World of Barbie in Santa Monica
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Barbie-Boom

Rosa rollt über die Welt

Der Start des Hollywood-Films über das Leben der Puppenikone Barbie rückt näher und taucht die Welt in glitzerndes Rosa. Von der Mode über Möbel und Häuser bis hin zu Autos: Barbies Einfluss erstreckt sich auch noch in die letzten Konsumsphären. Die Fans sind erfasst vom „Barbiecore Craze“ – und die Produktdesigner reiben sich die Hände.

Pink, Plüsch und Plastik: Noch rund zwei Wochen dauert es, bis der „Barbie“-Film seine rosarote Magie auf die Leinwände bringt. In den heimischen Kinos wird er ab 21. Juli zu sehen sein. Doch schon seit Auftauchen der ersten Setfotos von den Dreharbeiten wächst „Barbiecore“ – der scheinbar allumfassende Trend, die Welt in Rosa zu tauchen – gnadenlos an.

Stars und Sternchen sprangen auf den Zug auf und fluten seit Wochen mit neuen rosa Outfits die Instagram-Feeds. Spätestens seit auch Kim Kardashian den Trend befeuert, ist „Barbiecore“ im Mainstream angelangt. Produktdesigner übertrumpfen sich gegenseitig mit Ideen, auf welche Marktneuheiten das „Barbie“-Logo noch geklebt werden kann. Vom Designerschuh über Make-up, Accessoires, von der eigenen „Barbie“-Xbox-Konsole bis hin natürlich zum Barbie-Rollerskate in Neonknallbunt, für jeden und jede ist etwas dabei.

Pop-up-Cafes, die der Puppe huldigen, sprießen aus dem Boden, auch Reisetrends im Geiste Barbies – etwa zum blassrosa Strand im griechischen Elafonissi oder zur Tan Dinh Kirche in Vietnam – werden beworben. In den USA boomen Ausstellungen zum Thema und „Barbie Worlds“ als „immersive Erfahrungen“ zum Eintauchen in die Plastikwelt. Und sogar Barbies bombastisches Traumhaus samt Poolrutsche am Strand von Malibu kann via Airbnb für den guten Zweck gemietet werden.

Der Marketing-Jackpot

Freilich gibt es auch von Barbie-Hersteller Mattel und der Produktionsfirma Warner Bros. einen Boom an Merchandise-Produkten. Und die Fans nehmen dankend an. Sie forcieren den Barbie-Boom, posten Bilder von neuen Produkten und sich selbst in rosa Mode. Auf TikTok etwa hat der Hashtag „Barbiecore“ inzwischen über 380 Millionen Einträge.

World of Barbie in Mississauga, Ontario
Reuters/Carlos Osorio
In die interaktive Ausstellung „World of Barbie“ in Ontario können Fans geradezu eintauchen

Die Musik zum Film kommt unter anderen von Dua Lipa, Lizzo und Nicki Minaj, auch Ken-Darsteller Ryan Gosling selbst singt: „I’m Just Ken“. Den Soundtrack wird es nicht nur auf den gängigen Plattformen geben, sondern freilich auch auf rosa Vinyl und sogar auf Kassette. Und jede Verkaufsbühne wird einzeln bespielt, mit eigenen Designs und Farben für die großen Handelsketten von Walmart bis Amazon. Für Hersteller, Verkäufer und Trittbrettfahrer ist der Barbie-Film mit seinen Cross-Promotions, der Gratiswerbung auf sozialen Netzwerken und Kooperationen der Marketing-Jackpot schlechthin.

Barbie auf Sinnsuche

Warner Bros. veröffentlichten den ersten Trailer zum Film schon im vergangenen Dezember und lösten damit den ersten Höhepunkt der Hysterie aus. Die Hauptrolle wird von Charakterdarstellerin Margot Robbie verkörpert, sie gehört auch zu den Produzentinnen des Films. Ihr braungebrannter Kompagnon Ken wird von Gosling gespielt. Auch die restliche Besetzung weist bekannte Hollywood-Größen auf, so sind etwa Will Ferrell und Kate McKinnon dabei.

Über die Handlung des Films schwieg sich Produktionsfirma lange aus. Nun weiß man: Barbie und Ken verschlägt es in die reale Welt, wo nicht jeder Tag der schönste im Leben ist, wo Cellulite existiert, die Menschen Geldsorgen haben und man auch ausgelacht wird. Barbie und Ken werden auf die Sinnsuche geschickt.

Ode an die Kindlichkeit

Die klassische Erwartungshaltung – ein seichter Film für die ganze Familie – wird nicht nur schon durch die Besetzung konterkariert, sondern vor allem durch die Regisseurin Greta Gerwig, die auch für das Drehbuch mitverantwortlich ist. Gerwig gilt unter ihren Fans schon als Ikone einer unabhängigen und feministischen Nische, die in Hollywood Raum greift. Größerem Publikum wurde sie als Schauspielerin unter anderem in „Frances Ha“ bekannt, für ihre eigenen Filme „Lady Bird“ und „Little Women“ erhielt sie jeweils Oscarnominierungen.

Pride in New York
AP/Invision/Charles Sykes
Fans in aller Welt freuen sich auf den Kinostart: Hier bei der Pride Parade in New York

Dass ausgerechnet sie den Film inszeniert, erklärte sie mit ihrer Liebe zu Barbie. „Ich habe zu lange mit Puppen gespielt“, so Gerwig. „Ich habe es noch in der Mittelstufe gemacht. Die Kids haben schon getrunken, ich habe noch mit Puppen gespielt.“ Gerwig bestand laut eigenen Aussagen darauf, dass auf dem Set alles rosa sein müsse – so viel Rosa, dass einem großen US-Farbenhersteller das Pink ausgegangen sein soll.

Die Wahrung der „Kindlichkeit“ sei ihr von größter Bedeutung gewesen, sagte Gerwig. „Ich wollte, dass die Rosatöne sehr hell sind und alles fast zu viel.“ Sie habe nicht vergessen wollen, „was mich als kleines Mädchen dazu brachte, Barbie zu lieben“, sagte sie dem Magazin „Architectural Digest“.

Durch die Trailer wurde inzwischen auch deutlich, dass der Film auf Diversität setzt – Barbies und Kens aller Hautfarben, Geschlechteridentitäten und Körperformen sind im body-positiven Barbie-Land willkommen.

Auch das Richtige für Barbie-Hasser

Und wenn man sich nun frage, ob der Film „eine Satire auf die kapitalistischen Ambitionen eines Spielzeugunternehmens, eine scharfe Anklage gegen die angespannte Lage der Geschlechterverhältnisse, eine herzerwärmende, wenn auch gelegentlich klischeehafte Hommage an Frauenpower oder ein Musikspektakel voller Ohrwürmer von Nicki Minaj und Dua Lipa ist“, so das „Time“-Magazine, „die Antwort ist ja. Alles oben Genannte. Und noch mehr.“

Ob die Hardcore-Fans am Ende ob ihrer hohen Erwartungen enttäuscht sein werden, ob „Barbie“-Gegner Stereotype und unerreichbare Schönheitsstandards bestätigt sehen werden und wie die Masse dazwischen den Film aufnehmen wird, bleibt natürlich abzuwarten. Ein Trailer verspricht jedenfalls vollmundig, dass alle zufrieden sein werden. „Wenn Sie Barbie lieben, ist dieser Film genau das Richtige für Sie. Wenn Sie Barbie hassen, ist dieser Film genau das Richtige für Sie.“