Ryan Gosling in „Barbie“
2022 Warner Bros. Entertainment/Jaap Buitendijk
Selbstbräuner statt Sonnenbad

Streben nach der „gesunden Bräune“

Gebräunt? Ja. Sonnengeküsst? Nein. Nicht nur im neuen Barbie-Film liegt die „gesunde Bräune“ derzeit im Trend. Die Nachfrage nach Selbstbräunungsprodukten ist ungebrochen. Tipps, Tricks und Produktrezensionen sprießen auch auf TikTok, YouTube und Co. zunehmend. Doch muss „fake“ immer auch „fleckig“ heißen?

Wasserstoffblondes Haar, strahlendes Lächeln und gebräunte Haut – als im Vorjahr die ersten Bilder von Ryan Gosling im neuen Barbie-Film erschienen waren, sorgte das für Furore in sozialen Netzwerken. Der perfekten „Ken“-Bräune wurde seither eine Vielzahl an Berichten gewidmet. Anstatt eines stundenlangen Sonnenbads wurde der Schauspieler nämlich mit Selbstbräunern eingedeckt. Gosling wurde für seine Transformation gar eine eigene Self-Tanning-Expertin am Set zur Seite gestellt.

Ob gewollt oder nicht, die Produktion trifft damit den Zeitgeist. Angehörige der gesundheitsbewussten Generationen Y und Z, bei denen Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor fixer Bestandteil der Pflegeroutine sind, greifen im Streben nach einer „gesunden“ Bräune immer öfter auch zu Selbstbräunungsprodukten, die unter anderem in Form von Gels, Lotionen und Sprays erhältlich sind.

Selbstbräuner als TikTok-Phänomen?

Allein auf TikTok sind rund 1,3 Milliarden Einträge mit dem Hashtag „#selftan“ versehen, mehr als 77 Millionen sind es mit dem Hashtag „#Selbstbräuner“. Eine gestiegene Nachfrage nach Selbstbräunungprodukten bestätigen auch die Drogeriemarktkette dm sowie der BIPA-Mutterkonzern REWE gegenüber ORF.at.

@drdrayzday

#selftanner is not bad for you and is MUCH safer than a suntan or tan from a tanning bed. #dermatologist #skincaretips #drdrayzday

♬ original sound - Dr Dray

„Von Anfang des Jahres bis zum jetzigen Zeitpunkt sind heuer im Vergleich zu 2022 mehr Selbstbräunungsprodukte verkauft worden“, teilte REWE mit. „Sowohl im Bereich der Selbstbräuner als auch im Bereich des Sonnenschutzes sehen wir heuer wieder eine äußerst positive Entwicklung“, hieß es von dm. „Selbstbräunungsprodukte waren dabei insbesondere zu Jahresbeginn von Jänner bis März sehr stark gefragt.“

Orange- statt Sonnenstich

Die Zeiten, in denen sich ältere Generationen zur maximalen Hautschädigung mit Öl eingeschmiert und stundenlang in die pralle Mittagssonne gelegt hatten, sind zwar nicht vorbei – „in“ ist eine derartige Bräunungsroutine aber jedenfalls nicht. Vielmehr geht es heutzutage um Hautschutz: Zur Vermeidung von Hautschäden wird deshalb auch der ein oder andere Selbstbräunungsfauxpas in Kauf genommen.

„Das Thema Sonnenschutz an sich ist sehr präsent, und die Bewusstseinsbildung in Österreich nimmt zu“, heißt es von der Branchenplattform Kosmetik Transparent auf Anfrage. „Da Selbstbräuner eine Bräune ohne schädliche Sonneneinstrahlung ermöglichen wollen, ist es naheliegend, dass diese Produktkategorie stark nachgefragt wird.“

Werben mit vielversprechenden Wirkstoffen

„Gen Z ist sich Hautkrebs und generellen Sonnenschäden viel bewusster“, wird „Elle“-Beauty-Redakteur George Driver im britischen „Guardian“ zitiert. „Niemand möchte eine natürliche Bräune.“ Die Kosmetikindustrie hat darauf freilich reagiert. Eine Reihe neuer Produkte, die explizit auch mit vielversprechenden Wirkstoffen wie Niacinamide und Hyaluronsäure und mehr Inklusivität werben, wurden auf den Markt gebracht.

Auch „Gradual Tanner“ erfreuen sich inzwischen großer Beliebtheit. Dabei handelt es sich um Produkte, deren Bräunungseffekt sich mit der Zeit entwickelt und sich von Anwendung zu Anwendung graduell intensiviert. Die Produktpalette ist breit. Entscheidungshilfe könnte ein Test der Zeitschrift „Konsument“ liefern. Demnach erhielten zehn von 16 Produkten die Note „Gut“ – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Generell gehe es nun darum, eine möglichst unscheinbare Bräune zu erzielen, meinte die Beauty-Expertin Cassie Steer zum „Guardian“. „Menschen möchten gesund aussehen“, sagte sie. Das Zeitalter der „sehr offensichtlichen Bräune“ sei „vorbei“.

Kim Kardashian bei der Met-Gala
Reuters/Andrew Kelly
Auch Reality-TV-Star Kim Kardashian gilt als Selbstbräuner-Fan

Hype um gebräunte Haut im Rückblick

Neu ist der Hype um gebräunte Haut freilich nicht: Coco Chanel soll es gewesen sein, die gebräunte Haut 1923 erstmals salonfähig gemacht hatte. Blasse Haut galt bis dahin als nobel, gebräunte wurde hingegen mit der Arbeiterschicht assoziiert. Geändert hatte sich das mitunter durch die industrielle Revolution, im Zuge derer Arbeiter vielfach nicht mehr im Freien, sondern in dunklen Fabriken tätig waren.

Das Streben nach sonnengeküsster Haut sollte auch in den folgenden Jahren anhalten. Und so wurden schon bald Produkte vermarktet, die es möglich machen sollten, selbst im hohen Norden über das ganze Jahr hinweg seine gebräunte Haut zur Schau zu stellen.

Zunächst wurde dafür zu Ganzkörper-Make-up gegriffen. Für eine Revolution im Bräunungsbereich sorgte die Forscherin Eva Wittgenstein mit einer Zufallsentdeckung im Jahre 1958. Bei der Forschung an einem Arzneimittel für Kinder fiel ihr auf, dass der Inhaltsstoff Dihydroxyaceton, kurz DHA, die Haut färbt. Jener Inhaltsstoff findet sich in geringen Mengen – wie auch Erythrulose – bis heute in den meisten Selbstbräunern.

Die Frage aller Fragen

Eine Frage bleibt aber: „Wie bräune ich mich richtig?“ Denn die Sorge vor einem unebenmäßigen, fleckigen Ergebnis ist auch Jahrzehnte nach Erfindung von Selbstbräunern groß. Yasemin Gökce-Kudun, Inhaberin des Wiener Tanning-Studios Envy, meinte zu ORF.at: „Bei jeder Spray-Tanning-Behandlung ist die Vorbereitung und Nachpflege der Haut mindestens genauso wichtig wie die Tanning-Behandlung selbst.“

Die Branchenplattform Kosmetik Transparent rät dazu, vor der Anwendung eines Selbstbräuners „immer ein Peeling anwenden, um Verhornungen und abgestorbene Hautschüppchen zu lösen“ und beim Abrubbeln nicht auf Ellenbogen, Knie und Fersen zu vergessen. Außerdem wird eine Rasur vor und nicht nach der Anwendung empfohlen.

@xskincare

#stitch mit @stopiteli darauf erstmal n bisschen Kisir, Kuss #skincare #hautpflege #fyp #fürdich #viral

♬ Originalton - xskincare | Leon

Was gegen Flecken helfen kann

Die Produktart ist der Plattform zufolge grundsätzlich Geschmackssache, wobei sich Lotionen für trockene Haut und Sprays für schwer erreichbare Stellen empfehlen würden. Sichergestellt sollte aber sein, dass das Produkt entsprechend kühl gelagert wird und nicht abgelaufen ist. So soll die Entstehung des gesundheitsschädlichen Formaldehyds vermieden werden. Ist das sichergestellt, gibt es von Fachleuten keine Bedenken, was die Anwendung von Selbstbräunern betrifft.

Und für das Auftragen selbst gilt: Von den Beinen mit kreisenden Bewegungen mit Hilfe eines Spezialhandschuhs nach oben arbeiten. Füße, Hände und Gesicht sollten erst zum Schluss eingeschmiert und die Hände abschließend gewaschen werden.

Kommt es dennoch zu fleckigen Stellen, dann rät Kosmetik Transparent zu Zitronensaft, eigenen „Tanning Removern“ oder auch einem Peeling. Für eine länger anhaltende Bräune sollte jedenfalls regelmäßig zu feuchtigkeitsspendenden Bodylotions gegriffen werden. Und natürlich: niemals auf den Sonnenschutz vergessen, denn vor schädlicher UV-Strahlung schützt Selbstbräuner nicht.