vertreter der Sozialpartner teil.

Die Kündigungen seien für viele Beschäftigte eine „Tragödie“, so Kocher in einem Statement am Rande des Treffens. 44 Prozent der Beschäftigten seien mehr als zehn Jahre bei dem Unternehmen beschäftigt gewesen. 1.034 Personen seien mittels Frühwarnmeldung aktuell zur Kündigung angemeldet. Das ganze Augenmerk liege nun auf der möglichst raschen und effizienten Vermittlung, sagte der Arbeitsminister.

Wirtschaftsminister Martin Kocher, AMS-Chef Johannes Kopf und IEF-Geschsftsführer Wolfgang Pfabigan
APA/Robert Jaeger
Minister Kocher mit AMS-Chef Kopf und IEF-Chef Pfabigan

Das Frühwarnsystem der AMS sei diese Woche aktiviert worden, damit werde das AMS bei größeren Kündigungen schon vorab informiert. Damit könne man idealerweise schon vor der dem Ende des Arbeitsverhältnisses vermitteln, so Kocher. Er gehe davon aus, dass viele dieser von der Insolvenz betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter demnächst einen direkten Wechsel schaffen könnten.

Interessenten großteils aus dem Handel

Bis dahin seien die Löhne und Gehälter durch den Insolvenzentgeltfonds gesichert. Die meisten jener bis dato 300 Firmen, die sich für Beschäftigte von kika/Leiner interessieren, kämen aus dem Handel – generell aber „aus einer Reihe von Branchen“, so Kocher. AMS-Chef Kopf sagte, diese Unternehmen hätten sich bereits aktiv an das AMS gewandt und gesagt: „Schickt’s mir kika/Leiner-Leute!“ Auch habe das Unternehmen eine Jobbörse eingerichtet.

Generell, so Kopf, befinde man sich in einer sehr frühen Phase. Man gehe davon aus, dass viele der 1.034 Beschäftigten nie in „Phase zwei“ gehen müssten. Bei „Phase zwei“ wäre die Kündigung bereits schlagend. Hinsichtlich des ursprünglich angekündigten Wegfalls von rund 1.900 Jobs sagte Kopf, dass er damit rechne, von kika/Leiner noch eine zweite Frühwarnung zu erhalten. Dennoch sei er optimistisch, dass es „am Schluss nicht so viele werden, wie es ursprünglich geheißen hat“.

„Bei aller Tragik gute Zeit für Jobsuche“

Kopf wies außerdem darauf hin, dass es im Handel mit Möbeln, Textilien und Teppichen derzeit 17.000 offene Stellen gebe. „Bei aller Tragik“ sei es eine gute Zeit für die Jobsuche, so Kopf. Etwa werde es wohl bei Möbelmonteurinnen und -monteuren sowie Kassenkräften „einfach gehen“. Auf Nachfrage gestand Kopf ein, dass in Sachen Verdienst speziell Provisionen, die es im Verkauf bei kika/Leiner gab, bei anderen Firmen wegfallen könnten („Gefahr besteht“).

Kika/Leiner: Zuversicht nach rundem Tisch

Nach dem großen Abverkauf beginnt für viele Beschäftigte von kika/Leiner die Jobsuche. Angebote aus verschiedenen Branchen gibt es. Dementsprechend zuversichtlich zeigt sich der Wirtschaftsminister – nach einem runden Tisch mit Sozialpartnern und dem AMS.

Pfabigan verwies einmal mehr auf den Umstand, dass der IEF die offenen Löhne und Gehälter zahle. Die Insolvenzanträge würden dem Fonds in der Nacht auf Freitag eingespielt, die derzeit knapp 3.100 eingelangten Anträge könnten dann bearbeitet werden, so Pfabigan. Ein eigens zusammengestelltes Team arbeite diese ab, Anfang Juli würden die Auszahlungen beginnen.

SPÖ sieht „Showgipfel“

SPÖ-Bundesparteivorsitzender Andreas Babler kritisierte den runden Tisch zur Personalvermittlung in einer Aussendung als „Showgipfel auf dem Rücken der Beschäftigten“. „Raus kommt dabei: nichts“, so Babler, der eine Jobgarantie für die Betroffenen forderte. Der Handelsverband begrüßte in einer Reaktion hingegen die Vermittlungsanstrengungen und verwies einmal mehr auf die derzeit rund 20.000 offenen Stellen im Handel.

Auf die Vorgänge rund um den Verkauf, die darauf folgende Insolvenz der Möbelkette sowie die Rolle von Signa war Arbeitsminister Kocher am Rande des runden Tischs nicht näher eingegangen.