Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
APA/Eva Manhart
Nach Nehammers Nein

Debatte über mehr Geld für EU entbrannt

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat der Forderung der EU-Kommission nach mehr Geld von den Mitgliedsstaaten eine Absage erteilt. Die Verwendung schon vorhandener Mittel sei „prioritär zu setzen, bevor man wieder neues Steuergeld von den Mitgliedsstaaten einfordert“, sagte Nehammer am Freitag. Die Reaktionen auf diese Abwehrhaltung fielen gemischt aus.

Als Beispiele für vorhandene Mittel nannte Nehammer den Kohäsionsfonds, den Wiederaufbaufonds sowie Sparpotenzial in der Verwaltung, aus denen stattdessen geschöpft werden solle. Die Kommission gab demgegenüber zu bedenken, dass der Großteil der Mittel aus den beiden Fonds – Nehammer sprach von einem Volumen von 480 Milliarden Euro – bereits reserviert seien und zudem noch bis Ende der Budgetperiode abgerufen werden könnten, berichtete das Ö1-Morgenjournal. Außerdem sei der Einsatz der Gelder durch Verordnungen geregelt und daher nicht einfach verschiebbar, argumentierte die Kommission.

Nehammer forderte auf jeden Fall zunächst Überlegungen zur Verwendung der bereits vorhandenen Mittel: „Es wäre gut, dass die EU-Kommission vorlegt, wie sie umschichten will, und dann werden wir uns anschauen, ob das tatsächlich so funktioniert, dass es zum Besten der Mitgliedsstaaten ist.“

„Die EU-Kommission hat richtig erkannt, dass wir im EU-Budget auf Schwerpunkte wie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, den Kampf gegen die illegale Migration und die Unterstützung der Ukraine fokussieren müssen“, sagte Angelika Winzig, die ÖVP-Delegationsleiterin im EU-Parlament. Deshalb einfach die Nettozahler und -zahlerinnen zusätzlich zur Kasse zu bitten, sei aber ein falscher Reflex. „Wichtig ist jetzt, dass wir vorhandene Mittel besser ausnützen und entsprechend unseren Prioritäten umschichten“, so Winzig.

Schieder: „Wer mehr bestellt, muss auch mehr zahlen“

SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder kann die erste Zurückhaltung gegenüber der Erhöhung des EU-Budgets verstehen, eine von Nehammer ins Spiel gebrachte Umschichtung aus den Kohäsions- und Wiederaufbautöpfen ist für ihn aber der völlig falsche Ansatz.

„Das wäre eine Kürzung des EU-Budgets genau in dem Bereich, der direkt bei den Menschen ankommt und in dem EU-Gelder den größten Mehrwert schaffen: beim sozial gerechten Klimaschutz, bei den Regionalförderungen und der Energieunabhängigkeit. Also weniger Geld für die aktuell zentralsten politischen Herausforderungen.“ Natürlich müsse man sich genau ansehen, was gefordert werde und was nötig sei, so Schieder. „Klar ist aber auch: Wer mehr bestellt, muss auch mehr bezahlen.“

FPÖ wirft ÖVP „PR-Show“ vor

Die FPÖ ortete in Nehammers Aussagen eine „klassische kraftmeierische ÖVP-PR-Show“. Die ÖVP sei in den vergangenen Jahren gegenüber der EU bei verschiedenen Themen wie Migration und Budget „umgefallen“, kritisierten Parteichef Herbert Kickl und Europasprecherin Petra Steger in einer Aussendung. Den Österreichern den „harten Verhandler und großen Macher vorgaukeln und dann, wenn es in Brüssel ernst wird, aber butterweich umfallen – das kann die ÖVP wirklich“, so Steger.

Kanzler Nehammer gegen höheren EU-Beitrag

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat der Forderung der EU-Kommission nach mehr Geld von den Mitgliedsstaaten eine Absage erteilt. Die Verwendung schon vorhandener Mittel sei „prioritär zu setzen, bevor man wieder neues Steuergeld von den Mitgliedsstaaten einfordert“, sagte Nehammer am Freitag.

„Was die EU-Kommission an weiteren finanziellen Forderungen an die Mitgliedsstaaten stellt, wird auf alle Fälle für die österreichischen Steuerzahler teuer werden, und das kann es wohl nicht sein“, so die beiden FPÖ-Politiker. „Diese schwarz-grüne Regierung darf daher keinen Cent mehr nach Brüssel überweisen.“

Vana: „Brauchen starkes EU-Budget“

Ganz anders die Grünen: „Wir brauchen ein starkes EU-Budget und neue Eigenmittel, um die Herausforderungen der Krisenbewältigung zu meistern: Klimakatastrophe, Solidarität mit Ukraine, soziale Verteilungsfragen“, sagte Monika Vana, Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament. Der Budgetvorschlag der Kommission greife hier zu kurz, ohne verstärkte Anstrengungen vonseiten der Mitgliedstaaten werde es nicht gehen, so Vana.

„Wer gegen die längst überfällige Stärkung des EU-Budgets eintritt, muss seine Anforderungen an die EU-Ebene zurückschrauben“, sagte Vana. In Österreich investiere die EU etwa bis 2027 mehr als eine Milliarde Euro in die regionale Entwicklung. „Ich würde mir wünschen, dass Österreich hier nicht wieder auf der Seite der Bremser steht“, so die EU-Abgeordnete weiter.

NEOS offen für Diskussion

„Wir sind jederzeit offen für sinnvolle Diskussionen über dringend notwendige Reformen der EU und ihrer Institutionen. Genauso wie man bei uns immer offene Türen einrennt, wenn man ernsthaft über einen verantwortungsvollen und vernünftigen Umgang mit Steuergeld diskutieren möchte“, sagte die NEOS-EU-Abgeordnete Claudia Gamon. „Wer seit Jahren wie Nehammer und seine ÖVP in Österreich das Steuergeld mit der Gießkanne zum Fenster hinausleert, ist nicht besonders glaubwürdig, wenn er dann gegenüber denen in Brüssel plötzlich den großen Sparefroh gibt“, so Gamon.

Die EU-Kommission hatte am Dienstag die 27 Mitgliedsstaaten aufgefordert, rund 66 Milliarden Euro zusätzlich zum mehrjährigen Finanzrahmen bis 2027 beizutragen. Das soll etwa den Bereichen Ukraine, Migration und Wettbewerb zugutekommen. Für Österreich würde die Aufstockung 1,6 Milliarden Euro zusätzlich bedeuten. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hatte diese Forderung umgehend abgelehnt: Österreich könne als Nettozahler einer Aufstockung der Mittel nicht zustimmen.